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# taz.de -- Krieg im Gazastreifen: Die Zelte reichen bis ans Meer
> Hunderttausende sind aus Rafah geflohen und suchen Schutz.
> Hilfsorganisationen und Geflüchtete beklagen die Zustände in der
> Evakuierungszone.
Bild: Komplett überlaufen: die Evakuierungszone an der Küste von Gaza
Berlin taz | Während immer mehr Menschen [1][aus Rafah fliehen], warnen
Hilfsorganisationen sowie die lokale Gesundheitsbehörde vor einem Kollaps
des Gesundheitssystems. Seit der ersten israelischen
Evakuierungsaufforderung vor einer Woche haben UN-Angaben zufolge bereits
[2][fast 360.000 Menschen Rafah verlassen], wie das UN-Hilfswerk UNRWA am
Montag mitteilte. Vor der Offensive hatten sich mehr als eine Million
Menschen dort gesammelt. Viele, die nun erneut flüchteten, [3][sind in
einer ausgewiesenen Zone an der Mittelmeerküste oder in der Stadt Chan
Junis untergekommen]. Israels Armee nahm am Montag indes weiter Ziele in
Rafah wie auch in Nordgaza ins Visier.
Das Gesundheitssystem werde in „wenigen Stunden“ im gesamten Gazastreifen
zusammenbrechen, warnte am Montag das von der Hamas geführte
Gesundheitsministerium. Seit Beginn der Rafah-Offensive sind zwei wichtige
Grenzübergänge im Süden Gazas weitgehend geschlossen. Israel [4][teilte] am
Sonntag jedoch mit, es habe sieben Tanklaster mit Treibstoff in das
abgeriegelte Gebiet gelassen, der unter anderem für Krankenhäuser und
„humanitäre Zonen“ vorgesehen sei. Treibstoff wird auch für
Stromgeneratoren genutzt.
Hilfsorganisationen und Menschen vor Ort berichten von katastrophalen
Zuständen in Rafah und der Evakuierungszone. „Wir haben kein Gas zum
Kochen“, erzählt ein Palästinenser der taz, der mit seiner Familie in die
Evakuierungszone al-Mawasi geflohen ist, „daher sind wir auf Holz und
Papier angewiesen.“ Ansonsten lebe er von Lebensmittelkonserven. Eine
Studentin, die Rafah bislang nicht verlassen hat, schreibt: „Es ist eine
große Lüge, dass Israel einen Evakuierungsplan entwickelt hat. Israel
interessiert sich nicht für uns.“ Die Evakuierungszone an der Küste sei
komplett überlaufen. Fotos aus al-Mawasi zeigen Zelte am Strand, die sich
bis hin zum Meer aneinanderreihen.
„Nicht nur aus ethischen Gründen, auch aus rechtlicher Sicht muss eine
Sicherheitszone mit Wasser, Lebensmitteln, Medikamenten und Unterkünften
versorgt sein“, gibt James Elder vom UN-Kinderhilfswerk Unicef zu bedenken.
„In Rafah stand einer Person im Durchschnitt ein Liter Wasser pro Tag zur
Verfügung, in al-Mawasi ist es noch schlimmer“, so Elder gegenüber der taz.
„In Rafah kamen 3.500 Menschen auf eine Dusche, Hunderte auf eine Toilette,
in al-Mawasi ist es noch schlimmer.“ Und während es in Rafah noch ein voll
funktionsfähiges Krankenhaus gebe, habe al-Mawasi nichts dergleichen. Nur
jedes dritte der 36 Krankenhäuser in Gaza ist noch teilweise
funktionsfähig.
Zwölf Toiletten für tausende Menschen
Wegen mangelnder Hygiene und schlechter Ernährung sind viele Menschen
anfällig für Infektionen. Atemwegsinfekte, Krätze und Hepatitis A breiten
sich aus. Kiryn Lanning von der Hilfsorganisation International Rescue
Committee erzählt von einer Schule mit zwölf Toiletten, in der 8.500
Menschen Zuflucht gesucht hätten. „Die gesamte Gegend wurde in ein großes,
behelfsmäßiges Lager umgewandelt, das auf die Straßen übergreift und mit
Abfall übersät ist“, beschreibt sie die Lage auf taz-Anfrage.
Israel will mit der Offensive auf Rafah die letzten Hamas-Bataillone
besiegen. Der Hamas haben die hunderttausenden Zivilist*innen in
Südgaza bislang einen gewissen Schutz geboten. Wie die New York Times am
Sonntag unter Berufung auf Geheimdienstinformationen berichtete, halten
sich wichtige Hamas-Führer allerdings nicht in Rafah auf. Jahia Sinwar, der
Kopf der Hamas im Gazastreifen, halte sich in Tunneln unter Chan Junis auf,
umgeben von mehreren der rund 100 [5][israelischen Geiseln], die die Hamas
seit mehr als sieben Monaten in ihrer Gewalt hat.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bezeichnete den Krieg am Montag
indes als Kampf um die Existenz des Staates. „Es sind entweder wir, Israel,
oder sie, die Hamas-Monster“, sagte er während einer Zeremonie am
Soldatengedenktag in Jerusalem. „Entweder Existenz, Freiheit, Sicherheit
und Wohlstand oder Auslöschung, Massaker, Vergewaltigungen und
Unterwerfung.“ Israel habe den Krieg „etwa zur Hälfte“ abgeschlossen, so
Netanjahu.
13 May 2024
## LINKS
[1] /Evakuierung-aus-Rafah/!6009724
[2] /Flucht-durch-den-Gazastreifen/!6006935
[3] /Flucht-durch-den-Gazastreifen/!6006935
[4] https://twitter.com/cogatonline/status/1789699834703724667
[5] /Geisel-Deal-zwischen-Israel-und-Hamas/!6008458
## AUTOREN
Jannis Hagmann
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