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# taz.de -- Angriff auf slowakischen Premier: Ficos Zustand „weiterhin ernst�…
> Slowakische Medien berichten, der Premier habe nach der OP wieder das
> Bewusstsein erlangt. Es gibt Hinweise auf ein politisches Motiv des
> Attentats.
Bild: Sicherheitskräfte von Robert Fico nach der Schießerei. Im Auto soll sic…
Berlin taz/dpa/afp | Der Zustand des slowakischen Ministerpräsidenten
Robert Fico hat sich nach dem Attentat „stabilisiert, ist aber weiterhin
ernst“. Das sagte Ficos erster Stellvertreter in der Regierung,
Verteidigungsminister Robert Kalinak, am Donnerstag der Nachrichtenagentur
TASR. Eine Krankenhaussprecherin teilte mit, Fico sei fünf Stunden lang
operiert worden.
Wegen einer Informationssperre des Krankenhauses gab es nur zögerliche
Informationen und viele Spekulationen über den Gesundheitszustand des
Regierungschefs. Ein Attentäter hatte am Mittwoch auf den 59-Jährige
geschossen. Kalinak gilt als enger Vertrauter Ficos und ist auch in der
Linkspartei Smer sein Stellvertreter.
Bis Donnerstagmorgen herrschte Ungewissheit über den Gesundheitszustand
Ficos, der sich noch am Mittwoch einer mehrstündigen Notoperation in der
Regionalhauptstadt Banska Bystrica unterziehen musste. Innenminister Matus
Sutaj Estok und Verteidigungsminister Robert Kalinak, der auch
stellvertretender Regierungschef ist, hatten am Mittwochabend direkt in der
Klinik verkündet, Ficos Zustand sei lebensbedrohlich und „außerordentlich
ernst“. Am frühen Morgen berichteten slowakische Medien, Fico habe nach der
Operation wieder das Bewusstsein erlangt. Allerdings nannten weder der
Fernsehsender TA3 noch die Zeitung Dennik Details zum Gesundheitszustand
des Regierungschefs.
Der Angriff auf den slowakischen Premier löste auch international
Bestürzung aus. Bundeskanzler Olaf Scholz nannte das Attentat
„unerträglich“. „Ich wünsche ihm, dass er sich gut von diesem feigen
Anschlag erholt“, sagte Scholz. US-Präsident Joe Biden sprach von einer
„schrecklichen Gewalttat“. „Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und d…
slowakischen Volk“, erklärte er.
Der slowakische Regierungschef wurde am Mittwoch bei einer öffentlichen
Veranstaltung angeschossen. Er habe sich mit Regierungsvertretern bei einer
Kabinettssitzung in Handlová in der Zentralslowakei, etwa 180 Kilometer von
der Hauptstadt Bratislava entfernt, befunden, berichten mehrere slowakische
Medien übereinstimmend.
Laut der Boulevardzeitung plus7dni war der 59-jährige Premier nach der
Sitzung zum Händeschütteln an die Zuschauenden an einem Absperrzaun
herangetreten. Jemand soll ihn bei seinem Spitznamen „Robo, komm hierher“
gerufen haben, woraufhin fünf Schüsse gefallen seien. Es ist nicht
bestätigt, wie viele davon den Premierminister getroffen haben. Laut
Berichten der Investigativzeitung Denník N soll Fico ein Schuss in den
Bauchbereich getroffen haben, andere in seine Arm- und Beinregion.
## Mutmaßlicher Täter ist ein 71-jähriger Schriftsteller
Ein Reporter von Denník N hat sich bei der Kabinettssitzung vor Ort
befunden, [1][ein Foto zeigt den Premierminister kurz vor dem Angriff] vor
der Menge. [2][In Videoaufnahmen des Fernsehsenders RTV Prievidza ist zu
sehen, wie der Premierminister nach den Schüssen auf dem Boden liegt].
Mehrere Medien berichten, dass ihn seine Sicherheitskräfte in seine
Limousine und damit ins Krankenhaus gebracht hätten.
Im Laufe des Mittwochabends wurden Details zur Identität des mutmaßlichen
Attentäters bekannt. Auf die Frage, ob es sich um einen 71-jährigen
Schriftsteller aus dem Zentrum der Slowakei handle, sagte Innenminister
Estok: „Ich denke, ich kann das bestätigen, ja.“ Der Mann soll
Medienberichten zufolge aus der Stadt Levice rund 150 Kilometer östlich von
Bratislava kommen und Gründer eines Literaturclubs sein. Demnach ist er
zudem Mitglied der offiziellen slowakischen Schriftstellervereinigung, was
diese später im Onlinedienst Facebook bestätigte. Sollte bestätigt werden,
dass es sich um den mutmaßlichen Attentäter handelt, werde die
Mitgliedschaft „dieser abscheulichen Person“ aufgekündigt.
