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# taz.de -- Zwei rechte Zeitungen: Die „Bild“ und das Bibi-Blatt
> Die „Bild“ will künftig mit der rechten Zeitung „Israel Hayom“
> zusammenarbeiten. Sie ist in Israel für ihren Kuschelkurs mit Premier
> Netanjahu bekannt.
Bild: Ein Mann verteilt „Israel Hayom“ an einem Bahnhof in der südlichen S…
Als Sheldon Adelson Mitte der nuller Jahre den rechten Likud-Politiker
Benjamin Netanjahu erneut ins Amt des israelischen Ministerpräsidenten
hieven wollte, stand er vor einem Problem. Denn Israel hat strenge Gesetze
zur Parteifinanzierung. Der jüdisch-amerikanische Kasinomilliardär konnte
also nicht einfach einen Scheck schreiben, wie er das über sogenannte
Super-PACS für die Republikaner in den USA schon mehrmals getan hatte. Also
rief er im Jahr 2007 die Gratiszeitung Israel Hayom („Israel heute“) ins
Leben.
Mit Erfolg: Netanjahu wurde 2009 wieder ins Amt gewählt und regiert seitdem
nur mit einer kurzen Unterbrechung. Er ist inzwischen der am längsten
amtierenden Ministerpräsident des jüdischen Staates. Und in der
israelischen Medienlandschaft konnte sich Israel Hayom seitdem etablieren;
mit [1][einem Marktanteil von mehr als 27 Prozent] ist sie die
meistgelesene Tageszeitung des Landes.
Doch Israel Hayom war seit der ersten Stunde mehr als die allermeisten,
mit Werbung gefüllten Gratiszeitungen. Die Redaktion war groß, die Gehälter
waren gut – und das Projekt für Adelson teuer. Rund 25 Millionen Dollar
Verluste pro Jahr soll er damit verzeichnet haben.
Der Erfolg der Zeitung fällt auch in Deutschland auf, beim hierzulande
auflagenstärksten Blatt. So vereinbarte die Bild-Zeitung vor Kurzem eine
Kooperation mit Israel Hayom, wie das israelische [2][Nachrichtenportal Ice
Ende Juni vermeldete]. Demnach wollen die Zeitungen künftig für Artikel und
Recherchen zusammenarbeiten und diese gleichzeitig veröffentlichen.
Israel Hayom begründete die Kooperation „mit der langjährigen Unterstützung
der Bild für den Staat Israel“, besonders seit dem Hamas-Massaker am 7.
Oktober. Mitarbeitende des Springer-Konzerns müssen sich bekanntlich per
Unterschrift zum Existenzrecht Israels bekennen.
In einer [3][ersten gemeinsamen Veröffentlichung] Ende Juni berichteten
Bild und Israel Hayom über ein Dokument der Hamas, das die israelische
Armee in Gaza gefunden haben will. Es soll Details zum Anschlag am 7.
Oktober offenbaren – zum Beispiel, dass es Befehle gab, das Massaker zu
filmen, was Hamas-Kämpfer auch taten.
## Netanjahu arbeitet mit
In Israel selbst ist Israel Hayom als „Bibiton“ bekannt, eine Kombination
aus Netanjahus Spitznamen und dem hebräischen Wort für „Zeitung“: „iton…
Wie es in [4][einer Arte-Dokumentation] über Netanjahu heißt, liefert der
Ministerpräsident dem Blatt nicht nur Zitierfähiges, sondern redet gar bei
Überschriften für die Artikel mit.
Im Jahr 2016 sprach sich die Zeitung für Donald Trump als Präsident der
Vereinigten Staaten aus. Wie die Bild, die sich selbst als „überparteilich“
bezeichnet, zu dieser Einflussnahme steht, konnte die taz nicht erfahren.
Eine entsprechende Anfrage blieb unbeantwortet.
Dabei profitiert der Springer-Konzern selbst direkt von der Entrechtung der
Palästinenser*innen. Im Februar berichtete The Intercept, dass Springers
israelische Werbeseite Yad2 nicht nur in Israel, sondern auch [5][in
illegalen Siedlungen in den besetzten Gebieten Grundstücke zum Verkauf
feilbietet].
Eine Werbeanzeige von Yad2 zeigte Pins verteilt über eine Karte Israels und
den palästinensischen Gebieten. Darüber steht der Spruch: „From the River
to the Sea“ – ein Slogan, den Springer-Medien in Deutschland ankreiden,
sobald ihn propalästinensische Demonstrierende rufen, weil der Spruch von
manchen als Aufruf zur Auslöschung Israels verstanden wird.
## Gegen die Demokratie
Israel Hayoms Gründer Adelson machte sein Geld seit den 1980ern im
Kasinogeschäft. In den USA spendete er großzügig an republikanische
Kandidaten und proisraelische Organisationen. Adelson war als Förderer der
israelischen Rechten bekannt, sprach sich gegen eine Zwei-Staaten-Lösung
aus und bezeichnete die Palästinenser als „ausgedachtes Volk“. Die
Demokratie war in seinen Augen verzichtbar, denn in der Bibel sei davon
keine Rede. „Israel wird kein demokratischer Staat sein – na und?“[6][,
sagte Adelson in einem Panel.]
2021 sollte der Milliardär eigentlich als Zeuge im Korruptionsprozess gegen
seinen politischen Günstling Benjamin Netanjahu aussagen; doch Adelson
starb im Januar 2021 im Alter von 87 Jahren. Für die Beerdigung wurde sein
Sarg – in Israel- und US-Flaggen gehüllt – nach Israel ausgeflogen, wo
Netanjahu ihm am Flughafen Ben-Gurion die letzte Ehre erwies.
Mit Sheldons Tod ging die Zeitung auf seine Witwe Miriam Adelson über, die
das Erbe zum reichsten Menschen Israels machte. In den folgenden Jahren
entkoppelte sich Israel Hayom offenbar etwas von der Person Netanjahus. Ein
Meinungsbeitrag im November [7][forderte gar dessen Rücktritt] nach einem
„Sieg“ im Gaza-Krieg. Die rechte Agenda aber bleibt.
17 Jul 2024
## LINKS
[1] https://www.ice.co.il/research/news/article/998306
[2] https://www.ice.co.il/media/news/article/1018606
[3] https://www.bild.de/politik/ausland-und-internationales/barbarischer-video-…
[4] https://archive.org/details/benjaminnetanjahudermedienprofiunddiemacht
[5] https://theintercept.com/2024/02/05/axel-springer-israel-settlement-profit/
[6] https://forward.com/news/209072/sheldon-adelsons-dismissal-of-israeli-democ…
[7] https://www.haaretz.com/israel-news/2023-11-07/ty-article/pro-bibi-newspape…
## AUTOREN
Leon Holly
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