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# taz.de -- Finale in der Fußball-Bundesliga: Meister, Märchen, Witzfiguren
> Ein nie dagewesener Titelträger, ein Absturz ohne Beispiel und viel Spott
> für den größten Klub des Landes. Die taz-Bilanz einer ungewöhnlichen
> Saison.
Bild: Meisterlich auch neben dem Platz: Leverkusens Trainer Xabi Alonso unter d…
Berlin taz | Kommt er? Kommt er nicht? Will er wirklich? Ist er zu teuer?
Oder ist es dem FC Bayern egal, was er kostet? Angefangen hat die Saison in
der Fußballbundesliga der Männer mit Harry Kane. Am Ende der Saison redet
kaum noch jemand über den englischen Stürmer. Der hat zwar seine
Schuldigkeit getan und vor dem letzten Spieltag schon 36 Tore erzielt. Aber
einen Titel hat er nicht gewonnen. Es gibt nicht wenige, die das lustig
finden. Kane gewinnt nie einen Titel. Auch mit seinem früheren Klub
Tottenham Hotspur ist ihm das nicht gelungen.
Es wird also gelacht über die Münchner. Und das ist vielleicht das
Verrückteste an dieser Saison: Der FC Bayern München ist zur Lachnummer
verkommen. [1][Elf Mal in Serie hatte er die Meisterschaft gewonnen] und
jetzt? Nicht einmal einen neuen Trainer finden sie. Es ist wirklich ein
Witz.
Über den lacht die ganze Fußballrepublik. Und darüber kommt der neue
deutsche Meister fast ein wenig zu kurz. Klar, es sind viele Hymnen
gesungen worden auf die [2][so unfassbar lange ungeschlagene Mannschaft von
Bayer Leverkusen], auf ihre Stabilität, auf ihre Kreativität, auf ihre
Nervenstärke, ihren umtriebigen Superbubi Florian Wirtz und ihren
spanischen [3][Trainer Xabi Alonso].
Der wurde fast wie ein Heiliger besungen, als er entgegen aller Erwartung
meinte, er wolle nicht zum FC Bayern oder zum FC Liverpool gehen, sondern
mit Leverkusen in der nächsten Saison Champions League spielen. Leverkusen!
Was hat diese Stadt, was München nicht hat, mag man sich bei den Bayern
fragen.
## Das Kreuz mit dem Kreuz
Das Bayerkreuz zum Beispiel. Das ermöglicht dem Klub, Spitzenfußball zu
präsentieren, ohne allzu groß ins Risiko gehen zu müssen. Ein Minus gleicht
im Zweifel der Mutterkonzern des Klubs aus, der sich so gerne Werkself
nennt, als würden die Kicker hauptberuflich im Chemiewerk buckeln. Es ist
kein Wunder, dass die Herzen der Fußballfans nicht wirklich aufgehen, wenn
sie an Leverkusen denken. Bayer bleibt der Pillenklub, da kann das Team
noch so schön die Flügel überladen und die Gegner damit überfordern.
Ausgerechnet in der Saison, in der aus Kurven der Protest gegen den
Einstieg von Investoren in die Deutsche Fußball-Liga für Aufsehen gesorgt
hat, wird also ein Klub Meister, bei dem ein Wirtschaftsunternehmen das
Sagen hat. Auch die Bilder der Tennisbälle, die aus den Kurven auf die
Plätze geworfen wurden, um den Spielfluss zu unterbrechen, haben diese
Saison geprägt. Mit ihren Protestaktionen wollten die Fans dagegen
protestieren, dass in der Bundesliga geschieht, was in Leverkusen Alltag
ist – dass in einer Konzernzentrale, an der Spitze eines
Private-Equity-Unternehmens entschieden wird, in welche Richtung sich der
Fußball entwickeln soll.
Dass es bei dem geplanten Investoreneinstieg um den Aufbau einer Plattform
für die internationale Vermarktung von Bundesligaspielen gehen soll, wollte
niemand so recht glauben. Wer soll sich jenseits der deutschen
Fußballgrenzen schon für Spiele zwischen Augsburg und Heidenheim
interessieren? Auch diese Frage stand im Raum. Da konnte noch niemand
wissen, dass die Heidenheimer, die als originelle Einjahresfliege in der
ersten Liga begrüßt worden waren, mit jedem Spieltag mehr Sympathien auf
sich ziehen würden. Bis zum Schluss waren sie sogar in jenem merkwürdigen
Rennen um die Europapokalplätze dabei, für das es in dieser Saison nicht
einmal ein positives Torverhältnis gebraucht hat.
## Köpenicker Krise
Wie schlecht einem Klub, der das nicht gewöhnt ist, eine
Europapokalteilnahme tun kann, das war bei Union Berlin zu beobachten. Die
waren, wie auch immer sie das angestellt haben, in der Champions League
gelandet, haben dort dann einen Punkt geholt und erlebten in der Liga einen
Absturz, wie er eigentlich nur mit jenem des 1. FC Nürnberg vergleichbar
ist, der 1968 Meister wurde und im Folgejahr abgestiegen ist.
Aus dem selbsternannten Kultklub, in dem Jahr für Jahr neue Freudentränen
vergossen wurden, ist ein trauriger Verein geworden, der seinen
langjährigen [4][Trainer Urs Fischer rausgeschmissen], irgendeinen anderen
verpflichtet hat, um zwei Spieltage vor Saisonende festzustellen, dass der
neue Trainer doch nichts taugt.
Man möchte dem VfB Stuttgart wünschen, dass ihm ein solches Schicksal
erspart bleibt. Die Stuttgarter haben jedenfalls die märchenhafteste
Geschichte dieser Saison geschrieben. In der Vorsaison waren sie mit gerade
einmal 33 Punkten in die Relegation gestolpert und haben in dieser Saison
so brillant aufgespielt, dass die Qualifikation zur Champions League die
logische Folge war und es gleich fünf Stuttgarter ins EM-Aufgebot von
Bundestrainer Julian Nagelsmann geschafft haben. Der VfB war neben
Leverkusen auch spielerisch der Hingucker der Saison.
Von [5][Borussia Dortmund], dem Klub, der in der Vorsaison um ein Haar den
Bayern den Titel geklaut hatte, kann man das wahrlich nicht sagen. Bei fast
jedem Spiel musste man sich fragen, wo eigentlich die Spielidee ist. Am 1.
Juni spielt dieser BVB im Finale der Champions League gegen Real Madrid.
Auch das sagt gewiss etwas über die Bundesliga. Bloß was?
18 May 2024
## LINKS
[1] /FC-Bayern-verpasst-Meisterschaft/!6001335
[2] /Deutscher-Meister-Bayer-Leverkusen/!6004312
[3] /Leverkusens-Meistertrainer-Xabi-Alonso/!6001982
[4] /Union-Berlin-trennt-sich-von-Urs-Fischer/!5969768
[5] /Dortmund-im-Champions-League-Finale/!6009413
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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