Der Sohn des Mannes erklärte gegenüber dem slowakischen Nachrichtenportal
aktuality.sk, sein Vater besitze legal eine Waffe. Auf die Frage, ob sein
Vater Hass auf Regierungschef Fico verspüre, antwortete er: „Er hat ihn
nicht gewählt, mehr kann ich dazu nicht sagen.“ Der Mann veröffentlichte
mehrere politische Statements in Online-Netzwerken. Vor acht Jahren sagte
er in einem davon, die Welt sei „voller Gewalt und Waffen“ und die Menschen
schienen „verrückt zu werden“. Zudem sprach er über seine Sorgen über
Immigration und „Hass und Extremismus“. Er selbst habe eine „Bewegung geg…
Gewalt“ gegründet.
## Weltweites Entsetzen
„Ich bin schockiert und wünsche Robert Fico viel Kraft“, verurteilte Zuzana
Čaputová, Präsidentin der Slowakei, die Attacke. Weltweit herrschte
Entsetzen nach dem Angriff. UN-Generalsekretär António Guterres sprach von
einem schockierenden Angriff. „Die Gedanken des Generalsekretärs sind in
diesem schwierigen Moment beim Ministerpräsidenten und seinen Angehörigen“,
sagte ein Sprecher am Mittwoch in New York.
Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) zeigte sich zum Auftakt einer Rede
im Bundestag am Mittwoch betroffen. Er wünschte Robert Fico „gute
Besserung“ und mahnte zur verbalen Abrüstung. Diejenigen, die sich dem
demokratischen Spektrum zugehörig fühlen, sollten ihre Worte „sorgsam
wägen“. Vor allem mit Blick auf die AfD warnte Habeck, „dass aus Worten
Taten folgen und dass diese Taten dann meistens eine geistige Vorbereitung
haben“. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte die Schüsse
auf den slowakischen Regierungschef „abscheulich“. Ihre Gedanken seien bei
Fico und seiner Familie.
Fico hatte mit seiner prorussischen und populistischen Partei Smer die
Parlamentswahlen im vergangenen September gewonnen. Nach seinem Rücktritt
2018 kehrte er damit zurück an die Macht. Er hatte sich mit seinem
antidemokratischen Kurs in den vergangenen Monaten Ungarn angenähert.
[3][Er hatte etwa in einem Eilverfahren eine Justizreform durchgebracht],
die Gefängnisstrafen verkürzen soll. Kritiker*innen befürchten, dass
dadurch auch Strafen gegen hohe Staatsbeamte wegen Korruption verringert
werden könnten. Gegen seine Politik hatten in den vergangenen Monaten immer
wieder Menschen in der ganzen Slowakei protestiert.
## Fico in EU wegen Ukraine-Politik umstritten
Ficos neuster Vorstoß [4][gegen die freie Presse im Land] war die
Ankündigung, dass er den öffentlich-rechtlichen TV- und Radiosender RTVS
schließen wolle. Gegen die Schließung sollte am Mittwoch ein Protest in
Bratislava stattfinden. Wegen des Angriffs auf Fico hatten sich die
Oppositionsparteien jedoch entschieden, die Kundgebung abzusagen. In
Bratislava hatte gleichzeitig ein Parlamentstreffen stattgefunden, das nach
Bekanntwerden der Schüsse auf den Premierminister unterbrochen wurde.
In Europa ist Fico wegen seiner oft überspitzten Formulierungen zur
Ukraine- und Russland-Politik der EU umstritten. Im Wahlkampf für die
Parlamentswahl im Herbst 2023 ließ er mit der Ankündigung aufhorchen, er
wolle „keine Patrone“ mehr an Waffen an die Ukraine liefern. Tatsächlich
aber hat die Slowakei seit Ficos Rückkehr an die Regierung im Oktober alle
EU-Sanktionen gegen Russland mitgetragen und auch allen EU-Hilfen für die
Ukraine zugestimmt – einschließlich der Verwendung eingefrorener russischer
Gelder für die Ukraine und Befürwortung eines Beitritts der Ukraine zur EU
– nicht aber zur Nato.
Die Sanktionen gegen Russland lehnt Fico entgegen irreführender
Medienberichte nicht grundsätzlich ab. Er kritisiert aber, dass manche von
ihnen der von russischem Gas, Öl und Uran abhängigen Slowakei mehr schaden
als Russland selbst. Stattdessen verlangt er Sanktionen, die Russland
empfindlicher treffen.
15 May 2024
## LINKS
[1] https://www.startitup.sk/video-atentat-na-premiera-slovenska-roberta-fica-z…
[2] https://youtu.be/87p40FPnqTM?si=apbFvH9buuO655-T
[3] /Umstrittene-Justizreform-in-der-Slowakei/!5991362
[4] /Pressefreiheit-in-der-Slowakei/!5990442
## AUTOREN
Ann-Kathrin Leclere
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