# taz.de -- Verbot von Klima-Demo auf Autobahn: Kein gleiches Recht für alle | |
> Klimaschützer:innen dürfen nicht auf einer Autobahn-Auffahrt | |
> demonstrieren, Landwirt:innen aber schon. Ginge dann eine Klima-Demo | |
> mit Trecker? | |
Bild: Hier gilt die Versammlungsfreiheit: Landwirt:innen blockieren am 10. Janu… | |
Zum Ausklang eines Frühjahrs, in dem jeder Monat neue Wärmerekorde brachte, | |
stehen an diesem Wochenende [1][an vielen Orten Klimaproteste] an. Auch in | |
Schleswig-Holstein wollten [2][Aktivist:innen für Umweltschutz] und | |
Verkehrswende demonstrieren. Sinnvollerweise dort, wo sie von Menschen mit | |
Autos gesehen werden – auf oder an Autobahnen. Pech gehabt: Daraus wird | |
nichts. | |
Die Kieler „Turboklimakampfgruppe“ (TKKG) hatte eine Blockade der Auffahrt | |
auf die A215 angemeldet. Das Bündnis „A20 -Nie!“, dem Umweltgruppen wie | |
BUND und Nabu sowie [3][Verkehrsklubs wie ADFC und VCD] angehören, plante | |
auf der A20 eine Fahrradfahrt gegen den Weiterbau der Autobahn. Gegen beide | |
Demos legte das Ordnungsamt des Kreises Steinburg sein Veto ein, teilten | |
die Initiator:innen mit: Der ungestörte Verkehrsfluss gehe vor. | |
Aber klar: So eine Autobahn zu blockieren, geht natürlich gar nicht. Denn | |
irgendwelche Menschen müssen bestimmt ganz dringend irgendwohin. Sollen die | |
etwa eine der vielen Straßen jenseits von Autobahnen oder gar die Bahn | |
benutzen? Wer mag da auf so altmodische Grundrechte wie | |
Demonstrationsfreiheit pochen? | |
Na, [4][die Bauernverbände. Während der Demos] im Frühjahr – zur | |
Erinnerung, es ging um Proteste gegen die Reduzierung von | |
Diesel-Subventionen – wollten Landwirt:innen am 8. Januar mit Traktoren | |
ganztägig Ausfahrten der A11 und der A20 blockieren. Die Polizei hatte | |
Bedenken, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gab den Bauern | |
recht: Die Versammlungsfreiheit habe höhere Bedeutung als vermutete | |
Gefahren oder die Behinderung des Verkehrsflusses. | |
## Aktivist:innen unterliegen vor Gericht | |
Im Fall der Klimaproteste zählt das offenbar wenig. Das Amt in der | |
Kreisstadt Itzehoe berechnete, dass die Autobahn für die Aktion des | |
Bündnisses „A20-Nie!“ sieben Stunden gesperrt werden müsse – das sei | |
unverhältnismäßig. Zwar dauerte die Trecker-Sperrung im Januar ebenso | |
lange, zudem verwiesen die Initiator:innen auf vergleichbare Demos, bei | |
denen der Verkehr maximal eine Stunde ruhte. Doch es half nichts. | |
Für die Turboklimakampfgruppe gab es immerhin eine Alternative: Sie hätten | |
eine grüne Wiese neben der Autobahn blockieren dürfen. Statt dieses | |
großzügige Angebot anzunehmen, sind die Aktivist:innen vors Schleswiger | |
Verwaltungsgericht: „Die Auffahrt steht im direkten Zusammenhang mit | |
unserer Kritik an Autobahnen. Auf der Wiese wäre unser Protest praktisch | |
unsichtbar“, sagte eine Sprecherin. Doch noch am Freitag wies das Gericht | |
die Klage ab, das Oberverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung. | |
Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Die Aktivist:innen müssen | |
[5][zur nächsten Demo für Klimaschutz] bloß ein paar Trecker und SUVs | |
mitbringen. Gegen das verbriefte Menschenrecht, einen Verbrennungsmotor | |
knattern zu lassen, dürfte keine Behörde einen Einwand haben, und schon ist | |
die Autobahn frei für die gute Sache. | |
Transparenzhinweis: Wir haben den Text um die Entscheidung der Gerichte | |
aktualisiert. | |
31 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Podcast-klima-update/!6012653 | |
[2] /Anklage-gegen-Letzte-Generation/!6009112 | |
[3] https://www.adfc.de/ | |
[4] https://www.berlin.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/pressemitteilu… | |
[5] /Hungerstreik-in-Berlin/!6009262 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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