| # taz.de -- Nach dem Attentat auf Premier Fico: Slowakei in kritischem Zustand | |
| > Nach den Schüssen auf Robert Fico gibt es versöhnliche Töne. Doch manche | |
| > fürchten, dass die Regierung nun noch härter gegen ihre Gegner vorgehen | |
| > könnte. | |
| Bild: Das Gebäude des F. D. Roosevelt Universitätskrankenhauses spiegelt sich… | |
| WIEN taz | [1][Knapp eine Woche nach dem Attentat auf ihn] befindet sich | |
| Robert Fico zwar mittlerweile außer Lebensgefahr. Allerdings sei sein | |
| Gesundheitszustand weiterhin ernst, sagte sein Stellvertreter Robert | |
| Kalinak am Sonntag vor dem Krankenhaus in Banska Bystrica, in dem Fico | |
| behandelt wird. Eine Verlegung in eine Klinik in der Hauptstadt Bratislava | |
| könne deshalb noch nicht erwogen werden. | |
| Der slowakische Premier wurde am Mittwoch in der Zentralslowakei durch | |
| mehrere Pistolenschüsse schwer verletzt. Der 71-jährige Schütze erklärte, | |
| aus politischen Gründen gehandelt zu haben. Er wollte gegen die | |
| Regierungspläne zur Schließung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks RTVS | |
| protestieren. Innenminister Matus Sutaj Estok erklärte am Sonntag vor | |
| Journalisten in Bratislava: „Wir haben ein Ermittlerteam zusammengestellt, | |
| das auch mit der Version arbeiten wird, dass es sich nicht um einen | |
| einsamen Wolf handelte.“ Eins der Indizien dafür sei, dass Inhalte auf der | |
| Facebook-Seite des Täters zu dem Zeitpunkt gelöscht worden seien, als | |
| dieser in den Händen der Polizei war. Er habe in diesem Augenblick selbst | |
| keinen Zugang zu der Seite gehabt. | |
| Die meisten Politiker riefen nach dem Attentat zu Zusammenhalt und | |
| Einigkeit auf, während einige jedoch weiter Öl ins Feuer gossen. Andrej | |
| Danko, stellvertretender Parlamentspräsident und Vorsitzender der | |
| rechtsextremen Nationalpartei SNS, schwor Rache. In einer Pressekonferenz | |
| nach dem Attentat bezeichnete er einige Journalisten als „widerliche | |
| Schweine“ und erklärte, der Angriff auf Fico sei der Beginn eines | |
| „politischen Kriegs“. | |
| Dabei ist es vor allem Fico selbst, der die Spaltung im Land befeuert | |
| [2][und vielfach Medien und Zivilgesellschaft attackiert hat]. Nach seinem | |
| Wahlerfolg letzten Herbst verkündete er, die „Herrschaft der NGOs über | |
| unser Land“ beenden zu wollen. Er machte mehrfach deutlich, dass er Orbáns | |
| Medienpolitik als Vorbild sieht – einschließlich der Zerstörung des | |
| unabhängigen RTVS. | |
| Seit März protestieren Tausende in Bratislava, Košice und anderen Städten | |
| gegen diese Pläne. Nach jüngsten Unterbrechungen dürften die Proteste bald | |
| wieder fortgesetzt werden. Der Ball liegt nun im Parlament, wo die | |
| Regierungsmehrheit für die „Rundfunkreform“ jedoch gesetzt ist. | |
| Doch es gibt auch viele mäßigende Stimmen zwischen den Aufwieglern. | |
| Symbolisch wichtig war der Auftritt [3][von Noch-Präsidentin Zuzana | |
| Čaputová] und ihrem [4][Nachfolger Peter Pellegrini, der als regierungsnah | |
| gilt]. Sie beschworen Einigkeit und schlugen ein gemeinsames Treffen aller | |
| Parlamentsparteien vor. Ficos Partei Smer und die mit ihr regierende | |
| ultrarechte SNS verwehrten aber bisher ihre Zustimmung. „Einige Politiker | |
| dieser Parteien verbreiten seit Jahren systematisch Hass und Angst. Sie | |
| müssten ihre Art zu kommunizieren oder gar zu denken ändern. Das fällt | |
| ihnen schwer“, sagt Radoslav Štefančík, Politikwissenschaftler an der | |
| Wirtschaftsuniversität Bratislava. | |
| ## Ohne Fico ist seine Partei nichts | |
| Für die Regierung hängt viel davon ab, ob und wann Fico auf die politische | |
| Bühne zurückkehren kann. Falls er sich rasch erholt, wird seine Haltung von | |
| größter Bedeutung sein. „Fico könnte diese Situation nutzen, um seine Macht | |
| zu stärken und die Grundsätze der liberalen Demokratie weiter | |
| einzuschränken“, sagt Stefancik. | |
| Ohne Fico ist seine Partei nichts, betont Peter Hanák, Politikjournalist | |
| bei der größten slowakischen Nachrichtenseite Aktuality.Sk. Dies zeigte | |
| sich bereits, als Fico in der Vergangenheit seinen Rücktritt ankündigte, | |
| dann aber wieder zurückzog. „Seine Mitstreiter brauchen ihn, das hat auch | |
| Fico gemerkt“, sagt Hanák. | |
| Langfristig könnte jedoch Ficos Koalition – aus Smer, SNS und der | |
| sozialdemokratischen Hlas – auf wackeligen Beinen stehen. Schon jetzt hat | |
| sie nur 79 Sitze, das Oppositionslager gerade mal fünf weniger. Genau aus | |
| diesem Grund wollte er alles schnell durchsetzen, von der Einfärbung der | |
| Strafverfolgungsbehörde bis hin zur Beschneidung der freien Medien“, sagt | |
| Hanák. Das habe viele Menschen wütend gemacht. | |
| Zudem gibt es ungeklärte Machtfragen innerhalb der Regierung, etwa rund um | |
| den Parlamentsvorsitzenden, dessen Position durch Pellegrinis Wechsel ins | |
| Präsidentenamt frei wird. Andrej Danko hat Ambitionen auf diesen Posten. | |
| Innerhalb der Regierung gibt es darüber aber keine Einigkeit. | |
| Unabhängig von einer baldigen Rückkehr Ficos bleiben nur zwei | |
| Möglichkeiten: Entweder setzen sich die moderaten Stimmen durch und es | |
| kommt zu einer Annäherung und mehr Kompromissfindung in der Politik. Oder | |
| aber – und das schätzen die befragten Experten als wahrscheinlicher ein – | |
| die Regierung nutzt das Attentat, um noch härter gegen ihre Kritiker | |
| vorzugehen. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits. Durch ein mitleids- oder | |
| mobilisierungsbedingt gutes Abschneiden bei der EU-Wahl könnte sich Ficos | |
| Smer sogar noch bestärkt fühlen. | |
| 19 May 2024 | |
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| Florian Bayer | |
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