# taz.de -- Solidarität mit Gaza in Irland: Politische Botschaft im Stadion | |
> Anlässlich des 76. Jahrestages der Nakba tritt ein palästinensisches | |
> Frauen-Fussballteam gegen den Dubliner Verein Bohemians FC an. | |
Bild: Am Ende gewinnen die Palästinenserinnen 2:1, den Siegtreffer erzielt Nou… | |
DUBLIN taz | Das sei besser als ein Heimspiel, sagt Deema Said, Trainerin | |
der [1][palästinensischen Fußballnationalmannschaft] der Frauen. „In | |
Palästina dürften wir nicht so viele Flaggen zeigen.“ Nachts hatten | |
Anhänger des Dubliner Fußballvereins Bohemians FC, den Fans liebevoll | |
„Bohs“ nennen, in jeden der 4.390 Sitzplätze im Stadion Dalymount Park eine | |
palästinensische Fahne gesteckt. | |
Am Mittwoch spielten die Palästinenserinnen gegen das Team der | |
Bohemians-Frauen vor ausverkauftem Haus. Es ist das letzte internationale | |
Spiel in dem baufälligen Stadion, dessen Stehplatztribüne von Unkraut | |
überwuchert ist. Früher hat die irische Nationalmannschaft der Männer hier | |
ihre Länderspiele ausgetragen. Nun wird der Dalymount Park abgerissen und | |
durch ein modernes Stadion ersetzt. | |
Die Organisation des Spiels erforderte viel Unterstützung von außen, etwa | |
die unbürokratische Erteilung der Visa für die 35-köpfige palästinensische | |
Delegation, die am Sonntag in Dublin eingetroffen war und vom irischen | |
Präsidenten Michael D. Higgins empfangen wurde. Er war am Mittwoch auch im | |
Stadion. | |
Daniel Lambert, Geschäftsführer der Bohemians, sagt: „Es ist ein Zeichen | |
der Solidarität angesichts der immer hoffnungsloseren Situation in Gaza.“ | |
Die Bohs und der palästinensische Fußballverband hatten das Spiel bereits | |
Monate vor dem 7. Oktober geplant. „Es spricht Bände, dass Israel an | |
Uefa-Wettbewerben teilnehmen darf, während eine palästinensische Mannschaft | |
noch nie in Europa gespielt hat“, so Lambert. | |
## Keine Ahnung vom Fußball | |
Die eingefleischten Bohs-Fans werden von einem Meer von Zuschauern | |
übertönt, von denen viele keine Ahnung vom Fußball haben. Therese aus | |
Dublin, die gerade von einer Deutschlandreise zurück ist, sagt: „In | |
Deutschland wäre das Spiel wegen der verbotenen Sprechchöre lange vor dem | |
Anpfiff abgesagt und das Stadion geräumt worden.“ Ein Zuschauer ruft immer | |
wieder: „From the river to the sea!“, und die Menge antwortet: „Palestine | |
will be free.“ | |
Nicky, eine gut gelaunte 64-Jährige, verkauft an einem Stand am Rand des | |
Spielfelds [2][Palästinensertücher und andere Memorabilia]. „Ich bin halbe | |
Palästinenserin und halbe Irin“, sagt sie. „Ich bin deshalb für beide | |
Teams.“ Nach einer Pause fügt sie hinzu: „Eigentlich schlägt mein Herz ab… | |
für Palästina.“ | |
Nicky arbeitet ebenso wie Anne Stewart für die Ireland Palestine | |
Solidarity Campaign. Die 66-jährige Stewart hat eine deutsche Mutter. Ihre | |
Großmutter und deren Schwester sind im Holocaust ermordet worden, weil sie | |
Jüdinnen waren, ihre Mutter entkam nach Großbritannien. „Wäre sie noch am | |
Leben, so würde sie aufseiten Palästinas stehen“, sagt Stewart. „Das | |
Besondere an diesem Spiel ist, dass es am 76. Jahrestag der Nakba | |
stattfindet, als 750.000 Palästinenser während des arabisch-israelischen | |
Kriegs vertrieben und enteignet wurden.“ | |
Die Torhüterin Charlotte Phillips, die aus Palästina stammt, aber in | |
Kanada lebt, sagt: „Meine Familie wurde zweimal vertrieben, 1948 und dann | |
im Krieg von 1967. Am Nakba-Tag zu spielen ist für mich unglaublich, vor | |
allem, weil meine Großeltern, die damals vertrieben worden waren, angereist | |
sind, um uns spielen zu sehen.“ | |
## Die Liebe gespürt | |
Der Großteil der Spielerinnen musste sich aus dem Westjordanland über | |
Jordanien auf den Weg machen. Andere kamen aus Schweden, Deutschland und | |
den Vereinigten Staaten. Aus dem Gazastreifen waren natürlich keine | |
Spielerinnen im Kader. | |
„Allein die Tatsache, dass wir hier sind, sendet eine starke Botschaft“, | |
sagt Deema Said. „Es war schwierig, alle Spielerinnen zusammenzubringen. | |
Wir hatten keine Gelegenheit, zusammen zu trainieren. Einige unserer | |
Spielerinnen konnten nicht nach Irland kommen. Aber wir haben die Liebe | |
gespürt und werden sie mit nach Palästina nehmen.“ Am Ende gewinnen die | |
Palästinenserinnen 2:1, den Siegtreffer erzielt Nour Youssef von Union | |
Berlin. Aber das Ergebnis spielt höchstens für die Bohs-Fans eine Rolle. | |
17 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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