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# taz.de -- Holstein Kiel in der Bundesliga: Die aus dem Norden
> Holstein Kiel macht den Aufstieg in Liga eins perfekt. Unser Autor, ein
> Nordlicht, reibt sich verwundert die Augen – aber nur ein bisschen.
Bild: Bierdusche auf Fans: Die Profis von Holstein Kiel feiern den Aufstieg
Am Schluss wurde es noch mal so richtig eng, für viele Kieler gänsehauteng.
Erst ein frühes 1:0 durch Benedict Pichler in der dritten Minute gegen
Fortuna Düsseldorf am Samstagabend, wonach sich ein intensives Auf und Ab
entwickelte. Düsseldorf, mit sicherer Relegation, aber noch mit Ambitionen
auf den direkten Aufstieg, drängte, bekam in der 69. Minute einen Elfmeter
zugesprochen, der saß.
Von da an: Düsseldorfer Brechstange gegen Holsteiner Dickköpfigkeit. Und
die Dickköpfigkeit hielt, mit viel Willen und etwas Glück. Endstand 1:1.
Damit ist Holstein Kiel der Aufstiegsplatz in die erste Liga nicht mehr zu
nehmen. Jubel, Bierdusche mit Flensburger und all das. Aber man wird jetzt
nicht die einzige in Kiel geborene Person sein, die sich auch ein bisschen
vor Verwunderung die Augen reiben muss.
Kiel, das 1912 Deutscher Meister geworden war, seitdem im Fußball aber gut
hundert Jahre lang nicht viel gerissen hatte und auch großstadtmäßig etwas
vor sich hin dümpelt, wenn es sich nicht gerade von Kreuzfahrtschiffen
vollräuchern lässt, dieses Kiel überrascht sich nun fußballerisch selber.
Im Handball muss es sich nicht verstecken, klar, der THW ist so etwas wie
das Bayern München der deutschen Handballszene.
## Hertha als Knackpunkt
Im Segelsport sowieso nicht, [1][als Segelevent hat die Kieler Woche
weltweites Renomee]. Doch im Fußball war tote Hose, Drittliga-, gar
Viertligazeit. Erst 2017 stieg Holstein Kiel überhaupt erst wieder in die
Zweite Liga auf. Das war im selben Jahr, als der HSV aus der ersten Liga
abgestiegen war und dann in seinem allerersten Zweitligaspiel zur
Verblüffung seiner Fans [2][von Holstein Kiel eins auf die hanseatische
Mütze bekam]. Holstein gewann in Hamburg 3:0. Das war so richtig schön.
Ab wann glaubte man jetzt an den Aufstieg? Zur Halbzeit dieser
Zweitligasaison jedenfalls noch nicht. Holstein Kiel stand da zwar schon
auf dem ersten Platz der zweiten Liga – Herbstmeister! –, aber beim Fußball
geht es bekanntlich nicht nur um körperliche Fitness und Laufwege, es geht
auch um die Psyche, und man weiß das ja, dass Mannschaften, das Ziel vor
Augen nah, noch einknicken können – siehe Aufstieg und HSV.
Doch seit dem 1. März, es war ein kühler Vorfrühlingsabend, und Holstein
spielte gegen die Hertha im Olympiastadion, begann man tatsächlich dran zu
glauben. Die Holsteiner hatten im roten Auswärtstrikot reifer gespielt als
die Herthaner, allerdings in der ersten Halbzeit zwei blöde Tore bekommen,
in der zweiten Halbzeit bis dahin nur ein genauso glückliches Tor durch
Finn Porath geschossen und lagen also 1:2 hinten, als kurz vor Schluss ein
Holsteiner im Strafraum fiel, doch der Pfiff zunächst ausblieb.
## Windige Sache
Bis der Mann am Videobeweis sich meldete. Schiri Bastian Dankert
unterbrach, sah sich das an und pfiff Elfmeter; Timo Becker knallte ihn
rein. Unentschieden in der Nachspielzeit. In den Kieler Nachrichten las man
etwas von einem „irren Freitagabend“, Holstein Kiel fühlte sich ein
bisschen so an wie diese Saison Leverkusen.
Eine Fußballsaison ist lang, doch es gibt manchmal einzelne Knackpunkte, an
denen sie sich so oder so wenden kann, dies war so einer. Die Mannschaft
fühlte sich belohnt für gute Arbeit und kriegte danach sechs Spiele lang
kein Gegentor mehr. Sechs Siege hintereinander, alle zu null, darunter,
noch so ein Knackpunkt, das 1:0 in Unterzahl gegen den HSV. Danach noch
eine Niederlage, nun gut, dann noch ein Sieg. Und jetzt am Samstagabend
also das historische Unentschieden gegen Düsseldorf, das den Aufstieg
klarmachte.
Vollkommen verdient. Diese Kieler Mannschaft ist Schritt für Schritt
gewachsen. [3][Unvergessen das Pokalspiel gegen die übermächtigen Bayern
aus München am 13. Januar 2021] (manche Daten merkt man sich). Kieler
Wetter, kalt, windig, Hauke Wahl köpfte in der Nachspielzeit das
Ausgleichstor, und im fälligen Elfmeterschießen knallte Fin Bartels das
Ding nach einem Münchner Fehlschuss in die Maschen, Feuerwerk über dem
Holsteinstadion. Dass Kiel dann im Halbfinale gegen Dortmund sang- und
klanglos unterging – egal.
## Das Kieler Schicksal
Zweimal wurde Holstein in den vergangenen Jahren Tabellendritter, kam in
die Relegation und verlor jeweils. 2018 gegen Wolfsburg, 2021 gegen Köln.
Und irgendwie hatte man sich ein bisschen damit abgefunden, dass das das
Kieler Schicksal sein würde: oben in der zweiten Liga mitspielen, dabei
sympathisch bleiben, einen gepflegten Ball spielen und dann und wann eine
Überraschung setzen. Zumal es immer wieder Abgänge gab. Der Trainer Ole
Werner ging zu Werder Bremen, Publikumsliebling und mentaler Anführer Fin
Bartels beendete seine Profikarriere.
Doch das konnte kompensiert werden. Marcel Rapp ist ein so ruhiger wie
kompetenter Vertreter der Trainerzunft, und auch für neue Spieler hat man
in Kiel ein Händchen, Tom Rothe lieh man sich von Dortmund, Lewis Holtby
kaperte man sich vom HSV. Das wirkte alles sehr solide. Und jetzt müssen
also nächste Saison die Dortmunder, Bremer, Leipziger und auch die Bayern
wieder durch den Elbtunnel fahren und in diesem so winzigen wie
windumtosten Holsteinstadion um Punkte kämpfen – Zuschauerschnitt diese
Spielzeit: 13.717, so viel kommen auf Schalke, wenn der Ersatztorwart
duscht.
Und es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Etablierten der Bundesliga
jetzt im „echten Norden“ – so das Motto Schleswig-Holsteins – zumindest
dann und wann warm anziehen müssen.
12 May 2024
## LINKS
[1] https://www.kieler-woche.de/
[2] http://1912fm.de/
[3] https://www.ndr.de/sport/fussball/DFB-Pokal-Holstein-Kiel-Bayern-Muenchen,h…
## AUTOREN
Dirk Knipphals
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