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# taz.de -- Reform des Postgesetzes: Regierung beschließt lahme Post
> Briefe kommen künftig später und auch nicht mehr jeden Tag. SPD, Grüne
> und FDP haben am Donnerstag im Bundestag das neue Postgesetz beschlossen.
Bild: Dauert bald mitunter ewig und drei Tage: die Postzustellung
Berlin taz | Der Briefversand in Deutschland wird in Zukunft länger dauern.
Das sieht die Reform des Postgesetzes vor, die der Bundestag am Donnerstag
beschlossen hat. Demnach muss die Deutsche Post die meisten Sendungen nicht
mehr am nächsten Tag ausliefern. Außerdem entfällt die Pflicht für das
Unternehmen, an sechs Tagen in der Woche zuzustellen.
Diese bisher im Postgesetz formulierte 6-Tage-Regel ist etwa wichtig für
Abonnent:innen, die ihre Tageszeitung per Post beziehen. Mit der Reform des
Gesetzes ist das nun hinfällig. Auch die Vorgabe, dass bislang 80 Prozent
der Briefe am nächsten Werktag Empfänger:innen erreichen, 95 Prozent am
übernächsten, ist passé: Künftig müssen 95 Prozent der Briefe erst am
dritten Werktag nach der Aufgabe ankommen, am vierten 99 Prozent. Haben
Absender:innen Zeitdruck, etwa weil sie Fristen einhalten müssen,
können sie gegen einen Aufschlag einen sogenannten [1][Prio-Brief]
aufgeben. Außerdem musste die Post bisher ein dichtes Filialnetz vorhalten,
wozu auch Kioske und Supermärkte mit einem entsprechenden Schalter zählen.
Jetzt könnte auch das Aufstellen eines Automaten mit Briefmarken reichen.
Die deutsche Post ist in den 90er Jahren privatisiert worden. Dabei hat die
Bundesregierung dem sogenannten Universaldienstleister eine Reihe von
Auflagen gemacht. Die Deutsche Post als dieser Universaldienstleister ist
Teil des DHL-Konzerns, [2][an dem der deutsche Staat über die Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KfW) mit knapp 17 Prozent beteiligt ist], der Rest gehört
überwiegend privaten oder institutionellen Investor:innen. Im Jahr 2023
machte die DHL einen Gewinn von rund 3,7 Milliarden Euro.
„Wir führen Daseinsvorsorge und Wettbewerb zusammen“, sagte die grüne
Bundestagsabgeordnete Sandra Detzer in der Debatte am Donnerstag. Die
Regierung sichere für Bürger:innen die Bezahlbarkeit der
Postdienstleistungen und „die Renditeabsicherung für Erbringer des
Universaldienstes“. Die Union bestreitet, dass das Gesetz zu mehr
Wettbewerb führt. Sie fordert, dass der Paketbereich grundsätzlich aus dem
gesetzlichen Regeln unterworfenen Universalbereich entlassen wird. „Trotz
eines funktionierenden Wettbewerbs bleibt der Paketmarkt weiterhin
reguliert“, kritisierte der CSU-Abgeordnete Hansjörg Durz.
## Kein Verbot von Sub-Sub-Unternehmen
Nicht durchsetzen konnten SPD und Grüne gegenüber der FDP den Einsatz von
Sub-Sub-Unternehmen zu verbieten. Die Post vergibt Aufträge an andere
Firmen, die sie an Dritte weitergeben und daran verdienen. Die Folge sind
sehr schlechte Arbeitsbedingungen und Einkommen für die Beschäftigten. Das
bekommen auch die Kund:innen zu spüren, etwa wenn Bot:innen ihnen wegen
des hohen Zeitdrucks nicht mitteilen, dass sie eine Lieferung bei Nachbarn
abgegeben haben. Das Gesetz sieht aber vor, dass Subunternehmen künftig
besser kontrolliert werden sollen, etwa in Bezug auf Arbeitszeiten von
Zusteller:innen. „Für viele Kolleginnen und Kollegen bedeutet das, dass
die Arbeitszeit korrekt erfasst wird“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete
Matthias Papendieck. Damit können Überstunden nicht mehr verloren gehen und
würden bezahlt.
Die Linke im Bundestag fordert, dass die Auftragsvergabe an Sub-Unternehmen
beendet wird. „Die Privatisierung der Post war ein schwerer Fehler“, sagte
der Linken-Abgeordnete Jörg Cezanne. Der Wettbewerb werde nicht mittels
besserer Leistungen ausgetragen, sondern auf Kosten der Beschäftigten und
der Kund:innen. Die Dienstleistungen der Post würden immer schlechter,
und das bei steigendem Porto. Selbst Briefkästen seien für viele im
ländlichen Raum nicht mehr erreichbar.
Aus [3][Rücksicht auf die Beschäftigten] sollen künftig Pakete mit einem
Gewicht von mehr als 20 Kilogramm von zwei Zusteller:innen ausgeliefert
werden müssen. Steht ein geeignetes technisches Hilfsgerät zur Verfügung,
gilt das aber nicht. Die Gewerkschaft Verdi fordert eine schnelle
Klarstellung, was das bedeutet. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil müsse
bis zum Jahresende in einer Verordnung festlegen, dass beispielsweise eine
Sackkarre nicht als geeignetes Hilfsmittel gelte, forderte Verdi-Vizechefin
Andrea Kocsis.
13 Jun 2024
## LINKS
[1] /Post-will-Normalbriefe-entschleunigen/!5914089
[2] /Verdi-kritisiert-Verkauf-von-Post-Aktien/!5987471
[3] /Arbeitsbedingungen-in-der-Paketbranche/!5985683
## AUTOREN
Anja Krüger
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