# taz.de -- Fehlbelegte Sozialwohnungen in Hamburg: FDP jagt Millionäre | |
> Die Hamburger FDP will Besserverdienende in Sozialwohnungen zuzahlen | |
> lassen. Für die Linke sind das Nebelkerzen statt Lösungen fürs | |
> Mietenproblem. | |
Bild: Hamburg baut Sozialwohnungen, wie hier im Februar 2019. Aber nicht genug | |
Was sind das für Zeiten, in denen sich die FDP Sorgen macht, dass | |
Millionäre zu gut wegkommen? „Wenn in Hamburg Millionäre in Sozialwohnungen | |
leben, muss man sich fragen, zu welchem wohnungspolitischen Absurdistan | |
unsere Stadt geworden ist“, [1][schreibt die stellvertretende | |
Landesvorsitzende, Katarina Blume]. Die CDU ist da ganz auf ihrer Seite und | |
fordert ebenfalls, die Fehlbelegungsabgabe wieder einzuführen. | |
Die wurde in Hamburg von 1990 bis 2002 von Mieter:innen in | |
Sozialwohnungen erhoben, deren Einkommen über dem vorgesehen Mindestsatz | |
lagen. Rund 15 Prozent der Wohnungen seien damals von Zuvielverdienenden | |
belegt worden, das [2][schrieb der Hamburger rot-grüne Senat eher | |
schmallippig in seiner Antwort auf eine CDU-Anfrage]. | |
Der Hamburger Wohnungsmarkt ist seitdem nicht besser, [3][sondern er ist | |
schlicht katastrophal geworden]. Die hiesigen Nettokaltmieten sind die | |
höchsten im Bundesländervergleich und wenn selbst die zuständige | |
Stadtentwicklungssenatorin offen zugibt, dass es zu wenig neue Wohnungen | |
gibt, kann es nicht gut stehen. Wenigstens Gerechtigkeit im prekären | |
Sozialwohnungsbereich – das ist eine Forderung, die Beifall verspricht. | |
Die SPD duckt sich hinter einem „Bürokratie schlägt Fehlabgabe“-Argument | |
und versucht es ansonsten mit scholzeskem Schweigen. Ganz so leicht machen | |
es sich die Grünen nicht und haben mit dem „Hamburg-Haus“ einen | |
interessanten Vorschlag gemacht: Nach diesem Modell sollen die | |
Bewohner:innen 30 Prozent ihres Einkommens als Miete zahlen. Und sollte | |
das steigen, wird die Miete turnusmäßig per KI am Einkommensbescheid | |
abgeglichen. | |
## Wohnungspolitischer Knallfrosch | |
Noch ist das allerdings bloße Theorie, sprich eine Idee für das Konzept zur | |
nächsten Bürgerschaftswahl, und es schadet nicht, parallel zu hören, was | |
die Linke zur Debatte zu sagen hat: Die ist laut Heike Sudmann, | |
wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion, nicht mehr als ein | |
wohnungspolitischer Knallfrosch. Tatsächlich helfen, so Sudmann, würde | |
etwas ganz anderes: mehr geförderter Wohnraum, das Verbot, Miet- in | |
Eigentumswohnungen umzuwandeln, und ein Drängen beim Bund, die | |
[4][Mietpreisbremse] in einen Mietendeckel umzuwandeln. | |
Nun kann man sagen, dass der Umgang mit dem Mietenproblem deutlich | |
Trial-and-Error-Charakter hat und Patentlösungen außer Sicht sind. Genauso | |
klar ist aber, dass das, was bislang passiert, nicht ausreicht. So wenig, | |
dass die Wohnungssuche einen trüben Spitzenplatz unter den Motiven junger | |
Leute hat, rechtsextrem zu wählen. Es ist schön, dass Parteien wie die FDP | |
inzwischen glauben, dass die Zeit eine Erweiterung ihres Zielgruppenfokus | |
verlangt. Deutlich schöner wäre es, wenn sie die Debatte so komplex führte, | |
wie sie tatsächlich ist. | |
1 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://fdp-aktiv.de/blog/2024/06/26/hamburg-blume-schreiende-ungerechtigke… | |
[2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/85692/ist_die_gerechte_ver… | |
[3] /Hamburg-enteignet-in-der-Buergerschaft/!5941299 | |
[4] /Verlaengerung-der-Mietpreisbremse/!6002190 | |
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