# taz.de -- Erdgas-Bohrung vor Borkum: Gasförderer droht Niedersachsen | |
> Der Energiekonzern One-Dyas setzt Niedersachsen unter Druck. Er droht | |
> eine Schadenersatzklage wegen zögerlicher Genehmigung an. | |
Bild: Ferienidyll in Gefahr? Auf Borkum stehen sie der Erdgasförderung skeptis… | |
Osnabrück taz | Nicht jeder Brief, der Sprengstoff enthält, erfordert einen | |
Spürhund. Auch Worte können Explosivwirkung entfalten. Der Brief, den Chris | |
de Ruyter van Steveninck, CEO des niederländischen Energiekonzerns | |
One-Dyas, am 5. Juli an Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil | |
(SPD), Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) und Umweltminister Christian | |
Meyer (Grüne) geschrieben hat, ist purer Zündstoff. | |
Es geht um die [1][Erdgas-Förderplattform N05-Am], die One-Dyas in die | |
Nordsee platzieren will, ins niederländisch-deutsche Grenzgebiet nahe | |
Borkum, dicht an den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. [2][Das | |
Projekt ist seit Jahren umstritten]. Die Pläne sehen vor, auch unter | |
deutschem Gebiet zu bohren. | |
One-Dyas setzt die niedersächsische Landesregierung schwer unter Druck. Zu | |
welchen Worten [3][das vertrauliche Schreiben des Konzerns greift, lässt | |
sich auf der Website der Deutschen Umwelthilfe (DUH) nachlesen], der es | |
zugespielt wurde. Von einer möglichen Klage ist hier die Rede, einer | |
möglichen Schadensersatzforderung. | |
Die eigentliche Schockwelle aber geht von der Behauptung von One-Dyas aus, | |
Ministerpräsident Stephan Weil habe One-Dyas schon Anfang 2023 versichert, | |
„that the Lower Saxony government supports this project and will do | |
everything possible to speed up the permitting procedure“. | |
Damit bestehe der Verdacht, so die DUH, Weil habe „vor Abschluss des | |
Genehmigungsverfahrens eine Entscheidung vorweggenommen“.Die | |
Landesregierung müsse „ein rechtsstaatliches Verfahren garantieren“, dürfe | |
der Gasförderung keine vorschnelle Genehmigung erteilen. | |
## Vorwurf der Untätigkeit | |
Auch Wirtschaftsminister Lies habe seine Unterstützung zugesichert, | |
schreibt One-Dyas-Vorstandschef Chris de Ruyter van Steveninck. Man stehe | |
jetzt „at a crossroads“, erlebe einen „lack of action“. Der Vorwurf der | |
Untätigkeit zielt vermutlich auf Umweltminister Meyer. Sein Nein zur | |
Bohrung bremst One-Dyas bisher aus. | |
Der Brief von One-Dyas sei „eine offene Drohung“, sagt Sascha | |
Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, der taz. „Und das Ganze hat | |
den Geschmack politischer Korruption.“ Was One-Dyas durchsetzen wolle, sei | |
juristisch „im Grenzbereich“. | |
„Hinter den Kulissen offenbart One-Dyas sein wahres Gesicht“, erklärt | |
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH. „Politiker und | |
Genehmigungsbehörden sollen mit den Drohungen unter Druck gesetzt werden.“ | |
Dabei trage der Konzern selbst die Verantwortung, wenn er Investitionen | |
ohne die notwendigen Genehmigungen tätige. | |
## Umwelthilfe gegen Ergdasförderung | |
Die DUH kämpft schon lange gegen die Genehmigung von N05-Am. Mitte April | |
hatte sie [4][im niederländischen Den Haag auf dem Klageweg erreicht, dass | |
die Genehmigung] für den Bau der Plattform ausgesetzt wurde – Ende Mai hat | |
das niederländische Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz One-Dyas | |
indes eine neue Genehmigung erteilt. | |
Auf deutscher Seite steht die Genehmigung noch aus. Das letzte Wort haben | |
hier das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) und der | |
Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und | |
Naturschutz (NLWKN). | |
Das Schreiben von One-Dyas an die Landesregierung habe man „zur Kenntnis | |
genommen“, schreibt Meyers Umweltministerium in einer Erklärung. Das | |
Verfahren laufe „nach Recht und Gesetz“. Es gebe „naturschutzfachliche und | |
umweltfachliche Bedenken, die es ordnungsgemäß abzuprüfen gilt“. | |
Auf die Frage der taz, wie die hannöversche Staatskanzlei zum Brief des | |
Unternehmens One-Dyas steht, greift Katja Sauer, die stellvertretende | |
Regierungssprecherin, zu ähnlichen Worten: „Das Schreiben haben wir zur | |
Kenntnis genommen.“ Es gelte nun, das Ergebnis des Genehmigungsverfahrens | |
abzuwarten. | |
Auch Christian Budde, Sprecher des niedersächsischen | |
Wirtschaftsministeriums, verwendet auf Anfrage der taz dieses Wording. Man | |
habe das One-Dyas-Schreiben selbstverständlich zur Kenntnis genommen. Es | |
habe „keinerlei Einfluss auf die anstehenden Genehmigungen“ des Landes | |
Niedersachsen. Dabei handele es sich um „gebundene Entscheidungen“ ohne | |
politischen Ermessensspielraum, die nur aus fachlichen Gründen abgelehnt | |
werden könnten. | |
Die beteiligten Behörden, schreibt Budde, „prüfen diese Genehmigungen – | |
auch im Wissen um die besondere Sensibilität des hier betroffenen | |
Naturraums – äußerst gewissenhaft“. | |
Einerseits klingt das verhalten, abgesprochen. Weil, Lies und Meyer sollen | |
offenbar aus dem Detonationsradius gehalten werden. Aber Willfährigkeit | |
gegenüber CEO Chris de Ruyter van Steveninck sieht anders aus. One-Dyas | |
spürt also, dass Druck auch Gegendruck erzeugt. | |
15 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Gasfoerderung-in-der-Nordsee/!5840006 | |
[2] /Erdgasfoerderung-vor-Borkum/!6011731 | |
[3] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwe… | |
[4] /Klage-gegen-Bohrturm-vor-Borkum/!5984717 | |
## AUTOREN | |
Harff-Peter Schönherr | |
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