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# taz.de -- Batteriehersteller Varta: Restrukturierung auf Schwäbisch
> Der Batteriehersteller Varta aus Baden-Württemberg steht kurz vor der
> Insolvenz. Die E-Auto-Sparte läuft nicht nach Plan.
Bild: Ellwangen, 20. Juli: dunkle Wolken über der Zentrale des Batterieherstel…
Berlin taz | Um die drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwehren, hat der
Batteriehersteller Varta am Montag beim Amtsgericht Stuttgart ein
vorinsovenzliches Sanierungsverfahren angemeldet. Zuvor gab das
angeschlagene Unternehmen aus Baden-Württemberg bekannt, sich im Zuge eines
Sanierungsverfahrens von großen Teilen seiner Schulden befreien zu wollen.
Mit Verbindlichkeiten im Wert von knapp 500 Millionen Euro ist Varta hoch
verschuldet. Deswegen appelliert das Unternehmen nun an seine Gläubiger:
Sie sollen dem Unternehmen einen Teil der Schulden erlassen. In der
Hoffnung, dass die Gläubiger das auch machen, forciert Varta eine groß
angelegte Restrukturierung. Diesem Plan zuzustimmen wäre für die Gläubiger
besser als die Firma in die Insolvenz abdriften zu lassen, so das Argument.
Doch um weiterhin zahlungsfähig zu bleiben, braucht Varta eine ordentliche
Finanzspritze. Knapp 100 Millionen Euro seien notwendig, sagte der
Vorstandschef Michael Ostermann. Als potenzielle Geldgeber kommen derzeit
der Luxusautohersteller Porsche und der bisherige Varta-Großaktionär
Michael Tojner in Frage.
Ein Porsche-Sprecher bestätigte bereits, dass man Verhandlungen mit Varta
aufgenommen habe. Porsche dürfte sich insbesondere für die Varta-Tochter
V4Drive, die die Lithium-Ionen-Batterien für E-Autos herstellt,
interessieren. Bereits vor Bekanntwerden der Schieflage am Sonntag kündigte
der Autobauer an, V4Drive von Varta übernehmen zu wollen. „Das Ziel unseres
Engagements wäre, diese Schlüsseltechnologie am Standort Deutschland zu
erhalten“, bekräftigte ein Porsche-Sprecher gegenüber dem Handelsblatt.
## Aktionär*innen sollen leer ausgehen
Um dieses Ziel weiterhin zu verfolgen und V4Drive zu retten, müsste sich
Porsche eventuell auch an Varta beteiligen. Denn um eine Insolvenz zu
vermeiden, müssen Gutachter dem Batteriehersteller eine positive Prognose
ausstellen. Und dafür braucht das gesamte Unternehmen, nicht nur V4Drive,
das frische Geld.
Das Unternehmen versucht indes seine Kapitalstruktur neu aufzustellen. Um
unbelastete Geschäftsanteile zu schaffen, will Varta sein Stammkapital auf
null herabsetzen. Dadurch würden die Aktien komplett an Wert verlieren.
Noch am Freitag hatten die Varta-Aktien einen Gesamtwert von 440 Millionen
Euro und eine Aktie wurde für 10,32 gehandelt. Am Montagmorgen, nach der
Verkündung der Hiobsbotschaft aus Ellwangen, sank der Kurs zwischenzeitlich
auf nur 2,20 Euro. Ein dickes Minus von 80 Prozent.
Schon seit einiger Zeit befindet sich das Unternehmen in einer Krise. Zum
Beispiel konnte Varta wegen eines Hackerangriffs im Februar seinen
Jahresabschluss für 2023 nicht rechtzeitig vorlegen. Die Probleme bei Varta
sind aber auch auf eine Reihe von Geschäftsvorhaben zurückzuführen, die
sich als Fehlinvestitionen entpuppten. Gerade in der Autobatterie-Sparte
verlief nicht alles nach Plan.
## Fehlende Planungssicherheit
Nachdem die öffentliche Hand Varta im Jahr 2020 mit 300 Millionen Euro
[1][für Projekte rund um Batteriezellen gefördert hatte], kündigte Varta
an, [2][eine Produktionsstätte für Lithium-Ionen-Zellen für E-Autos zu
bauen]. Dem Druck ausgesetzt, Kosten zu senken, entschied sich Varta jedoch
zwei Jahre später gegen den angekündigten Neubau. Letztes Jahr kündigte
Varta dann an, 800 Arbeitsplätze – fast die Hälfte davon in Deutschland –
zu streichen.
Die Probleme bei Varta seien aber nicht nur hausgemacht, sagte
IG-Metall-Sprecher Artur Siemens. Den Unternehmen fehle es an
Planungssicherheit, um Investitionen zu tätigen und um Investoren
anzuziehen. Mit Argwohn beobachtet die Gewerkschaft, dass immer mehr
Projekte für Batteriezellproduktionen in Deutschland auf Eis gelegt werden.
„Wir sehen darin auch eine Folge der oft negativen Diskussionen über den
Antriebswechsel beim Pkw, die von Politikern immer wieder öffentlich
geführt werden,“ so IG-Metall-Sprecher Siemens. [3][Man denke nur an das
Hin und Her beim Verbrenner-Aus.]
23 Jul 2024
## LINKS
[1] /Anteil-am-Weltmarkt-waechst/!5732115
[2] /Anteil-am-Weltmarkt-waechst/!5732115
[3] /EU-Kommissionspraesidentin/!6020704
## AUTOREN
Clemens Schreiber
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Batterien
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