# taz.de -- Verhandlungen um Waffenruhe in Gaza: US-Plan nimmt UN-Hürde | |
> Der UN-Sicherheitsrat stellt sich hinter Bidens Gaza-Friedensplan. Israel | |
> und die Hamas stimmen irgendwie zu, verfolgen aber unvereinbare Ziele. | |
Bild: Laut Friedensplan sollen die Menschen bereits in der ersten Phase des Waf… | |
BERLIN taz | Kommt nun der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas, | |
auf den die ganze Welt wartet? Am Montagabend stimmte der UN-Sicherheitsrat | |
für einen von US-Präsident Joe Biden vorgestellten mehrstufigen Plan für | |
eine Waffenruhe im Gazakrieg. Eine entsprechende Resolution wurde am Montag | |
in New York mit 14 Ja-Stimmen angenommen; Russland enthielt sich. | |
Doch eine Reihe von Fragen bleibt offen. Zwar hieß es in der Resolution, | |
Israel habe den Plan akzeptiert, doch eine offizielle Stellungnahme kam | |
bislang nicht. Die Hamas begrüßte die UN-Resolution und sagte gegenüber | |
Reuters, sie würde den Plan prinzipiell akzeptieren und sei bereit, nun | |
über Details zu verhandeln. Doch der Teufel dürfte genau im Detail stecken. | |
Laut bisherigem Entwurf des US-Friedensplans soll Hamas in der ersten Phase | |
weibliche, ältere und verwundete israelische Geiseln freilassen, dafür soll | |
sich das israelische Militär aus den „bewohnten Gebieten“ des Gazastreifens | |
zurückziehen und die Palästinenser sollen zurückkehren können in ihre | |
Häuser – auch im Norden des Gazastreifens. | |
In der zweiten Phase sollen alle Feindseligkeiten dauerhaft eingestellt | |
werden, „im Gegenzug für die Freilassung aller anderen Geiseln, die sich | |
noch im Gazastreifen befinden, und für einen vollständigen Rückzug der | |
israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen“. Phase drei bestünde aus | |
einem umfassenden Wiederaufbauplan für den Gazastreifen. | |
## Unvereinbare Ziele | |
In der vergangenen Woche hatte es von Israel Vorbehalte gegeben, unter | |
anderem angesichts eines Paragrafen, der einer Pufferzone im Gazastreifen | |
eine Absage erteilt. Dieser Paragraf ist Medienberichten zufolge nun | |
entfernt worden. Allerdings steht nach wie vor eine Klausel in dem | |
Vorschlag, die besagt, dass jeder Versuch, das Territorium von Gaza zu | |
verändern, abgelehnt wird. | |
Die Hamas hätte mit diesem Plan viele seiner Ziele erreicht. Doch ein | |
Knackpunkt bleibt: Wie wird die zweite Phase, in der ein langfristiger | |
Waffenstillstand beginnen soll, überhaupt erreicht? Denn die Hamas besteht | |
weiterhin auf einem Ende des Krieges, während Israel wiederholt, erst nach | |
einem Sieg über die Hamas zu einem langfristigen Waffenstillstand bereit zu | |
sein. | |
Abgesehen davon könnte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu | |
mittlerweile eher bereit zu einem Waffenstillstand sein – aus ganz | |
persönlichen Motiven: Seine Umfragewerte, die nach dem Hamas-Terrorangriff | |
des 7. Oktober abgestürzt waren, wenden sich wieder ins Positive. Neuwahlen | |
in Israel, zu denen es nach Kriegsende unweigerlich kommen dürfte, würden | |
also nicht automatisch Netanjahus politisches Ende bedeuten. | |
Jüngste Umfragen gaben Netanjahu Ende Mai zum ersten Mal wieder einen | |
Vorsprung vor seinem Hauptrivalen, dem zentristischen Politiker und | |
Ex-Armeechef Benny Gantz, der nach dem 7. Oktober dem | |
Notstandskriegskabinett beigetreten war. | |
## Netanjahus Image | |
Am Sonntagabend war Gantz seiner eigenen Drohung gefolgt und [1][aus dem | |
Kriegskabinett wieder ausgetreten]. Er warf Netanjahu vor, seine | |
persönlichen Erwägungen über eine Nachkriegsstrategie für den Gazastreifen | |
zu stellen und forderte Neuwahlen in den kommenden Monaten. | |
Während Gantz’ Rücktritt das Image von Netanjahu beschädigen könnte, dür… | |
die israelische Befreiungsaktion, bei der am Samstag im Flüchtlingslager | |
Nuseirat im Gazastreifen [2][vier Geiseln gerettet] werden konnten, ihm | |
geholfen haben – zumindest in Israel. | |
International wird die hohe Zahl palästinensischer Opfer kritisiert, die | |
nach palästinensischen Angaben 274 Tote beträgt. Das UN-Menschenrechtsbüro | |
erklärte am Dienstag, man erkenne Hinweise auf mögliche Kriegsverbrechen | |
durch israelische Streitkräfte und bewaffnete Palästinensergruppen bei dem | |
Einsatz. | |
Offen ist auch die Frage, was ein potentieller Deal für die immer weiter | |
eskalierende Situation zwischen Israel und der libanesischen Schiitenmiliz | |
Hisbollah bedeutet. In Israel gilt [3][ein bevorstehender Krieg mit der | |
Hisbollah] eigentlich als ausgemachte Sache. | |
## Die Frage ist „wann“, nicht „ob“ | |
Die Frage, so heißt es auf den israelischen Straßen, sei nicht, „ob“ es zu | |
einem Krieg komme, sondern „wann“. Das israelische Militär sei „auf einen | |
umfassenden Krieg mit den Hisbollah-Terroristen an der Nordgrenze des | |
jüdischen Staates zum Libanon vorbereitet“, bekräftigte ein Armeekommandeur | |
am Sonntag erneut. | |
Seit Kriegsbeginn beschießt die Hisbollah immer wieder den Norden Israels; | |
Israel führt im Gegenzug Schläge gegen mutmaßliche Hisbollah-Ziele im | |
Libanon aus. Auf beiden Seiten der Grenze sind Zehntausende von Zivilisten | |
seit Monaten evakuiert. Doch selbst wenn die Hisbollah ihren Beschuss | |
Israels mit einem Waffenstillstand in Gaza einstellen sollte, bliebe aus | |
israelischer Perspektive das Problem der Präsenz der Hisbollah an der | |
Grenze bestehen, die spätestens seit dem 7. Oktober für viele eine nicht | |
hinnehmbare Bedrohung darstellt. | |
11 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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