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# taz.de -- Auto trotz E-Bike: Statussymbol Elektrorad
> E-Bikes tragen offenbar nicht dazu bei, dass es weniger Autos gibt. Wer
> braucht sie dann überhaupt noch?
Bild: Unterwegs mit dem Charme eines Treppenlifts
Vor der Schule meines Sohns steht ein Felgenbrecher. Also einer dieser
halbrunden Doppelbögen, in die man das Vorderrad seines Fahrrads schieben
kann. Wenn man Glück hat, steht das Rad da später noch. Mit etwas Pech ist
jemand dagegen gestoßen, das Rad ist umgefallen – und hat eine Delle in der
Felge.
An diesem Symbolbild musealer Radinfrastruktur traf ich jüngst einen
Mitschüler-Vater und sein auffällig schickes, neues Rad. Schlankes Design,
hydraulische Scheibenbremse, im Rahmen integriertes Licht – und natürlich
mit Motor. Der stolze Besitzer erklärte mir, das Bike sei im Angebot
gewesen, „da konnte ich nicht widerstehen“. Seither legt er die gut ein
Kilometer lange, flache Strecke zur Schule des Kinds mit dem E-Bike
zurück.
Warum auch nicht? Wenn mehr als die Hälfte aller Autofahrten kürzer als
fünf Kilometer sind und das angesagte Verkehrsmittel für „die letzte Meile�…
der E-Roller ist, dann braucht ein Rad zur Erhöhung des Standings auch
einen Antrieb jenseits eigener Körperkraft. [1][„Bio-Bikes“, sprich Räder
ohne Motor], sind die SMS unserer Zeit: Geht schon noch, nutzen aber nur
noch Nerds. Wer vorne mit dabei sein will, trägt Helm mit integriertem
Blinker und hat eine elektronische Schaltung am Bike.
Vor ein paar Jahren war der E-Bike-Gedanke für mich eine Verheißung:
Menschen würden ihr Auto verkaufen, weil sie größere Einkäufe oder zwei,
drei Kinder bequem per Rad transportieren könnten. Ältere, untrainierte
Menschen trennten sich von ihrem Auto – schließlich kämen sie auch bei
einem Wohnsitz auf dem Land mit [2][dem E-Bike] überall hin. Pizzabotinnen
und Paketzusteller, niemand würde mehr ein Auto brauchen.
## Falsche Visionen
Ich sah Städte voller Flaniermeilen und breiten Radwegen – auf denen
entspannt der Dreijährige ebenso wie die Rennradfahrerin Platz fänden.
Einen Pkw würde sich der moderne Städter nach Bedarf für den Urlaub oder
den Ikea-Einkauf leihen.
Inzwischen habe ich eine ernüchternde Studie in meinem Bekanntenkreis
angestellt. Von den Dutzenden E-Bikefahrern hat exakt keiner sein Auto
verkauft. Eine Minderheit fährt einige Strecken [3][per E-Bike,] die früher
mit dem Pkw absolviert wurden. Die Mehrheit hat jetzt schlicht einen Motor
am Rad.
Wenn E-Bikes nicht dazu beitragen, dass weniger Autos fahren und parken,
haben sie eben doch nur den Charme von Treppenliften. Klasse, dass es sie
gibt. Aber man kann froh sein, (noch) keines zu brauchen. Ich habe eine
Sammlung Bio-Bikes. Zur Infrastruktur Marke Felgenbrecher vor der Schule
passt am besten das 100-Euro-Bahnhofsrad aus der Polizeiversteigerung.
20 Jul 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Kerstin Finkelstein
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