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# taz.de -- Mit genug Wein klappt's auch in Englisch: Let me say it short and p…
> Alkohol ist ein soziales Schmiermittel: Er macht Gespräche geschmeidiger,
> selbst in einer Fremdsprache. Auch wenn man dabei mal kurz schwanger
> wird.
Bild: Ist die Flasche erst einmal leer, klappt's auch mit der Sprachkompetenz
Vollmundig. Fleischig und fruchtig. Feste Mineralik. In der Struktur
geradlinig und klar. Der hier macht eine seltene Cremigkeit. Und dieser ist
so anspruchsvoll wie frisch am Gaumen.
Wenn Sie solche Sätze hören, sind Sie, ja klar, bei einer Weinprobe. Und
der Winzer ist voll in seinem Element. Echte Winzer sagen nicht so was
Profanes wie „mildes Pfirsicharoma, aber ein wenig Kirsche im Abgang“ oder
„Hm, da schmeckt man den Südhang“. Wartet jemand an ihrem Weinprobentisch
mit solchen Standards auf, können Sie getrost davon ausgehen, dass Sie
nicht die einzige Person sind, die von Wein keine Ahnung hat.
Aber Sie sind schlauer, sie lassen das nicht raushängen. Sie schmunzeln
leise in sich hinein und denken, diese „Komplexität im Geschmack“ und die
„Restsüße, die nicht kantig schmeckt“, muss ich mir für meinen Stammtisch
merken. Wenn Sie dem Wein, den Sie beim nächsten Treffen bestellen, mit
einem gewichtigen Nicken eine „Körperreiche“, ein „breites
Geschmacksspektrum“ oder einfach einen „Trinkfluss“ bescheinigen, dann
glauben Ihnen ihre Stammtischfreunde ab sofort einfach alles.
Aber es lauern Gefahren. Im Gegensatz [1][zu Biertrinker:innen] werden
all jene, die eher Wein lieben, aber nicht ausreichend trinktrainiert sind,
schneller betrunken. Das ist logisch: [2][Bier enthält in der Regel rund 5
Prozent] Alkohol, [3][Wein dagegen] zwischen 12 und 15 Prozent.
## Soziales Schmiermittel
Drei Gläschen vom „Fränkisch Trockenen“ oder vom „Lachsrosa“ – und …
steigt die Stimmung. Und man lernt die Menschen ganz neu kennen. Hui, der
Typ von gegenüber kann ja lachen. Seine Nachbarin hebt ihr Glas und ruft:
„[4][Alkohol löst keine Probleme.] Aber das macht Kaffee auch nicht.“ Die
Dame zwei Tische weiter empfiehlt ihren Mittrinkerinnen einen
ägyptischen Liebhaber. Ihren jedenfalls könne sie „absolut empfehlen,
[5][der kann wirklich, wirklich die ganze Nacht“.] Vor zwei Gläsern noch,
als die Frau ihren Liebhaber erwähnte, versenkte der Tisch geschlossen
seine Nasen im Glas. Der Winzer hatte dankenswerterweise gerade gesagt:
„Einen zweiten Schluck nehmen und vertiefen.“
Alkohol hat einen angstlösenden Effekt, das ist wissenschaftlich bewiesen.
Man könnte auch sagen, er ist soziales Schmiermittel: die gesellschaftliche
Interaktion ist ruckzuck geschmeidig, das [6][Gespräch flutscht,] selbst
mit dem Englischen läuft es jetzt viel leichter als mit der Sprachhemmung
im nüchternen Zustand.
Schluck für Schluck steigt die Sprachkompetenz und der Chef des
mittelgroßen Unternehmens, der sein Gewerbe noch nicht so richtig anpreisen
konnte, will jetzt auch mal was sagen. Laut und für alle, geht ja
schließlich um Deutschlands Wirtschaft. Kurz und knapp. Prägnant eben. Er
ruft in den Raum: „Let me say it short and pregnant.“
Wie der Mann das mit der plötzlichen Schwangerschaft gemacht hat, ist nicht
bekannt. Auch nicht, ob er Englisch fortan lieber nüchtern spricht.
7 Jul 2024
## LINKS
[1] /Europawahl-und-Bier/!6015810
[2] https://hopfenseidank.de/magazin/bierwissen/alkoholgehalt/
[3] https://weine-vor-freude.de/blogs/weinwissen/alkoholgehalt-wein
[4] /Alkoholatlas-2022/!5881916
[5] /Sex-on-the-Beach/!5884960
[6] /Unangenehmer-Smalltalk/!5893389
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
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Bier
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Alkohol
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