| # taz.de -- Holstein Kiels Bundesliga-Heimpremiere: Die Sache mit dem Ankommen | |
| > Der VfL Wolfsburg erteilt dem Aufsteiger beim 2:0-Sieg in Kiel eine | |
| > Lektion in Sachen Cleverness, die dieser aber nicht voll umfänglich | |
| > lernen möchte. | |
| Bild: Mal wieder in der Bundesliga angekommen: Lewis Holtby grätscht, rennt, e… | |
| Hamburg taz | Mit dem Ankommen ist das so eine Sache: Einerseits ist | |
| Holstein Kiel [1][unbestreitbar in der Bundesliga angekommen] – und mit dem | |
| ersten Heimspiel auch die Bundesliga in Kiel, sogar erstmals auf | |
| schleswig-holsteinischem Boden. Für alle, die das nicht glauben können, | |
| hatten die Kieler Fans am Samstagnachmittag noch mal in großen Lettern | |
| gereimt: „Das geht über eure Vorstellungskraft – Schleswig-Holstein hat �… | |
| Bundesligamannschaft.“ | |
| Andererseits bedeutet „angekommen“ aber eben auch viel mehr, als nur da zu | |
| sein. Und dahingehend gibt es durchaus ein paar Zweifel. Nach dem 0:2 gegen | |
| den VfL Wolfsburg, der zweiten Niederlage im zweiten Spiel, zeigt sich, | |
| dass es noch an manchem fehlt. | |
| Cleverness ist so ein Thema. „Ich weiß nicht, ob das ein | |
| Qualitätsunterschied ist, wenn man sich fallen lässt und der Schiri dann | |
| abpfeift“, meinte Holstein-Stürmer Benedikt Pichler nach dem Spiel trotzig. | |
| Vielleicht müsse man sich das mal in der Videoanalyse anschauen, „ob das | |
| was mit Cleverness zu tun“ habe. | |
| Immerhin noch während des Spiels lernten die Kieler, wie rau man in der | |
| ersten Liga zu Werke geht: Hatte es in Sachen gelbe Karten in der ersten | |
| Halbzeit noch glatt 4:0 für die Gäste gestanden, behielt Holstein im | |
| zweiten Durchgang mit 4:3 die Oberhand. | |
| ## Zwei Tore durch zwei Freistöße | |
| Da waren sie besser ins Spiel gekommen, hatten tatsächlich ein paar gute | |
| Chancen, noch einmal heranzukommen. Aber am Ende war alles nichts. Pichler | |
| staunte: „Dass er meinen Kopfball da noch wegfischt“, gemeint war | |
| Wolfsburgs Torwart Kamil Grabara, „das habe ich in der zweiten Liga auch | |
| noch nicht so oft gesehen.“ Es ist aber eben auch nicht mehr zweite Liga. | |
| Holstein-Trainer Marcel Rapp, nachdem er zu einem Handgemenge gespurtet und | |
| mit einer Roten Karte vom Platz geflogen war, sah sein Team defensiv stark | |
| verbessert gegenüber der 2:3-Auftaktniederlage in Hoffenheim. Er vermisste | |
| aber die Cleverness bei den Gegentoren: Beiden waren Freistöße des | |
| Wolfsburger Kapitäns Maximilian Arnold vorausgegangen. | |
| Der erste segelte, von der Mauer unhaltbar abgefälscht, ins Tor; beim | |
| zweiten kam Innenverteidiger Sebastiaan Bornauw relativ ungehindert zum | |
| Hinterkopfball. Was Rapp aber viel mehr störte, war, dass es überhaupt zu | |
| diesen Freistößen kurz vor dem eigenen Tor gekommen war. | |
| Auch er hatte gesehen, dass die Wolfsburger sich häufig fallen gelassen | |
| hätten, will aber gerade davon nicht lernen: „Ich will nicht sagen: | |
| ‚Schmeißt euch immer hin, dann gibt’s nen Freistoß.‘ Das ist nicht das | |
| Learning, das wir machen wollen.“ | |
| Darauf angesprochen, dass ein erfahrener Mann wie Timo Becker einen Schuss | |
| weit neben das Wolfsburger Tor geballert hatte, verwies Rapp darauf, dass | |
| so etwas unter dem Druck des Gegners geschehe. „Meine Spieler schießen den | |
| Ball ja nicht frei stehend irgendwo hin“, sagte er. „Man muss auch mal | |
| sehen, gegen wen wir spielen.“ | |
| ## Lewis Holtby hat die Tauglichkeit bewiesen | |
| Nun, die bisherigen Gegner, Hoffenheim und Wolfsburg, sind nicht gerade | |
| oberstes Regal in der Bundesliga. Bei ersteren hat der Rausschmiss der | |
| sportlichen Leitung [2][ein veritables Vereinsbeben ausgelöst]. Letztere | |
| haben eben erst ihren besten Innenverteidiger Maxence Lacroix verloren und | |
| stecken erkennbar in der Findungsphase. Ihr Trainer Ralph Hasenhüttl war | |
| deswegen auch heilfroh über den „seriösen“ Auftritt seiner Mannschaft, der | |
| viel mehr aber auch nicht war. | |
| Deswegen müssen die Kieler sich fragen, wen sie in dieser Liga denn | |
| eigentlich schlagen wollen. Die Mannschaft muss die Abgänge von | |
| Stammspielern wie Philipp Sander nach Gladbach oder Tom Rothe zu Union | |
| Berlin verkraften. Hinzugekommen sind fast nur junge Perspektivspieler aus | |
| schwächeren Ligen. Lediglich der Norweger Magnus Knudsen hatte es gegen | |
| Wolfsburg in die Startelf geschafft und ein unauffälliges Debüt gegeben. | |
| Holstein geht im wesentlichen mit jener Elf in die erste Liga, die in der | |
| zweiten zwar nur hauchdünn hinter Meister St. Pauli [3][ins Ziel gegangen], | |
| aber auch nicht als Übermannschaft aufgefallen war. | |
| Ein wenig originell schien daher der Befund des Kieler Routiniers Lewis | |
| Holtby nach zwei Niederlagen zum Auftakt: „Wir können mehr als mithalten in | |
| der Bundesliga“, sagte er. Vielleicht schließt der bald 34-Jährige dabei | |
| ein bisschen zu sehr von sich auf andere. Holtby ist Herz, Lunge und Hirn | |
| dieser Kieler Mannschaft, rennt auf und ab, grätscht am eigenen Strafraum, | |
| leitet fast alle Angriffe ein, wird so häufig gefoult wie kein anderer. Und | |
| hinterher stellt er sich bester Laune den Fragen der Journalisten, als wäre | |
| er der Pressesprecher und hätte nicht gerade 90 Minuten lang den Rasen | |
| umgepflügt. | |
| Holtby ist definitiv in der Bundesliga angekommen. Aber er kennt sie auch | |
| noch bestens von früheren Arbeitgebern, sein insgesamt 202. | |
| Bundesliga-Spiel war es. | |
| 1 Sep 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jan Kahlcke | |
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