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# taz.de -- Kieler Niederlage gegen St. Pauli: Heimat oder Weiterbildungsträger
> Holstein Kiel unterliegt dem FC St. Pauli in letzter Minute und muss sich
> auf den Abstieg einstellen. Trainer Marcel Rapp bleibt auch in Liga zwei.
Bild: Glückliche Sieger: St. Paulis Spieler jubeln über das späte 2:1
Kiel taz | Der Traum von der Fußball-Bundesliga stirbt in Kiel einen
langsamen Tod. Im Saisonverlauf, wo Holstein erst viermal gewonnen hat,
aber [1][den Abstieg theoretisch immer noch abwenden] könnte. Und auch im
Heimspiel gegen den FC St. Pauli. Das hatten die Kieler 92 Minuten lang
offen gehalten. Und dann ein Eigentor. Schluss. Wieder Letzter.
„Ein brutaler Schlag“ sei das gewesen, ein „Kacktor des Monats“, meinte
Torhüter Thomas Dähne hinterher. Und es klang nicht mehr wirklich
überzeugt, als er sagte, was sie in den verbleibenden fünf Spielen alles
besser machen müssten. In Leipzig. In Dortmund. Oder gegen Mönchengladbach
und Freiburg. Alles noch Teams mit Ambitionen aufs internationale Geschäft.
Sich selbst wollte Dähne „nicht rausnehmen“, hatte er doch St. Pauli erst
wieder ins Spiel gebracht, als ihm eine Flanke durch die Hände geflutscht
war. Dabei sollte Dähne Teil des Rettungsplans von Trainer Marcel Rapp
werden, war erst in der Vorwoche wegen seiner Erfahrung ins Team gerutscht.
Man kann Rapp wirklich nicht absprechen, alles versucht zu haben. Neulich
hat er gegen Werder Bremen sogar mal nach einer guten halben Stunde drei
Mann auf einmal ausgewechselt. Aber es nützt alles nichts. Diese Kieler
Mannschaft ist in der Bundesliga nicht konkurrenzfähig.
## Schon sieben Punkte Rückstand
Der sonst stets positiv gestimmte Rapp klang einen kurzen Moment ratlos
nach der Niederlage, die den Rückstand auf St. Pauli auf dem sicheren 15.
Platz auf elf Punkte anwachsen lässt. War's das? „Das liegt an jedem
selber, ob wir jetzt sagen: Das war ein Tiefschlag – oder ob wir weiter
machen“, sagte Rapp. „Ich will weitermachen, aber letztlich liegt es an den
Jungs.“
Dass Rapp weitermachen kann und soll, egal in welcher Liga, das ist klarer
denn je. In der vergangenen Woche hat der Verein bekannt gegeben, dass er
den Vertrag mit Rapp bis 2028 verlängert – und das als Tabellenletzter, wo
andere Vereine in hektischen Aktionismus verfallen. „Marcel Rapp arbeitet
seit jetzt dreieinhalb Jahren sehr erfolgreich bei Holstein Kiel“,
begründete Sportgeschäftsführer Carsten Wehlmann das. „Er hat eine klare
Idee von Fußball, ist extrem akribisch und identifiziert sich voll und ganz
mit dem Weg, den wir hier seit vielen Jahren leben.“
Dieser Weg, das ist das langfristige Projekt, in Kiel Profifußball zu
etablieren. Rapp war vorher Jugendtrainer in Hoffenheim, bekam in Kiel
seine erste Chance als Chefcoach. Und innerhalb von nicht einmal drei
Saisons hatte er Holstein zum erstmaligen Bundesliga-Aufstieg gebracht. Für
den Verein kam das so überraschend wie vorzeitig.
Die Kieler sind sich dennoch treu geblieben, haben der Versuchung
widerstanden, Spieler mit großen Namen zu holen. Stattdessen haben sie
versucht, mit dem mit Abstand kleinsten Etat in der Liga mitzuhalten. Dass
das nun wohl nicht geklappt hat, lastet folgerichtig auch niemand dem
Trainer an.
Auch das [2][charmante, aber marode Holstein-Stadion] ist nicht
bundesligatauglich. Schon in der zweiten Liga durfte es nur mit einer
Sondergenehmigung genutzt werden. In der ersten dürfen wegen strengerer
Sicherheitsauflagen nur noch 15.000 Fans rein. Die Ausschreibung für einen
Neubau läuft noch bis Ende April, Baubeginn soll Endes des Jahres sein.
## Jedes Jahr gehen die Besten
Rapp wird wohl nun in der zweiten Liga wieder das machen, was er am besten
kann: Talente fördern, Profis besser machen. Woran sie in Kiel künftig
arbeiten müssen, ist, dass die Spieler Holstein nicht nur als
Weiterbildungsträger sehen, sondern auch eine Weile bleiben wollen. Zu sehr
hat man sich daran gewöhnt, Jahr für Jahr die Besten ziehen zu lassen.
Diesmal hat Routinier Lewis Holtby schon vor Wochen seinen Abschied
verkündet. Vor einer Woche gab Timo Becker bekannt, dass er zu seinem
„Herzensverein“ Schalke 04 zurückkehren wird. Ironischerweise hängen beide
draußen am Holsteinstadion auf einem Riesen-Werbeplakat der
schleswig-holsteinischen Lottogesellschaft – unter dem Slogan „Mein
GlücKSVerein“.
Zum Glück ist da nicht auch noch Marko Ivezić dabei. Dessen Berater hatte
zwei Tage vor dem Spiel in russischen Medien lanciert, Holstein würde „zu
90 Prozent“ absteigen – und sein Klient sei „zu gut für die zweite Liga�…
All das kann einem Team im Abstiegskampf nicht dienlich sein.
13 Apr 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Jan Kahlcke
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