| # taz.de -- 20 Prozent der Mitarbeitenden entlassen: Erdrutsch beim WWF | |
| > Der Umweltverband entlässt nach Jahren des Wachstums ein Fünftel seiner | |
| > Belegschaft. Die Organisation ist nicht unumstritten. | |
| Bild: Eine Stunde Dunkelheit: Klimaschutzaktion „Earth Hour“ des WWF in Ber… | |
| Berlin taz | Sie sei „geschockt“, erklärte eine Mitarbeiterin, die | |
| Nachricht sei „unvermittelt“ gekommen: Die Umweltorganisation WWF entlässt | |
| in Deutschland 20 Prozent seiner Mitarbeiter. Das teilte die | |
| Geschäftsführung auf einer Mitarbeiterversammlung am Donnerstag mit. Dem | |
| Vernehmen nach geht es um 80 Stellen, die gestrichen werden sollen. | |
| „Angesichts der zunehmenden Dringlichkeit von Biodiversitäts- und | |
| Klimakrise ist es unabdingbar, dass der WWF die Wirksamkeit seiner Arbeit | |
| noch weiter erhöht“, erklärte WWF-Sprecher Roland Gramling. Notwendig sei | |
| eine „Priorisierung sowohl im regionalen wie thematischen Projektportfolio, | |
| um mit den zur Verfügung stehenden Mitteln weiterhin effizient und | |
| verantwortungsvoll arbeiten zu können.“ Die Entlassungen seien auch „eine | |
| Reaktion auf eine komplexe Situation auf dem Spendenmarkt“, wie Gamling | |
| formuliert. Die Spendenbereitschaft sei generell rückläufig. | |
| Laut aktuellem Jahresbericht unterstützen den WWF Deutschland rund 350.000 | |
| Förder:innen. Im Geschäftsjahr 2017/18 waren es noch 600.000. Zuletzt lag | |
| der Jahresetat des WWF bei 124,7 Millionen Euro, womit er zu den größten | |
| Umweltvereinen Deutschlands zählt. Zum Vergleich: Der BUND kann sich auf | |
| die Unterstützung von 675.174 Menschen verlassen, sein Etat lag zur | |
| gleichen Zeit bei 71 Millionen Euro. Die WWF-Geschäftsstelle befindet sich | |
| in Berlin, es gibt Büros in Hamburg und Frankfurt/Main, dazu kommen diverse | |
| Projektbüros, etwa in Dessau, Erfurt, Husum, Ratzeburg, Stralsund und | |
| Weilheim. 490 Mitarbeiter:nnen hatte der WWF Deutschland nach eigenen | |
| Angaben zuletzt, einige davon im Ausland. | |
| Ein Teil seiner Finanzen besorgt sich der WWF dadurch, dass er mit | |
| Konzernen zusammenarbeitet. Beispielsweise mit Edeka, was der WWF als | |
| „Partnerschaft für Nachhaltigkeit“ verkauft: Der Lebensmittelhändler druc… | |
| gegen Gebühr das WWF-Logo auf seine Produkte, die dadurch den Anschein | |
| erwecken, dass ihr Kauf zum Umweltschutz beiträgt. Das [1][Spiegel | |
| beschuldigte den WWF] mit dieser Praxis „eigene Standards zu unterlaufen“ | |
| und gegen „große Spenden und kleine Zugeständnisse die Lizenz zur | |
| Zerstörung der Natur“ zu erteilen. Selbst [2][Konkurrenten wie Greenpeace | |
| kritisierten] diese Form, Arbeit für die Natur so zu finanzieren: Der | |
| WWF-Praxis fehle „es an Transparenz und Ehrlichkeit“. | |
| ## Konsumkritik und Überangebot | |
| Auch mit Konkurrent REWE hatte der WWF zusammengearbeitet. Wer für mehr als | |
| 10 Euro eingekauft hatte, bekam Päckchen mit fünf Stickern dazu: 180 | |
| verschiedene Motive gab es 2011, aufkleben könnte man diese in einem | |
| Sammelalbum, das 2,50 Euro kostete. Eine Million Sammelalben wurden | |
| gedruckt, mindestens 180 Millionen Sammelbilder – und zwar in China. Zur | |
| REWE-Aktion gab es jede Menge Devotionalien: das Tierglas-Set, Stückpreis | |
| 1,99 Euro, WWF-Platzdeckchen im 2er-Set zu 1,99 Euro, der WWF-Panda – | |
| „total flauschig“ – zum Aktionspreis von 8,99. Etwa eine halbe Million Eu… | |
| hat der WWF damit eingenommen. Gleichzeitig gab er Tipps zum | |
| klimafreundlichen Konsum. Zum Beispiel: „Achten Sie auf wenig Verpackung, | |
| kaufen Sie bevorzugt Recycling-Produkte.“ | |
| Ob der WWF wegen der Kritik an solchen Praxen sein Fundraising ändern wird, | |
| darüber konnte Sprecher Roland Gramling keine Auskunft geben. „Zunächst | |
| laufen die WWF-Aktivitäten geordnet weiter“, sagte er der taz. Allerdings | |
| erklärt der WWF-Sprecher auch, das strukturelle Problem, dass den WWF | |
| plagt: „Die über ein Jahrzehnt gültige Wachstumsmaxime des WWF Deutschland | |
| hat zu einem starken Ausbau der öffentlich geförderten Projektarbeit | |
| geführt. Das war ein klarer Auftrag der ehemaligen Geschäftsleitung, | |
| welcher jedoch mit ansteigenden Folgekosten verbunden war.“ | |
| Seit November vergangenen Jahres hat der WWF einen neuen Vorstand. Dieser | |
| habe nach seiner Bestandsaufnahme entschieden, „die Organisation weg von | |
| einer Wachstumsmaxime hin zu einer langfristigen Entwicklungsperspektive zu | |
| führen“, so Gramling. Das ziehe auch personelle Konsequenzen nach sich, | |
| „wenn beispielsweise ein Projekt abgegeben wird oder der WWF Deutschland | |
| sich aus einzelnen Regionen zurückzieht.“ | |
| Ist nun auch bei anderen deutschen Umweltverbänden mit einer Radikalkur zu | |
| rechnen? Nach dem [3][Spendenmonitor] gaben die Deutschen im vergangenen | |
| Jahr zwar 6 Prozent weniger Geld als 2022 – 5,8 Milliarden Euro. Der Anteil | |
| für Umwelt- und Naturschutz blieb aber gleich, bei 17,6 Prozent. Im | |
| Tierschutz stieg der Prozentsatz sogar leicht, auf 25 Prozent. Nur die | |
| Kinderhilfe und die Katastrophenhilfe bekommen prozentual ein paar | |
| Zehntelprozent mehr. | |
| 21 Jun 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.spiegel.de/wirtschaft/kumpel-der-konzerne-a-763eef3f-0002-0001-… | |
| [2] https://www.fr.de/wirtschaft/greenpeace-kritisiert-wwf-siegel-11719035.html | |
| [3] https://www.dfrv.de/wp-content/uploads/2023/11/Pressecharts-DSM23-gen.pdf | |
| ## AUTOREN | |
| Nick Reimer | |
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