# taz.de -- Geiselbefreiung im Gazastreifen: „Unser Überleben hatte Priorit�… | |
> Unser Autor lebt im Gazastreifen – genau in dem Viertel, aus dem die | |
> israelische Armee vor einer Woche Geiseln befreite. Ein persönlicher | |
> Bericht. | |
Bild: Zurück bleibt Zerstörung: das Flüchtlingslager Nuseirat am 9. Juni, de… | |
Gegen 11 Uhr vormittags kehrte ich nach Hause zurück. Ich hatte das Grab | |
eines Freundes besucht, der bei einem Bombenangriff auf eine UNRWA-Schule | |
getötet worden war. Plötzlich hörte ich heftige Explosionen. Sie waren viel | |
lauter als der gelegentliche Beschuss, den wir im Flüchtlingslager Nuseirat | |
hören. Bald hörte ich auch Feuer von Maschinengewehren. Etwas stimmte | |
nicht. | |
Am Himmel sah ich mehrere Apache-Hubschrauber und zahlreiche Drohnen. Ein | |
Mädchen rannte durch das Lager, weinte und rief, dass Panzer die Straße | |
Salah al-Din erreicht hätten. Die Szene war chaotisch und weckte in mir | |
Erinnerungen an die Flucht aus meinem Haus in Chan Junis, als die | |
israelische Armee in unser Viertel einmarschierte. | |
Ich eilte zurück nach Hause und sagte meiner Mutter, dass wir sofort | |
evakuieren müssten. Sie fragte nach unseren Habseligkeiten, aber ich | |
bestand darauf, dass unser Überleben jetzt Priorität hat. Inmitten des | |
Bombardements liefen mein fünfjähriger Bruder, meine Mutter und ich die | |
Straße entlang – ohne zu wissen, wohin. Wir schlossen uns einfach anderen | |
an, die Richtung Süden liefen. Was wir sahen, erinnerte an einen | |
Kriegsfilm. | |
Wir waren zu Fuß, weil es keine öffentlichen Verkehrsmittel gab, und ich | |
trug schweres Gepäck. Nach einiger Zeit hielten wir an, um eine Pause zu | |
machen. Erschöpft hörten wir die Leute sagen, es würde sich um eine | |
begrenzte Aktion handeln. Wir fanden einen Platz zum Ausruhen am | |
Straßenrand. | |
Nach etwa zwei Stunden beruhigte sich die Lage. Erst dann erfuhren wir, | |
dass [1][die israelischen Streitkräfte erfolgreich Geiseln aus unserem | |
Lager befreit hatten] und die Operation beendet war. Doch zurück blieb die | |
tragische Zahl von mindestens 274 Märtyrern und Hunderten verletzten | |
Zivilisten. | |
Mohammed A. Abu Saif (24) lebt aktuell im Flüchtlingslager Nuseirat im | |
mittleren Gazastreifen. Er floh im Januar aus Chan Junis, wo er für die das | |
Telekommunikationsunternehmen [2][Jawwal] arbeitete. | |
In der Reihe „Gaza-Tagebuch“ berichten unsere Autor*innen von ihrem | |
Leben im Gazastreifen. Alle Beiträge der Reihe [3][finden Sie hier]. | |
17 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Krieg-zwischen-Israel-und-der-Hamas/!6015836 | |
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Jawwal | |
[3] /Kolumne-Gaza-Tagebuch/!t5999816 | |
## AUTOREN | |
Mohammed A. Abu Saif | |
## TAGS | |
Kolumne Gaza-Tagebuch | |
Israel | |
Palästina | |
Gazastreifen | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Kolumne Gaza-Tagebuch | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: USA genehmigen Waffendeal | |
Tausende Israelis gehen gegen die Netanjahu-Regierung auf die Straße. Die | |
Palästinensische Autonomiebehörde sieht wegen fehlender Gelder ihre | |
Existenz gefährdet. | |
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Israel verkündet „taktische Pause“ | |
Mehrere Stunden täglich sollen in bestimmten Gebieten des Gazastreifens die | |
Waffen schweigen, um Hilfslieferungen zu ermöglichen. Nicht aber in Rafah. | |
Vertriebene in Gaza: Staub meiden im Krieg | |
Der Vater unseres Autors liegt im Gazastreifen im Krankenhaus. Dort, im | |
Treppenhaus, macht er eine seltsame Beobachtung – und geht ihr nach. | |
Situation in Gaza im Nahostkrieg: Kein Ort zum Leben | |
In Gaza kommen wieder mehr Hilfsgüter an. Sonst bleibt den Menschen kaum | |
Hoffnung. Viele wollen ausreisen, müssen dafür aber sehr viel Geld zahlen. |