# taz.de -- Parlamentswahl in Frankreich: Macron droht neue Schlappe | |
> Das Interesse der Menschen an der Wahl in Frankreich ist groß. Am Mittag | |
> liegt die Wahlbeteiligung bereits höher, als zum selben Zeitpunkt vor | |
> zwei Jahren. | |
Bild: Stimme abgegeben: Brigitte Macron und Emmanuel Macron | |
Paris dpa | In Frankreich hat die erste Runde der richtungsweisenden | |
Parlamentsneuwahl begonnen. Bis Sonntagmittag gab bereits jeder vierte | |
Wahlberechtigte seine Stimme ab. Die Beteiligung um 12.00 Uhr lag bei 25,9 | |
Prozent, wie das Innenministerium mitteilte. Das waren 7,47 Prozentpunkte | |
mehr als zum selben Zeitpunkt bei der vorangegangenen Parlamentswahl vor | |
zwei Jahren. | |
Die rund 49,3 Millionen Wahlberechtigten können darüber abstimmen, ob auch | |
künftig das [1][Mitte-Lager von Staatschef] Emmanuel Macron die Mehrheit in | |
der Nationalversammlung haben wird und damit die Regierung stellt oder ein | |
Machtwechsel in Paris ansteht und Premierminister Gabriel Attal das Feld | |
räumen muss. Das rechtsnationale Rassemblement National (RN) von Marine Le | |
Pen malt sich Chancen auf eine Mehrheit in der Parlamentskammer und den | |
Posten des Premierministers aus. Auch das neue Linksbündnis Nouveau Front | |
Populaire strebt einen Regierungswechsel an. Um Macrons Präsidentenamt geht | |
es bei dem Votum nicht. | |
Etliche Spitzenpolitiker gaben am Vormittag bereits ihre Stimme ab, | |
darunter Macron, [2][Le Pen], Attal und RN-Chef Jordan Bardella. Die | |
letzten Wahllokale schließen am Abend um 20.00 Uhr. Dann wird auch mit | |
Hochrechnungen zum Wahlausgang gerechnet. | |
## Prognosen sehen RN vorn | |
Macron hatte die Nationalversammlung nach der klaren Schlappe seiner | |
Liberalen bei der Europawahl und dem haushohen Sieg des rechtsnationalen RN | |
aufgelöst und Neuwahlen der französischen Parlamentskammer in zwei | |
Durchgängen angekündigt. Die zweite und entscheidende Wahlrunde ist am 7. | |
Juli. | |
Staatschef Macron hofft, bei dem Votum die relative Mehrheit seines | |
Mitte-Lagers in der Nationalversammlung auszubauen. Es gilt jedoch als | |
unwahrscheinlich, dass ihm das gelingt. Umfragen sahen klar das [3][RN und | |
dessen Verbündete vorne]. Sie könnten in der ersten Runde auf 36 bis 36,5 | |
Prozent kommen. Macrons Lager hingegen sahen die Umfragen abgeschlagen auf | |
Platz drei, mit nur 20 bis 20,5 Prozent. An zweiter Position könnte demnach | |
das Bündnis Nouveau Front Populaire mit 29 Prozent landen. | |
## Stichwahlen am 7. Juli vielerorts entscheidend | |
Wie genau das Parlament nach der Wahl aussehen wird, ist dennoch ungewiss. | |
Die wenigsten der 577 Sitze werden im ersten Durchgang vergeben. | |
Entscheidend sind in vielen Wahlkreisen die Stichwahlen in der zweiten | |
Runde. Während bei der regulären Parlamentswahl vor zwei Jahren gerade | |
einmal vier Sitze in der ersten Runde errungen wurden, könnten dem | |
Umfrageinstitut Ipsos zufolge dieses Mal bereits 80 bis 90 Sitze direkt | |
gewonnen werden. Grund dafür wäre die erwartete höhere Wahlbeteiligung und | |
eine stärkere Konzentrierung auf die drei politischen Bündnisse. | |
Auch wenn Aussagen über die zweite Runde schwierig sind, gehen Prognosen | |
davon aus, dass die Rechtsnationalen stärkste Kraft in der | |
Nationalversammlung werden könnten. Ob es auch für eine absolute Mehrheit | |
reichen könnte, ist unklar – auch, weil zwischen den beiden Wahlrunden oft | |
lokal Bündnisse geschlossen werden, die den Ausgang beeinflussen. Während | |
[4][die Linken] stabil bleiben könnten, dürfte Macrons Mitte-Lager Sitze | |
verlieren. | |
## Sieg der Rechtsnationalen hätte auch international Konsequenzen | |
Ein solcher Ausgang hätte schwerwiegende Folgen. Die Nationalversammlung | |
ist eine von zwei französischen Parlamentskammern. Sie ist an der | |
Gesetzgebung beteiligt und kann per Misstrauensvotum die Regierung stürzen. | |
Sollte ein anderer Block als Macrons Mitte-Lager die absolute Mehrheit | |
erlangen, wäre Macron de facto gezwungen, einen Premier aus dessen Reihen | |
zu ernennen. Es gäbe dann eine sogenannte Kohabitation. Macrons Macht würde | |
deutlich schrumpfen, der Premier würde wichtiger. | |
Die Rechtsnationalen setzen explizit darauf, die Wahl zu gewinnen und | |
Regierungsverantwortung zu übernehmen. RN-Parteichef Jordan Bardella soll | |
Premierminister werden. In einem solchen Szenario hätte Macron | |
Schwierigkeiten, seine Linien international durchzusetzen. Auch in Brüssel | |
und Berlin wird die Wahl daher mit Spannung verfolgt. | |
30 Jun 2024 | |
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