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# taz.de -- Hamburgs neue Enagementkarte: Peanuts für die Engagierten
> Hamburg will freiwilliges Engagement würdigen. Aber viel mehr als Rabatt
> auf Tanzkurse und Axtwerfen bietet die neue Engagementkarte nicht.
Bild: Ohne die Ehrenamtlichen sähe es nicht nur bei der Leseförderung mau aus
Hamburg hat eine Engagement-Karte entwickelt, die freiwilligen Einsatz
würdigen und fördern soll. Das ist schön. Wer nachweisen kann, ein Jahr
lang mindestens 100 Stunden ehrenamtlich tätig gewesen zu sein, kann die
sogenannte Engagement-Karte bekommen. Schade nur, dass daraus eine magere
Variante der Budni-Aldi-Ikea-wasauchimmer-Rabattkarte geworden ist. Eine
kostenlose Werbeplattform für ein paar Hamburgische Unternehmen.
Damit ist Hamburg auf dem Stand, [1][den Berlin seit 14 Jahren hat], wenn
auch mit interessanteren Angeboten. In Hamburg hat sich keines der großen
Museen oder Theater bequemt, aber das ist Kleingedrucktes. Das
Großgedruckte ist, dass sich hier eins zu eins spiegelt, was in
Sonntagsreden und Meinungsumfragen beklagt wird: die mangelnde
Wertschätzung fürs Ehrenamt.
Warum fällt Hamburg nicht mehr ein, als die Nachfrage für Tanzschulen und
Gondel-Unternehmen anzukurbeln? Warum nicht da gucken, wo es für mehr Leute
interessant und für die Stadt kostenpflichtig wird? Ein günstigeres, oder
Gott bewahre, ein kostenloses HVV-Ticket? Kostenlose Mitgliedschaft in der
Bücherhalle? Schweigen im städtischen Wald.
Und das ist der Stand nach ganzen zehn Jahren Beschäftigung mit einer
Engagementstrategie in Hamburg. Es scheint, dass einige Kraft darein
geflossen ist, eine sprachliche Alternative zum Ehrenamt zu finden. Danach
blieb wenig, um gedanklich auf mehr als 20 Prozent Nachlass im Escaperoom
zu kommen.
## Allgemeine Phantasielosigkeit
Das ist bemerkenswert in einer Zeit, [2][in der Ehrenamtliche Tätigkeiten
übernehmen, die theoretisch ein Plus zu den staatlichen Kernaufgaben sind
und praktisch essentiell]: als Mentor:innen an den Schulen, als
Menschen, die Säuglinge in der Klinik auf den Arm nehmen, um ihnen
Körperkontakt zu geben, als Helfer:innen im Katastrophenschutz.
Es scheint, dass auch die anderen Bundesländer keine besseren Konzepte
haben. Aber muss dies das Ende der Fahnenstange sein? Wie wäre es etwa,
einen Blick auf die Stellschraube Zeit zu werfen? Derzeit bekommen nur
Ehrenamtliche in der Jugendarbeit und im Katastrophenschutz Sonderurlaub.
Alle, die sich in anderen Bereichen engagieren, müssen hoffen, dass ihr
Arbeitgeber social days oder corporate volunteering fancy findet.
Die Stadt will Engagement von Hamburger Unternehmen und deren
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fördern, so steht es in der [3][Hamburger
Engagementstrategie]. Und wie? „Neben der Umsetzung vielfältiger
Engagementformen in der Arbeitszeit spielen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von
Beruf und Engagement eine immer stärkere Rolle“, heißt es gleichermaßen
schön und vage. Wenn hier stattdessen eine Gesetzesinitiative stünde, die
vielfältige Formen von Ehrenamt mit Zeitausgleich honoriert, wäre
tatsächlich mehr gewonnen als der Rabatt beim Axtwerfen.
Auch egal, könnte man sagen, dass die Stadt hier die
Corona-Pflegekräfte-Applaus-Strategie verfolgt. Schließlich vermissen in
den Umfragen vor allem diejenigen Anerkennung für Freiwillige, die sich
selbst nicht engagieren. Den Engagierten scheint die intrinsische
Motivation zu genügen – mehr ist ja auch nicht im Angebot für sie. Und
natürlich kann man sich darauf verlassen. Aber dann sollte man Peanuts
nicht Förderung nennen.
7 Jun 2024
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/buergeraktiv/anerkennung/ehrenamtskarte/
[2] /Beratungsstellen-in-Schleswig-Holstein/!5990873
[3] https://www.hamburg.de/engagementstrategie/
## AUTOREN
Friederike Gräff
## TAGS
Ehrenamt
Sozialbehörde Hamburg
Soziales Engagement
Social-Auswahl
Minderjährige Geflüchtete
Frauenhaus
Schwerpunkt Stadtland
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