Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Comic „Drei oder vier Bagatellen“: Ohne Glück bleibt es schwer
> Die Gesichter sind der eigentliche Schauplatz der Handlung in Franz
> Suess’ Comic „Drei oder vier Bagatellen“.
Bild: Solche Menschen sind in Comics fast nie zu finden
Zumindest was Comics betrifft, darf man ihn wohl einen Spätstarter nennen.
In Linz, wo er geboren wurde, hat Franz Suess die Kunsthochschule besucht;
heute lebt er in Wien. Erst als 50-Jähriger hat er 2011 seine erste Graphic
Novel veröffentlicht. Um vom deutschen Lesepublikum als originelle,
eigenständige Stimme bemerkt zu werden, bedurfte es des Wechsels zum
[1][Avant-Verlag]. Vor zwei Jahren ist dort „Diebe und Laien“ erschienen,
und für „Jakob Neyder“ hat Suess im April den renommierten Comic-Preis der
Berthold Leibinger Stiftung erhalten. Dieser Band ist noch nicht im
Buchhandel erhältlich, dafür aber „Drei oder vier Bagatellen“.
Wie in „Diebe und Laien“ finden sich hier vier Geschichten. Die letzte ist
die Fortsetzung der ersten; ansonsten gibt es, anders als in der
vorangegangenen Graphic Novel, keine Überschneidungen. Aber auch wenn
Figuren hier nicht mehrfach auftreten, sind sie alle miteinander verbunden,
teilen ähnliche Schicksale.
Franz Suess schildert Menschen, die in Comics sonst fast nie zu finden
sind. Seine Aufmerksamkeit gilt denen, die nicht in der Mitte der
Gesellschaft leben, sondern an deren Rand; denen, die sich im Leben
schwertun; den wenig Attraktiven und Übergewichtigen, den Alternden. Sie
sehnen sich nach Liebe und Wärme oder auch nur nach der Illusion von Nähe,
die schneller Sex vermittelt – und sie werden immer enttäuscht.
## Der exzessive Konsum von Süßigkeiten
Da ist der schüchterne Michael, der nervös in einem schäbigen Café auf
Simon wartet, mit dem er sich über eine Dating-App verabredet hat. Der
Versuch, auf dem Klo intim zu werden – es ist Michaels erstes Mal –,
schlägt dann auf groteske Weise fehl. Nicht besser ergeht es Brigitte, die
mit einem vulgären Macho anbandelt, nach ein paar gemeinsamen Stunden aber
mit ihrer Katze allein im Bett zurückbleibt. Für den ungefähr zehnjährigen
Tobias schließlich, der die mangelnde Zuneigung seiner Eltern mit
exzessivem Konsum von Süßigkeiten kompensiert, wird ein Aufenthalt beim
dementen Großvater auf dem Dorf zu einer Kette von Peinlichkeiten.
Bagatellen sind das alles, sicherlich. Aber wie in Short Storys blitzt im
[2][Alltäglichen das große Ganze] auf, in zugleich individueller wie
allgemeiner Hinsicht. Im Gegensatz zu den leuchtenden Farben in „Diebe und
Laien“ ist dieser Comic in einem Schwarz-Weiß gehalten, in dem die Grautöne
dominieren. Noch mehr als zuvor konzentriert sich Suess auf die Darstellung
von Gesichtern, die immer wieder, wie in einer Großaufnahme, ganze Panels
ausfüllen. Auch ohne Worte und über die Worte hinaus lassen sie erkennen,
was in den Figuren vorgeht. Die Gesichter sind in „Drei oder vier
Bagatellen“ der eigentliche Schauplatz der Handlung.
18 Jun 2024
## LINKS
[1] /Graphic-Novels-ueber-Franz-Kafka/!5995620
[2] /Cannes-Preistraeger-Sean-Baker/!6012698
## AUTOREN
Christoph Haas
## TAGS
Comic
Rezension
Avant-Verlag
Zeichnung
Comic
Comic
wochentaz
Graphic Novel
Comic
Franz Kafka
## ARTIKEL ZUM THEMA
Roman von Cormac McCarthy als Comic: Dreck und Mühsal
Zeichner Manu Larcenet adaptiert mit seinem lakonisch realistischen Comic
„Die Straße“ erfolgreich den Roman von Cormac McCarthy.
Neuer Comic von Mikael Ross: Gefühle ohne Farbe
Mikael Ross verwebt in seinem neuen Comic eine Coming-of-Age-Geschichte mit
einer Berliner Milieustudie. „Der verdrehte Himmel“ ist ein Triumph.
Comic Olivia Vieweg „Fangirl Fantasy“: Im lila Fandom-Land
Ein Comic mit thüringischem Setting: Olivia Viewegs originelle Erzählung
„Fangirl Fantasy“ oszilliert zwischen Komödie und Drama.
Graphic-Novel „Daidalos“: Im Labyrinth der Adoleszenz
Charles Burns Graphic-Novel „Daidalos“ porträtiert zwei Teen-Filmfreaks in
der Provinz. Die stilvollen Abgründe erinnern an Filme von David Lynch.
Comic-Salon Erlangen 2024: Comics in Zeiten der Sintflut
Der Comic-Salon Erlangen ist eine Institution. In diesem Jahr waren das
Element Wasser und die Kriege in der Ukraine und in Nahost zentrale Themen.
Kafka als Comic: Der beste Erzähler von Geschichten
David Zane Mairowitz veröffentlichte 1993 mit Robert Crumb einen
Kafka-Comic, der nun neu erscheint. Zu Besuch in seiner Kreuzberger
Hinterhofwohnung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.