# taz.de -- Streit um Windkraftanlagen bei Lüneburg: Windkraft stört Waldesruh | |
> In den Wäldern bei Lüneburg sollen Windkraftanlagen errichtet werden. Die | |
> Umweltverbände sind dagegen. Stadt und Landkreis mangelt es an | |
> Alternativen. | |
Bild: Bringen viele auf die Palme: Windkraftanlagen im Wald, hier bei Freiburg | |
HAMBURG taz | Die Umweltverbände Nabu und BUND wollen verhindern, dass in | |
den Wäldern des Landkreises Lüneburg Windkraftanlagen errichtet werden. Das | |
größte Projekt sieht bis zu 100 Windräder auf 1.000 Hektar im Wald bei | |
Bleckede und Breetze im Wendland vor. | |
Der BUND befürwortet zwar grundsätzlich den Ausbau von [1][Windenergie als | |
wichtigen Schritt der Energiewende]. „Der Ausbau muss jedoch | |
naturverträglich im Einklang mit Arten- und Biodiversitätsschutz erfolgen“, | |
heißt es in einer Presseerklärung. Der Wald sei zu wichtig und zu fragil, | |
um ihn der Windkraft zu opfern, sagt Bernhard Stilke vom | |
BUND-Regionalverband Elbe-Heide. | |
Akut ist das Thema, weil sich der Raumordnungsausschuss des Kreises am 5. | |
Juni damit befassen wird, wo künftig Windkraftanlagen möglich sein sollen. | |
Besonders umstritten sind drei Projekte in Wäldern, darunter das mit den | |
100 Windrädern bei Breetze und eines in Deutsch Evern. Am vergangenen | |
Sonnabend haben mehrere Hundert Menschen in Lüneburg gegen die Projekte | |
demonstriert. | |
Am kommenden Sonntag soll um elf Uhr am Friedhof in Breetze ein | |
Waldspaziergang zur Windkraft starten. Zweck des Spazierganges sei es zu | |
zeigen, wie das aussehen würde, wenn Schneisen geschlagen und Lichtungen | |
gerodet würden, um Windkraftanlagen herbeizutransportieren, aufzustellen | |
und die Kabeltrassen dafür zu legen, sagt Stilke. Die Fahrzeuge würden den | |
Boden verdichten, der Wald würde zerschnitten und geöffnet, sodass er | |
auszutrocknen drohe. „Das ist in lang anhaltenden Trockenphasen fatal und | |
führt zu großflächigen Waldschäden“, warnten Nabu und BUND bereits im Mä… | |
„Wir halten den Eingriff in gesunde Wälder für nicht akzeptabel, weil sie | |
vielfältige Funktionen erfüllen“, sagt Stilke. Sie speicherten Kohlenstoff | |
und Wasser, erzeugten Sauerstoff und seien ein Hort der Artenvielfalt. | |
[2][Bevor Windkraft in einem Wald erlaubt werde], sei daher eine | |
gründliche, hoch aufgeschlüsselte Bestandsaufnahme zu machen. | |
„Sie müssen sich die Wälder ansehen“, sagt der BUND-Mann. Selbst für ihn | |
ergebe sich dabei so manche Überraschung. So flögen Fledermäuse entgegen | |
gängiger Annahmen eben nicht nur am Waldrand entlang, sondern auch über die | |
Wipfel, wo sie Windkraftanlagen zum Opfer fallen könnten. | |
Selbst ein auf den ersten Blick öde wirkender Fichtenwald ist aus Stilkes | |
Sicht zu wertvoll, um ihn zu durchlöchern, wenn er gesund ist. [3][Das | |
gelte etwa für den Wald in Deutsch Evern mit seinem geringen | |
Stickstoffeintrag]. Ohne die vom Menschen verursachte Überdüngung gediehen | |
die Bäume besser und auch die mit ihnen in Symbiose lebenden Pilze. | |
Außerdem bekämen die ursprünglichen Pflanzen auf dem Waldboden wieder eine | |
Chance. Dem gegenüber stehe als einziges Argument die CO2-Einsparung, sagt | |
Stilke. | |
Dieses Argument wiegt allerdings schwer, denn auch die Folgen der | |
Klimakrise bedrohen die biologische Vielfalt. Und die reine CO2-Einsparung | |
kann sich [4][nach Angaben des Umweltbundesamtes] sehen lassen. Ein halber | |
Hektar Wald nimmt demnach 2,75 Tonnen CO2 pro Jahr auf. Eine | |
Windenergieanlage vermeide demgegenüber 4.200 Tonnen pro Jahr. | |
Den Flächenverbrauch hält das Umweltbundesamt für überschaubar. Für den | |
Betrieb einer Windkraftanlage müsse dauerhaft ein halber Hektar gerodet | |
werden, von denen man 0,05 Hektar für das Fundament versiegeln müsse. Dazu | |
kämen 0,4 Hektar, die während des Baus gerodet werden müssten und wieder | |
aufgeforstet werden könnten. | |
Stadt und Landkreis Lüneburg sehen sich im Sinne der Energiewende in die | |
Pflicht genommen. Das Land Niedersachsen hat mit der Bundesregierung | |
vereinbart, 2,2 Prozent der Landesfläche bis 2032 für den Bau von | |
Windrädern zur Verfügung zu stellen. Der dünn besiedelte Landkreis Lüneburg | |
muss vier Prozent stemmen. Während der Wald in ganz Niedersachsen nur 25 | |
Prozent der Landesfläche bedeckt, sind es im Landkreis Lüneburg 33 Prozent, | |
was dem Bundesdurchschnitt entspricht. | |
Die vier Prozent auf Kreisebene seien „[5][ohne Windenergie im Wald nicht | |
ansatzweise zu erfüllen] bzw. nur auf Kosten erheblich höherer Belastungen | |
der Ortslagen“, teilt die Stadt Lüneburg mit. Flächen mit ausreichend | |
Abstand zur Wohnbebauung zu finden, sei eine Herausforderung. Zwei | |
Alternativflächen habe der Kreis abgelehnt, über eine weitere solle die A39 | |
gebaut werden. | |
28 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Wirtschaft-fordert-Windkraft-Ausbau/!5835516 | |
[2] /Streit-um-Waldnutzung/!5829660 | |
[3] https://www.bund-elbe-heide.de/stellungnahmen/aus-stadt-und-landkreis-luene… | |
[4] https://stories.umweltbundesamt.de/system/files/document/20210527_Themenkom… | |
[5] /Waldschutz-versus-Windkraft/!5998969 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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