# taz.de -- Klimaneutrales Schleswig-Holstein: „Jeder will beim Gewinnerteam … | |
> Schleswig-Holstein will bis 2040 und damit früher als der Bund | |
> klimaneutral werden. Wie das gehen soll wurde bei einer Klimakonferenz | |
> diskutiert. | |
Bild: Bringen unvermeidbare biologische Prozesse mit sich: Kühe im schleswig-h… | |
Rendsburg taz | Knapp zwei Monate lang hat ein zufällig zusammengestelltes | |
Bürgerforum über das Erreichen der Klimaziele in Schleswig-Holstein | |
diskutiert. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Klimaschutzminister | |
Tobias Goldschmidt (Grüne) nahmen die Ergebnisse bei der ersten | |
Klimakonferenz des Landes am Mittwoch in Neumünster entgegen. Das | |
Bürgerforum war im Mai einberufen worden, um Lösungen zum Erreichen der | |
Klimaziele zu diskutieren. | |
„Es war anstrengend, aber immer ergebnisorientiert“, berichtete der | |
Lübecker Michael Gleißner, der dem Bürgerforum angehörte. Dessen Ergebnisse | |
sind ambitioniert und sie können Rückenwind geben für das, was sich die | |
schwarz-grüne Landesregierung vorgenommen hat: Bis 2040 und damit [1][fünf | |
Jahre früher als der Bund] sollen von Schleswig-Holstein keine schädlichen | |
Treibgase mehr ausgehen; gleichzeitig sollen neue Unternehmen ansiedelt | |
werden. | |
Schwarz-bunte Kühe, Dörfer mit Einfamilienhäuschen und Autos vor der Tür: | |
Was das Bild Schleswig-Holsteins prägt, macht beim Klimaschutz [2][die | |
größten Schwierigkeiten]. Landwirtschaft, Wohnen und Verkehr müssen in den | |
kommenden Jahren deutlich Treibhausgas einsparen. Auch Industrie, | |
Energieerzeugung und Abfallwirtschaft gehören zu den Sektoren, die die | |
Landesregierung als wichtig definiert hat. | |
Bereits im Sommer 2023 haben die zuständigen Ministerien Pläne vorgelegt, | |
wie sie die Sparziele erreichen. Daraus entstand der Entwurf des Klimaplans | |
2030, der den Weg zum klimaneutralen Industrieland ebnen soll. Insgesamt | |
produzierte Schleswig-Holstein im Jahr 2022 eine Gesamtmenge von 27,2 | |
Millionen Tonnen klimaschädlicher Gase aller Art, sogenannte | |
CO2-Äquivalente. Sie sollen bis 2030 auf 14,4 Millionen Tonnen und bis 2040 | |
auf Null sinken. | |
Während es beim Ausbau erneuerbarer Energie vergleichsweise gut vorangeht, | |
bleibt es in anderen Bereichen schwierig, und die Pläne der Ministerien | |
sind unterschiedlich ehrgeizig. Beispiel Verkehr: Der zuständige | |
Staatssekretär Tobias von der Heide (CDU) berichtete zwar vom Bau von | |
Radwegen und Landstromanlagen in den Häfen. Aber genau wie | |
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) erwartet von der Heide, dass | |
künftig noch mehr statt weniger Güter auf der Straße transportiert werden. | |
Offen sei, ob Lastwagen künftig mit Wasserstoff, Strom oder „alternativen | |
Treibstoffen“ – die es bisher kaum oder nicht gibt und die energieaufwendig | |
wären – betrieben würden. | |
Auch Anne Benett-Sturies, Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, | |
sah eine geringe Chance für grundlegende Änderungen: „Wir sind das Land der | |
Milchwirtschaft.“ Dabei produziert die Tierhaltung am meisten Treibhausgas. | |
„Solche biologischen Prozesse lassen sich optimieren, aber nicht | |
unterbinden“, sagte Benett-Sturies. | |
Setze das Land alles um, sei die geplante Einsparung bis 2030 erreichbar, | |
sagte Julia Repenning vom Öko-Institut in Freiburg. „Aber nach hinten raus | |
wird es schwierig.“ Die nun geplanten Maßnahmen reichten zurzeit nicht aus, | |
um das Ziel 2040 zu erreichen. Trotzdem sah Repenning Hoffnung: „Die | |
Prozesse sind dynamisch.“ | |
Bei der Konferenz in Neumünster ging es auch um psychologische Faktoren: Es | |
brauche positive Erzählungen statt Drohkulissen, um die Menschen zu | |
überzeugen. „Wir hängen Bayern ab“ – so einen Slogan wünschte sich die | |
Kommunikations-Coachin Bärbel Boy, um die Schleswig-Holsteiner:innen für | |
[3][Klimaschutz] zu begeistern: „Jeder mag Wettbewerb und will beim | |
Gewinnerteam sein.“ | |
Geschehen müsse etwas, sonst werde die Durchschnittstemperatur um 2,5 Grad | |
ansteigen, warnte Daniela Jacob, Professorin am Helmholtz-Zentrum Hereon. | |
Jacob geht – wie auch andere Wissenschaftler:innen – davon aus, dass | |
weiterhin eine gewisse Menge CO2 produziert werden wird, die unterirdisch | |
gespeichert werden müsse. Dennoch sei der wichtigste Hebel „sparen, sparen, | |
sparen“. Die Transformation biete eine „Riesenchance für innovative | |
Technologien und Arbeitsplätze“. | |
Parallel zu den ökologischen ließen sich soziale Fragen lösen, glaubt | |
Frauke Wiese von der Europa-Universität Flensburg. Mehr Wohnraum steigere | |
das Wohlbefinden nicht, aber Wohnprojekte oder Quartiersmodelle könnten | |
gegen Einsamkeit helfen. | |
5 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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