Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Leverkusen im Europa-League-Finale: Aus der Zauber!
> Leverkusen verliert das Endspiel von Dublin gegen aggressive Italiener.
> Jetzt gilt es, aus der Niederlage zu lernen – eine völlig neue Aufgabe.
Bild: Bergamos dritter Streich: Der Ball zum 3:0 im Finale der Europa League
Dublin taz | Irgendwann spät in dieser kühlen irischen Frühlingsnacht, der
Bus mit den Kollegen wartete bereits auf die Abfahrt, da fasste Granit
Xhaka in Worte, was bislang niemand vermisste, was dem für seine beinahe
perfekte Spielweise [1][gefeierte Deutschen Meister aus Leverkusen] aber
noch fehlt auf dem Weg zur Vollendung. „Wir hatten nie dieses Gefühl in
diesem Jahr“, sagte der Leverkusener Mittelfeldspieler über die erste
Niederlage im vorletzten Spiel dieser Saison.
Nun sei es „Zeit zu sehen, welcher Spieler hat einen Charakter, welcher
Spieler ist in der Lage schnell aufzustehen.“ Die Werkself, die – abgesehen
von zwei, drei einzelnen Halbzeiten – [2][ein Jahr lang jeden Gegner
dominiert] hatte, war plötzlich in völlig unbekanntes Terrain geraten in
diesem Finale um den Titel der Europa League, das Atalanta Bergamo
schließlich ähnlich souverän mit 3:0 gewonnen hatte, wie Bayer Leverkusen
durch die Bundesligasaison marschiert war.
„Wir konnten nicht unser Spiel machen, sie waren in allem besser“, musste
Trainer Xabi Alonso feststellen, und Jonas Hofman ergänzte: „Das war nicht
Bayer-like“. Mit einem fast immer fairen und doch ultraaggressiven
Verteidigungsverhalten erstickten die vom schlauen Gian Piero Gasperini
trainierten Italiener alle Leverkusener Spielfreude. Bayer 04 litt unter
der starken Körperlichkeit dieses Gegners aus dem Piemont, und „die Räume,
die sie uns gelassen haben, haben wir nicht gut bespielt“, sagte Jonathan
Tah.
Dass Bayer [3][anders als in allen anderen Partien] nicht in der Lage war,
sich zu steigern, sich aufzubäumen, hatte gewiss auch damit zu tun, dass
sie sich einfach nicht auskannten mit so einer extremen Drucksituation, in
der alles auf dem Spiel stand. Alonso ahnte bereits, dass genau das zu
einem Problem werden könnte.
## Als Verlierer unerfahren
Noch in der vergangenen Woche hatte der Spanier auf die Frage, was er
selber dazugelernt habe in dieser Saison, erwidert: „Eigentlich lernt man
am meisten aus Niederlagen.“ Solche Lektionen fehlten nicht nur ihm,
sondern der gesamten Mannschaft. Klar, das Team hat etliche Punkte durch
sehr späte Tore in der Nachspielzeit gewonnen, aber nie waren die
herausfordernden Momente so existenziell wie die Lage in diesem Finale. Der
ehemalige Leipziger Ademola Lookman, der alle drei Tore für Atalanta
schoss, hatte früh einen schlimmen Fehler von Ezeqiuel Palacios zum 1:0
genutzt (12.) und in der 26. Minute einen zweiten Treffer folgen lassen,
nach einer halben Stunde waren die Leverkusener Versagensängste
allgegenwärtig.
Wie ein Seefahrer, der sich durch ein fremdes Gewässer voller Felsen und
gefährlicher Strömungen navigieren muss, wirkte die Mannschaft, während der
Favoritenschreck aus Italien bestens vertraut war mit exakt dieser
Umgebung. Seit Jahren gelingt es Atalanta Bergamo regelmäßig, große Gegner
auf diese Art und Weise zu schlagen, zuletzt beim Duell in Liverpool im
Viertelfinale, das die Mannschaft ebenfalls mit 3:0 gewann.
Bayer hingegen verfügt nicht über bewährte Mechanismen für derart
ernsthafte Krisenmomente. Auch ein Plan B lag nicht bereit, vielleicht
hätte er die Anweisung geben sollen, weniger kurze Pässe zu spielen,
überlegte Alonso, der sich aber anders entschied: „Wir wollten nicht
unseren Stil wechseln.“
## Vorbild Atalanta
Immer wieder wird im Fußball der Begriff „Entzauberung“ verwendet, aber
selten traf er so zu wie an diesem Abend, was am Ende sogar als Trost
taugte für Bayer 04. „Wenn man klar verliert, muss man das als Sportler
akzeptieren und sagen, dass sie es verdient haben und wir nicht“, sagte
Geschäftsführer Fernando Carro. Nun gelte es, das am Samstag bevorstehende
Finale im DFB-Pokal gegen den 1. FC Kaiserslautern zu gewinnen, um die
großartige Saison würdig zu Ende zu bringen.
Womöglich wird sich der Finalgegner allerdings einiges abschauen von den
Italienern, die traditionell im Schatten der großen Konkurrenten aus der
Nachbarstadt Mailand stehen, jetzt aber den größten Erfolg ihrer
Klubgeschichte feiern können. In jedem Fall hat Trainer Gasperini viel zur
Entschlüsselung von Bayer Leverkusen beigetragen, wobei auch Alonso sagte:
„Ich weiß, dass wir vieles lernen werden.“
Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes formulierte sogar den Vorsatz, diesen
Europapokal ein andermal zu gewinnen, was aber so schnell nicht möglich
sein wird. In der kommenden Saison spielt Bayer in der Champions League, wo
das Team an ganz anderen Widerständen wachsen kann als in dieser Saison, in
der niemand ernsthaft mithalten konnte – bis zu dieser Nacht von Dublin.
23 May 2024
## LINKS
[1] /Finale-in-der-Fussball-Bundesliga/!6008688
[2] /Bayer-Leverkusen-im-Europa-League-Finale/!6009038
[3] /Rekordjagd-von-Bayer-Leverkusen/!6004903
## AUTOREN
Daniel Theweleit
## TAGS
Fußball
Europa League
Bayer Leverkusen
Uefa
Bayer Leverkusen
Fußball
wochentaz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bayer Leverkusen im Europa-League-Finale: Kader als Kunstwerk
Leverkusen spielt schon eine Saison lang in Bestform. Das liegt auch am
brillant zusammengestellten Team. Finale Herausforderung ist nun Bergamo.
Finale in der Fußball-Bundesliga: Meister, Märchen, Witzfiguren
Ein nie dagewesener Titelträger, ein Absturz ohne Beispiel und viel Spott
für den größten Klub des Landes. Die taz-Bilanz einer ungewöhnlichen
Saison.
Ortsbesuch in Leverkusen: Die Stadt zum Verein
Klar, den neuen Deutschen Fußballmeister der Männer, Bayer 04, kennt jeder.
Doch wie sieht dessen Heimat eigentlich aus?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.