# taz.de -- Kampf um die 35-Stunden-Woche: Weniger Vollzeit ist möglich | |
> Die GDL hat die 35-Stunden-Woche für Lokführer:innen erstritten. Auch | |
> die IG Metall setzt auf kürzere Arbeitszeit – aber um Jobs zu sichern. | |
Bild: Erkämpfte fürs Zugpersonal die 35-Stunden-Woche: GDL-Chef Claus Weselsky | |
Claus Weselsky, Chef der Lokführer:innengewerkschaft GDL, sprach von | |
einem „historischen Durchbruch“. Martin Seiler, Personalvorstand der | |
Deutschen Bahn, etwas zurückhaltender von einem „intelligenten Kompromiss“: | |
Kurz vor Ostern dieses Jahres einigten sich [1][GDL und DB auf einen neuen | |
Tarifabschluss]. | |
Der Einigung waren monatelange Verhandlungen, sechs Arbeitskämpfe allein in | |
der letzten Verhandlungsrunde, eine gescheiterte Moderation und mehrere | |
Streits vor Gericht vorausgegangen. Anfang März noch drohten die | |
Lokführer:innen mit Streiks ohne Vorwarnung. Am Ende des Monats dann | |
konnten Fahrgäste aufatmen, auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing | |
(FDP) freute sich über die „wirklich frohe Botschaft für alle | |
Bahnreisenden“. | |
Für Lokführer:innen und Zugbegleiter:innen steigen die Löhne in | |
zwei Etappen pro Monat um insgesamt 420 Euro brutto. Die Beschäftigten | |
bekommen außerdem eine Inflationsausgleichsprämie von 2.850 Euro. Vor allem | |
aber stritten Bahn und GDL lange über die sogenannte Referenzarbeitszeit, | |
also die Regelarbeitszeit. | |
Weselsky hatte gefordert, dass die wöchentliche Arbeitszeit der | |
Schichtarbeiter:innen von 38 auf 35 Stunden sinkt, bei | |
gleichbleibendem Lohn. Mit der Einigung soll das in mehreren Etappen | |
möglich sein. Wer länger arbeiten möchte, bis zu 40 Stunden pro Woche, | |
bekommt für jede Stunde, die über die 35 hinausgeht, 2,7 Prozent mehr Lohn. | |
## Arbeitszeitkorridor soll es ab 2029 geben | |
Ursprünglich wollte die Bahn nicht über eine Reduzierung der | |
Wochenarbeitszeit verhandeln. „Nach langem Ringen und einem schwierigen | |
Tarifkonflikt“, sagte Seiler, sei eine Lösung gefunden worden. Den | |
sogenannten Arbeitszeitkorridor von 35 bis 40 Stunden pro Woche gibt es ab | |
2029 – am Ende der schrittweisen Absenkung der Regelarbeitszeit. | |
Mit 29 kleineren Verkehrsunternehmen hatte sich die GDL schon vorher auf | |
das Modell der optionalen Mehrarbeit geeinigt. Erfolglos blieb die GDL | |
damit, die Tarifverträge auf Beschäftigte in der Bahninfrastruktur | |
auszuweiten. | |
Durch die Verkehrswende steigt der Personalbedarf auf der Schiene. In | |
Deutschland werden in den nächsten Jahren zusätzlich 5.000 bis 10.000 | |
Lokführer:innen gebraucht, sagt die Allianz pro Schiene. Anders ist das | |
in der Stahlindustrie, wo der Wandel pro Klimaneutralität Stellen | |
schwinden lässt. | |
Die IG Metall erkämpfte in Verhandlungen mit dem Arbeitgeberverband Stahl | |
Ende 2023 für Beschäftigte in Nordwestdeutschland [2][eine Verkürzung der | |
Wochenarbeitszeit von 35 auf 32 Stunden], bei einer Bezahlung von 33 | |
Stunden. Das Ziel: mit weniger Arbeit pro Kopf Stellen zu sichern in | |
Betrieben, in denen wegen der Transformation Druck entsteht. | |
1 May 2024 | |
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[1] /Tarifeinigung-GDL-und-Deutsche-Bahn/!5997825 | |
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## AUTOREN | |
Nanja Boenisch | |
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