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# taz.de -- Gymnasium in Berlin: Palitücher statt Zeugnisse
> Weil sie propalästinensische Proteste befürchten, sagt ein Gymnasium eine
> Abiturverleihung ab. Eltern wünschen sich einen anderen Umgang.
Bild: Ein Berliner Gymnasium sorgt sich, dass die Schüler*innen nicht nur Luft…
BERLIN taz | Die Entscheidung des Gymnasiums Tiergarten, die offizielle
Verleihung der Abiturzeugnisse abzusagen, stößt in der Elternschaft auf
Unterverständnis und teils auch Frust. Die Schule habe Gesprächsangebote
bisher ausgeschlagen, sagt ein Elternteil eines Kindes aus dem
Abiturjahrgang der taz. Die Person möchte nicht namentlich in der Zeitung
genannt werden.
Die Schulleitung hatte die Zeugnisverleihung abgesagt, weil sie eine
[1][propalästinensische Protestaktion befürchtet]. Die Zeugnisse sollten am
5. Juli an einem Ort außerhalb der Schule überreicht werden. Doch „aus
sicherer Quelle“ hätten sie erfahren, dass ein großer Teil des Jahrgangs
„massive konfrontative politische Kundgebungen“ bei der Veranstaltung
geplant habe, heißt es in einem Brief der Schulleitung an die
Abiturient*innen und Eltern. Der Brief liegt der taz vor.
Möglicherweise könne es zu Ausschreitungen kommen. Die Sicherheit der
Veranstaltung könne nicht gewährleistet werden.
„Anscheinend hatten einige der Abiturient*innen im Klassenchat
gefragt, wer bereit sei, sich bei der Zeugnisverleihung für Palästina
einzusetzen“, berichtet das Elternteil. Knapp die Hälfte der rund 120
Chatmitglieder hätte sich dafür ausgesprochen. Dabei sei völlig unklar, wie
ein Protest hätte aussehen sollen. In Medienberichten hieß es, dass
[2][Schüler*innen wohl mit Palästinensertüchern zur Verleihung] kommen
wollten.
## „Nie wieder“ mit Leben füllen
„Ich bin erschrocken, wie schnell die Situation eskaliert ist“, sagt das
Elternteil. Bei dem Gymnasium handele es sich um eine „typische Berliner
Innenstadtschule“ mit Schüler*innen aus rund 100 Nationen. Als Eltern
hätten sie dort stets den Anspruch gespürt, allen Schüler*innen einen
guten Start ins Erwachsenenleben zu ermöglichen.
Das Gymnasium habe regelmäßig Gedenkveranstaltungen zur Shoah mit den
Schüler*innen gestaltet, die Schule bemühe sich sehr, den Anspruch „Nie
wieder“ mit Leben zu füllen, sagt der Elternteil. „Aber offensichtlich
haben wir es nicht geschafft, das „Nie wieder“ so aufzuladen, dass es die
Schüler*innen emotional erreicht.“
Auf [3][Seiten der Schüler*innen sei ein „ehrliches Leiden“] angesichts
der Entwicklung in Gaza deutlich. Eine strikte Absage würde die
Möglichkeiten, darüber ins Gespräch zu kommen, noch mehr verengen. „Wir
gehen nicht gut mit der Gemütslage der Jugendlichen um“, kritisiert das
Elternteil. Das Handeln der Rektorin sei insofern verständlich, als dass
diese wohl die wachsenden Gefahren für jüdische und israelische Menschen –
und Schüler*innen – in Berlin im Blick habe.
„Eine Absage einer für viele Schüler:innen wichtigen Veranstaltung,
sollte nur das äußerste Mittel sein, da dabei ein ganzer Jahrgang kollektiv
darunter leidet“, kritisiert auch der Landesschülerrat auf Nachfrage der
taz. „Es sollte versucht werden, die Abiverleihung doch stattfinden zu
lassen, ohne dass dabei Antisemitimus oder Völkerfeindlichkeit Raum
bekommen.“ Außerdem sollten die Verantwortlichen mit der Schülerschaft in
den Dialog treten und herausarbeiten wo die Grenzen zwischen legitimen
Meinungsäußerungen und in einer Demokratie nicht tolerierbaren Äußerungen
und Gesinnungen liegen, fordert der LSA. Die Schulbehörde dürfe die
Schulleitung dabei nicht allein lassen.
Aus der Bildungsverwaltung hieß es, man bemühe sich darum, eine Lösung zu
finden und eine Übergabe der Abiturzeugnisse in einem angemessenen Rahmen
zu organisieren. Im Brief der Schulleitung hieß es noch, die
Schüler*innen sollten sich ihre Zeugnisse Anfang Juli in der Schule
abholen.
19 Jun 2024
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## AUTOREN
Uta Schleiermacher
## TAGS
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Neukölln
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