# taz.de -- Hamburgs Deal mit der Uefa: Demütige Hanseaten | |
> Die Hamburger Linke kritisiert, dass nur die Uefa Kasse bei der EM macht. | |
> Doch der Kleinmut gegenüber Investoren aller Art hat in Hamburg | |
> Tradition. | |
Bild: Container-Kunst für die EM: In Hamburg ist man für die Uefa noch zu gan… | |
Hamburg taz | Die EM nimmt ihren Lauf und derzeit interessiert die Leute | |
vor allem die Frage, [1][ob die Spanier im Viertelfinale Gazpacho aus der | |
deutschen Mannschaft machen] oder ob der Videoassistent wieder das | |
Schlimmste verhindert. Trotzdem oder gerade deshalb zeigt die Hamburger | |
Linke zur EM-Halbzeit auf den ökonomischen Überbau: „Deutschland zahlt, die | |
Uefa kassiert“, sagt Heike Sudmann, die sportpolitische Sprecherin der | |
Partei. | |
Hamburg, wo fünf Spiele ausgetragen werden, soll 30 Millionen dafür | |
bezahlen. Der Reingewinn der Uefa soll bei 1,7 Milliarden liegen. Von den | |
Kosten der ausrichtenden Städte für Sicherheit, Fan-Zonen und | |
Stadienherrichtung zahlt die Uefa – nichts. | |
Was bekommen Hamburg und die übrigen deutschen EM-Städte für ihre Mühe? | |
Darauf gibt es zwei Antworten, die interessanterweise gleichermaßen vage | |
sind. Die eine ist die immer wieder bemühte Vitalitätsspritze durch die | |
anreisenden Fans, die Geld in die Kassen von Gastronomie und Hotels spült. | |
Die zweite ist das Versprechen der Uefa, die Einnahmen an ihre Mitglieder | |
weiterzureichen, damit diese – ja was eigentlich tun? | |
Darüber ist bislang wenig zu erfahren. Die EM sei ein Projekt „auch und vor | |
allem für die Breite des Fußballs in Deutschland, für unsere rund 25.000 | |
Amateurvereine“, hat der DFB-Präsident zur deutschen Bewerbung gesagt. | |
Bleibt abzuwarten, wie viel der Uefa-Ausschüttung am Ende bei der Basis | |
bleibt und wer dann noch ein kritisches Auge darauf wirft außer ein paar | |
nörgeligen Sportjournalist:innen. | |
Aber die interessante Frage stellt sich vorher, nämlich: Ist es angemessen, | |
dass Hamburg 30 Millionen und die deutschen Spielstädte insgesamt rund 260 | |
Millionen Euro als Finanzspritze für Gastronomie, Hotellerie und DFB | |
ausgeben? Und, mindestens so interessant: Wie gut hat man mit der Uefa | |
verhandelt? Nach dem, was man hört: gar nicht. Stattdessen ging es darum, | |
nachzuweisen, dass man deren Bedingungen prontissimo erfüllt. | |
Auf Bundesebene hat man mal eben der Uefa großzügig Steuern erlassen, | |
schließlich konkurrierte man mit der Türkei, die das Gleiche plus mietfreie | |
Überlassung der Stadien anbot. Nun ist die Regierung bei der Herausgabe der | |
Details des Deals so knauserig, dass der Spiegel gerade vor Gericht auf die | |
Herausgabe klagt. Auf Ebene der sogenannten Host Cities passiert das | |
Gleiche: Wer bei der Uefa punkten will, beeilt sich, deren Forderungen zu | |
erfüllen. | |
Von Pillepalle wie den genormten Sitzschalen bis hin zu Nichtpillepalle: In | |
den nichtkommerziellen Fanmeilen werden nur die Getränke der | |
Sponsorenfirmen verkauft, darunter Coca-Cola, [2][bei denen man es mit dem | |
Etikett „Nachhaltigste EM aller Zeiten“ dann wohl etwas weniger eng sieht]. | |
Auch gegen die Demo-Bannmeile von 500 Metern jenseits der Stadien hat in | |
Hamburg jenseits der Linken niemand Einwände gehabt. | |
Die Kleinmütigkeit gegenüber der Uefa erinnert zumindest in Hamburg an die | |
Demutsstarre, die die Stadt gegenüber allem an den Tag legt, was Investor | |
heißt. Warum eigentlich, wenn sie dann keine Steuern zahlen? Es ist ein | |
sonderbarer Kinderglaube an osmotisch wirkende Kräfte: Wenn da irgendwo | |
Geld ist, dann wird es auch bei anderen landen. Ein Kinderglaube, der sich | |
selbst genügt, da braucht es keine pingeligen Berechnungen: Das Stichwort | |
Sommermärchen reicht dann. | |
Um so bemerkenswerter, wenn sich Politiker:innen dem Sirenengesang der | |
Investoren und Großveranstaltungen entziehen. So wie Bremen, dessen | |
damaliger Bremer Wirtschafts- und Justizsenator Martin Günthner (SPD) die | |
Uefa-Bedingungen nicht unterschrieb. Die Verträge hätten bedeutet „dass wir | |
die Veranstalter im Prinzip von allem freigestellt hätten, was im Rahmen | |
der Veranstaltung stattfinden kann“, sagte er dem Spiegel. | |
## Bremens einsamer Kampf | |
Nicht auszuschließen, dass Bremen sowieso einen schlechten Stand hatte, | |
[3][schließlich kämpft Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) nun schon ziemlich | |
lange darum], dass die Deutsche Fußball Liga die Polizeieinsätze bei | |
Hochrisikospielen bezahlt. Da trifft es nicht die Armen und damit ist eine | |
Finanzstrategie der Uefa doppelt bemerkenswert: Die zahlt den ausrichtenden | |
Städten nichts – und wer kein Mitleid mit Hamburg hat, könnte es zumindest | |
mit Gelsenkirchen haben –, wohl aber den Stadienbesitzern. | |
Tatsächlich ist das Genre prestigeträchtige Sportveranstaltung nicht mehr | |
der Selbstgänger, der es ewig war. In München und Hamburg haben | |
Bürgerentscheide die Olympiabewerbungen gestoppt. Schade, dass das beim | |
Umgang mit der Uefa nicht zu spüren war. | |
Was bleibt, ist, dem Bremer Innensenator bei seinem einsamen Kampf viel | |
Glück zu wünschen und dem Amateurfußball eben so viel, wenn es um die | |
Verteilung der Uefa-Überschüsse geht. | |
Einen Wunsch hat auch die St.-Pauli-Fanhilfe, der die nationale | |
Begeisterung ordentlich auf den Geist geht. Dass die Polizei sich gegenüber | |
dem Vereinsfan ebenso zurückhaltend, unvermummt und sparsam filmend zeigt | |
wie gegenüber seinen nationalen Kolleg:innen. | |
3 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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