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# taz.de -- Neuwahlen in Frankreich: Macrons Leichtsinn und Kühnheit
> Nach dem Wahlsieg der Rechtspopulisten ruft Präsident Macron Neuwahlen
> aus. Es steht nichts Geringeres als die Zukunft der Republik auf dem
> Spiel.
Bild: Gefährliches Pokerspiel: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verkünd…
„Warum bloß macht der das?“ Das war am Sonntagabend der am meisten gehörte
Kommentar zu Emmanuel Macrons Ankündigung, er wolle mit Neuwahlen die
Lehren aus dem für ihn [1][vernichtenden Ergebnis der EU-Wahl ziehen.] Die
Auflösung der Nationalversammlung nach einer Wahlniederlage ist eine
Option, die von der französischen Verfassung vorgesehen ist.
Zu diesem extremen und politisch riskanten Mittel zu greifen, um – wie
Macron sagt – „Klarheit zu schaffen“ und den Bürger*innen „das Wort zu
geben“, steht dem Staatspräsidenten völlig frei. Er hat damit außer der
extremen Rechten, [2][die genau diese überstürzten Neuwahlen ständig
verlangt hat,] alle Parteien total überrumpelt.
Natürlich ehrt es den Präsidenten, dass er zunächst aus demokratischem
Respekt für das Wählerverdikt vom 9. Juni selbst für ihn nachteilige
Konsequenzen in Kauf nehmen will. Aber: Angesichts der neuen
Kräfteverhältnisse bei der Wahl der EU-Abgeordneten und in Anbetracht der
kurzen Frist für die Kampagne bis zum ersten Wahlgang am 30. Juni, aber
auch wegen des schwer kalkulierbaren Ausgangs einer Mehrheitswahl in 577
Wahlkreisen pokert Macron mit schlechten Karten in der Hand.
Seinem Image als fairer und vermeintlich über den Parteien stehender
Staatschef zuliebe setzt er die Zukunft der Republik und die Freiheit
seiner Landsleute aufs Spiel.
## Es steht viel auf dem Spiel
Vielleicht hatte Macron seine Entscheidung wegen der Umfragen, die seit
Langem einen [3][Sieg der extremen Rechten und eine Niederlage seines
eigenen Regierungslagers voraussagten], geplant und beschlossen. Vielleicht
meint er auch, dass seine Kühnheit ihm zu einem unverhofften Erfolg und
womöglich sogar zu einer Mehrheit in der Nationalversammlung verhelfen
könne. Ähnliches dachte auch Präsident Jacques Chirac, als er 1995 ohne
wirkliche Not Neuwahlen ausschrieb, die dann aber, statt ihn zu stärken,
die linke Opposition für 5 Jahre an die Regierungsmacht brachten.
Das – sehr reale – Risiko einzugehen, dass in Frankreich die ideologischen
Erben der Kollaboration mit den Nazis ganz legal an die Macht gelangen
könnten, ist weit gravierender als Chiracs taktischer Irrtum, der bloß ein
politisches Eigentor war.
Dieses Mal stehen die demokratischen Freiheiten, die Menschenrechte und die
Grundwerte, auf die Frankreich seit der Aufklärung und der Großen
Revolution so stolz war, auf der Kippe. Zudem könnte Macrons Leichtsinn,
mit der er in diesem gewagten politischen Spiel mit vollem Einsatz „Banco“
sagt, im Fall eines Scheiterns enorme Folgen für ganz Europa haben.
10 Jun 2024
## LINKS
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[3] /Martin-Schulz-ueber-Rechtsextreme/!6014186
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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