| # taz.de -- Ausstellungsreihe zu Raum und Zeichnung: Einladung zum Eintauchen | |
| > Claudia Busching ist Gastgeberin der Ausstellungsreihe „Zeichenraum“ in | |
| > Pankow. Dort greifen die Linien von der Fläche auf die Wand über. | |
| Bild: Wie in die Luft geworfen wirken die Linien von Asako Tokitsu | |
| Gezeichnete Linien brauchen einen festen Grund. Die Linien aber, die Asako | |
| Tokitsu hoch oben in einer Ecke des Zeichenraums angebracht hat, wirken wie | |
| in die Luft geworfen. Nicht nur, weil man zu ihnen hochblicken muss, liegt | |
| der Gedanke an Verzweigungen in Bäumen nahe oder an Vogelnester. Sondern | |
| auch, weil der Zeichenraum in einem Garten steht. Und weil Asako Tokitsu, | |
| die aus Japan kommt und in Berlin lebt, in ihren Installationen und | |
| Raumzeichnungen stets einen Bezug zwischen dem Vorgefundenen und dem neu | |
| Geschaffenen herstellt. Das Zwei- und das Dreidimensionale verschmelzen in | |
| den gezeichneten Bögen, die über Ecken und Kanten hinweggehen. | |
| [1][Claudia Busching] hat Asako Tokitsu in den Zeichenraum eingeladen. Sie | |
| ist selbst Künstlerin, aber auch [2][Kuratorin] und Gastgeberin, die immer | |
| wieder die Kommunikation mit anderen Künstler:innen sucht. Sie brauche | |
| das, sagt sie, um aus der Einsamkeit und Egozentrik des Arbeitens im | |
| Atelier auszubrechen. Neben dem Haus, in dem sie in Pankow mit ihrer | |
| Familie wohnt, stand im Garten eine alte Garage, die sie umbauen ließ. Im | |
| Winter stehen dort empfindliche Pflanzen, im Sommer aber ist er für | |
| Kunstprojekte nutzbar. | |
| Im Sommer 2021 begann hier die zehnteilige Reihe „Zeichenraum“, mit neun | |
| eingeladenen Künstlerinnen, die den Raum jeweils solo bespielten. Asako | |
| Tokitsu ist die achte Künstlerin. Die zehnte Ausstellung wird von Claudia | |
| Busching selbst sein. Und 2026, das hat Busching vor Kurzem erreicht und | |
| freut sich darüber sehr, werden alle Künstlerinnen zusammen in der Villa | |
| Zander in Bergisch Gladbach ausstellen können. | |
| ## Eine Woche Arbeit vor Ort | |
| Eine Woche haben die Künstlerinnen jeweils Zeit gehabt, in dem Raum zu | |
| arbeiten. Claudia Busching kocht auch gerne für sie, manche schlafen in | |
| einem Gästezimmer im Haus. Den Arbeitsprozess verfolgt die Kuratorin mit | |
| der Kamera und ist dann, während der Öffnungszeiten an vier Wochenenden, | |
| immer vor Ort, um mit Besuchern über die Arbeiten zu reden. Denn es geht | |
| auch um den Prozess der Aneignung des Raums. | |
| Monika Bartholomé aus Köln, mit der die Reihe 2021 begann, hängte | |
| Papierbahnen über die Wände, legte den Boden damit aus und ließ | |
| verschachtelte Strukturen entstehen. Jolanta Wagner aus Warschau zeichnete | |
| auf alten Architekturplänen, Raumplanungen überlagerten sich. [3][Julia | |
| Ziegler] arbeitete mit Papierklebestreifen, die perspektivische Illusionen | |
| erzeugen können, direkt auf der Wand. Katja Pudor zeichnete an fünf | |
| Performance-Terminen auf die Flächen von Wand und Boden. | |
| Einige der eingeladenen Arbeiten wie von Asako Tokitsu sind eher | |
| minimalistisch, andere wie von Katja Pudor schon von malerischer Üppigkeit. | |
| Claudia Buschings Konzept für den Zeichenraum, die Einladung an | |
| Künstlerinnen, lag auch die Beobachtung zugrunde, dass es oft Künstlerinnen | |
| waren, die aus dem begrenzten Geviert des Blatt Papiers den Weg in den Raum | |
| mit zeichnerischen Mitteln suchen. Auf alle ihre Gäste im Zeichenraum traf | |
| dies zu, und oft kam damit auch das Element der Bewegung ins Spiel. | |
| Etwa bei [4][Betina Kuntzsch], die ihre Zeichnungen von den Umrissen der | |
| Fenster im Raum für Video animierte und in hellen Linien auf dunklem Grund | |
| in vielfältigen Rhythmen durch den Raum tanzen ließ. Oder bei [5][Kati | |
| Gausmann,] die Linien aus feingespannten Fäden bündelte, die eine | |
| vibrierende Fläche erzeugten. Ihnen lag die Beobachtung des Horizonts | |
| zugrunde aus einer subjektiven Perspektive, leichte Schwankungen | |
| inbegriffen. | |
| Die „Zeichenraum“-Reihe lebt auch von der Vernetzung der Künstlerinnen. Der | |
| Rahmen der Ausstellungen bildet im weiten Feld zwischen der Privatheit des | |
| Ateliers und der Öffentlichkeit einer Galerie etwas Eigenes, eine schöne | |
| Einladung zum Eintauchen in die Geflechte der Linien. | |
| 19 Jun 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katrin Bettina Müller | |
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