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# taz.de -- Anklage gegen Letzte Generation: Klimabewegung solidarisiert sich
> Mitglieder der Letzten Generation sind wegen Bildung einer kriminellen
> Vereinigung angeklagt. Aktivist*innen sehen Kriminalisierung.
Bild: Luftballons, um den Flugverkehr in Berlin zu stören: Die Polizei bei ein…
Berlin taz | Die Staatsanwaltschaft Neuruppin erhebt Anklage gegen fünf
Mitglieder der Klimaschutzgruppe Letzte Generation. Der am schwersten
wiegende Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung. Auch die Störung
öffentlicher Betriebe, Nötigung, Sachbeschädigung und weitere
Straftatbestände stehen im Raum.
Im Dezember 2022 hatten die brandenburgischen Staatsanwält*innen
[1][Razzien in Wohnungen der Aktivist*innen angeordnet], am Dienstag
[2][teilten sie ihren Beschluss mit].
Eine kriminelle Vereinigung nach Strafgesetzbuch ist nicht einfach jegliche
Gruppe von Menschen, die in irgendeiner Hinsicht rechtswidrig handeln. Dass
sie dies tut, bestreitet die Letzte Generation gar nicht, sondern nutzt es
ganz offen als Mittel zum Zweck: dem Klimaprotest.
Das gilt für die Straßenblockaden, mit denen sie bekannt geworden ist, aber
auch für die Aktionen, um die es der Neuruppiner Staatsanwaltsschaft geht.
Dazu gehören etwa die Störung des Betriebs der Ölraffinerie PCK Schwedt
sowie der Wurf von Kartoffelbrei auf das Schutzglas vor einem Gemälde im
Potsdamer Museum Barberini.
## Gefängnisstrafen sind bei Urteil möglich
Eine kriminelle Vereinigung hat die Rechtsprechung bisher als Gruppe
verstanden, von der eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit
ausgeht. Der Tatbestand ist nur erfüllt, wenn das Begehen von Straftaten
für die Vereinigung nicht nur von untergeordneter Bedeutung gegenüber
anderen Zwecken ist.
Entsprechend hoch ist das Strafmaß, wenn es zu einer Verurteilung kommt:
Für die Gründung und die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung
kann man bis zu fünf Jahre ins Gefängnis gehen. Selbst für die
Unterstützung können es immer noch drei Jahre sein.
Der Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs, in dem der Umgang mit kriminellen
Vereinigungen geregelt ist, wird mitunter als „Schnüffelparagraf“
bezeichnet. Der Grund: Der Verdacht ermöglicht polizeiliche Ermittlungen
ohne Wissen der Betroffenen.
Die entsprechenden Mitglieder der Letzten Generation äußerten sich
erschüttert. „Mir ist das Blut in den Adern gefroren, als mein Anwalt mich
eben über die Anklage informiert hat“, sagte Klimaaktivist Henning Jeschke.
Die Anklage mache ihn „wütend, aber auch kampfeslustig“, weil nun vor
Gericht verhandelt werden würde, „wer wichtiger ist, die Menschen oder das
Öl“.
In Berlin war die Senatsjustizverwaltung nach einer Überprüfung 2023 zu dem
Ergebnis gekommen, dass die Letzte Generation nicht als kriminelle
Vereinigung eingestuft wird. Die Generalstaatsanwaltschaft München
[3][ermittelt noch gegen fünf der Klimaaktivist*innen].
## Andere Klimaaktivist*innen unterstützen
Etliche Vertreter*innen anderer Gruppen stellen sich hinter die
Angeklagten. „Kriminell ist nicht, wer mit friedlichen Mitteln probiert,
die Klimakrise aufzuhalten – kriminell ist der, der sie vorantreibt“, sagte
Luisa Neubauer von [4][Fridays for Future] der taz. Man muss die Aktionen
der Letzten Generation überhaupt nicht gut finden, um sich in diesem
Augenblick zu fragen, ob nicht etwas gewaltig schiefläuft, wenn
Klimazerstörer für ihre Bilanzen gefeiert werden und Aktivist*innen auf
der Anklagebank sitzen.“
Christoph Bautz, Gründer und Chef der Onlinekampagnen-Organisation Campact,
hält die Anklage für „völlig überzogen und haltlos“. Auch er steht den
Aktionen der Letzten Generation teils kritisch gegenüber. „Wir versuchen
ja, die Leute zusammenzuführen, nicht gegen Klimaschutz aufzubringen“,
sagte er im Gespräch mit der taz. Den Vorwurf der Staatsanwaltschaft
Neuruppin halte er für eine „Kriminalisierung, auch der gesamten
Klimabewegung“. Das sei „hochproblematisch“.
Für Paula Zimmermann [5][von Amnesty International Deutschland] hat „die
Kriminalisierung von Klimaprotest in Deutschland eine neue
Eskalationsstufe“ erreicht, wie sie am Mittwoch in Berlin sagte.
„Absurd“ nannte Kai Niebert, Chef des Deutschen Naturschutzrings, die
Debatte auf Anfrage. „Klar, wer rechtswidrig handelt, muss mit der
entsprechenden Konsequenz rechnen – aber es sollte das richtige Maß haben.“
Die Bundesregierung sei wegen des Verstoßes gegen ihr eigenes
Klimaschutzgesetz verurteilt worden. „Wenn nun radikale Klimaschützer
belangt werden, sollten auch radikale Klimaschutzverweigerer wie Wissing
und Lindner belangt werden“, so der Naturschützer. „Das wäre konsequent.�…
Manon Gerhardt, Sprecherin von [6][Extinction Rebellion] in Deutschland,
sprach auf Nachfrage von einer „unangebrachten Überreaktion“, die „zieml…
bedenklich für unsere Demokratie“ sei. „Friedlicher Protest, der sich für
das Gemeinwohl einsetzt, wird kriminalisiert“, sagte sie. Gleichzeitig habe
sie das Gefühl, dass eine Zunahme rechter Straftaten in der Öffentlichkeit
fast untergehe. „Wir bei Extinction Rebellion sehen das sehr kritisch.“
22 May 2024
## LINKS
[1] /Ermittlungen-gegen-die-Letzte-Generation/!5902589
[2] https://staatsanwaltschaften.brandenburg.de/sta/de/presse/pressemitteilunge…
[3] /Razzia-gegen-Letzte-Generation/!5936687
[4] /Schwerpunkt-Fridays-For-Future/!t5571786
[5] /Bericht-von-Amnesty-International/!5961355
[6] /Extinction-Rebellion/!t5602581
## AUTOREN
Susanne Schwarz
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IG
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