Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Urheberrecht und Kunst: Es wandern die Ideen
> Im Umfeld der Frankfurter HipHop-Ausstellung könnte die Konzeptidee des
> Künstlers Nik Nowak für ein Soundsystem kopiert worden sein. Was ist da
> dran?
Bild: Soundsystem-Skulptur „The Multitude“ von Nik Nowak in Mülheim an der…
„The Sound of Multitude“ heißt ein Container-Soundsystem, das auf einem
Achttonner-Lkw installiert und für den öffentlichen Raum konzipiert ist.
Nik Nowak, der Berliner Künstler, der es designt und technisch realisiert
hat, versteht es [1][als fahrbares Kunstwerk, eine soziale Skulptur,] die
er auch für Veranstaltungen der Dancefloor-Community zur Verfügung stellt.
Seit 2014 hat er sein Werk immer wieder modifiziert. Es war Teil von
Kunstausstellungen und Veranstaltungen, etwa [2][beim letztjährigen „Ruhr
Ding“ in Mülheim] und im Berliner „Radialsystem“.
Im August 2023 wurde Nowak deshalb auch vom Offenbacher Kunstprofessor
Heiner Blum kontaktiert, der ihn zu einem „Talk über sein klangmächtiges
künstlerisches Werk“ nach Frankfurt einlud. „Es geht auch um die politische
Dimension, aus dem White Cube herauszutreten und sich im öffentlichen Raum
einzumischen …“, heißt es im Ankündigungstext auf der Webseite. Nowak
erinnert sich daran, dass er im Rahmen seines fotogestützten Vortrags in
Frankfurt detailliert zu Kosten und technischer Ausstattung seines Werks
befragt wurde.
Heiner Blum ist ein umtriebiger, im Rhein-Main-Gebiet bestens vernetzter
Player, der mit der Veranstaltungsreihe „Robert Johnson Theorie“ seit
Langem Projekte an der Schnittstelle von Popmusik, bildender Kunst und
politischer Theorie ausrichtet und dafür jeweils Künstler:Innen zu
seinen Podien bittet. Mit seiner Initiative „Diamant/Museum of Urban
Culture“ ist er gemeinsam mit dem Frankfurter Technomuseum „MOMEM“ moment…
auch Kooperationspartner der HipHop-Ausstellung „The Culture“ in der
Frankfurter Schirn. Sie ist eine Übernahme aus Baltimore/USA. Ihr
Rahmenprogramm unterscheidet sich allerdings vom Original.
Dafür hat Heiner Blum nun ein mobiles Soundsystem mit Namen „Verstärker“
konzipiert, das in den vergangenen Tagen durch hessische Städte getourt
ist. Nowak hat der taz die E-Mail-Kommunikation mit Blum zur Verfügung
gestellt. Aus ihr geht hervor, dass Blum noch im März Interesse bekundet
hat, Nowaks Kunstwerk im Rahmen von „The Culture“ einzubauen.
Weder Nik Nowak noch Heiner Blum sind genuine Erfinder von Soundsystems.
[3][Soundsystems sind zuerst in den 1960er Jahren auf Jamaika entstanden,
es waren ursprünglich mobile DJ-Anlagen- und Verstärkersysteme für
Outdoor-Tanzveranstaltungen]. Nik Nowak bestreitet diese Tatsache nicht. Er
hat sich die Soundsystemkultur angeeignet und arbeitet auch mit
jamaikanischen Künstler:Innen zusammen. Und entwickelte sein Soundsystem
weiter zu einem hybriden Kunstwerk.
## Prop eines Sci-Fi-Films
Was seine Arbeit besonders macht, sie sieht aus wie das Prop eines
Sci-Fi-Films, halb Streitwagen, halb futuristische DJ-Kanzel. Sein
Galerist, Alexander Levy ärgert sich darüber, was in Frankfurt geschehen
ist. „Es ist offensichtlich, dass sich das Projekt großzügig an Nik Nowaks
Werk bedient hat, nicht nur formal, sondern auch in Bezug auf Konzeption
und Wortwahl der Projektankündigung“, sagt er der taz.
Das Urheberrecht schützt konzeptuelle Ideen wie die von Nik Nowak leider
nicht. Gerade für den künstlerischen Wert seiner Weiterentwicklung eines
Soundsystems ist Nowak, wenn er Interessenten davon berichtet, auf Fairness
angewiesen und Respekt seiner Kreativität gegenüber. Im Gespräch mit der
taz bekundet er Ohnmacht darüber, dass Einzelbausteine seiner Arbeit nicht
schützbar sind, weil sie sich technisch leicht reproduzieren lassen.
Was Heiner Blum indirekt bestätigt: Das Soundsystem, das er für
„Verstärker“ in Auftrag gegeben hat, ist ein Lkw, „ein 7,5 Tonner. In der
Mitte ist eine Bühne, ein DJ Pult und an der Rückwand zwei LED
Hochkant-Displays für Videos. Links und rechts ist jeweils eine
Lautsprecheranordnung mit einer Funktion One-Anlage. Die runtergeklappte
Ladeklappe wird zu einer Bar.“ Im Zentrum seiner Initiative stünden
niederschwellige Kulturprojekte, teilt er der taz schriftlich mit. „Die
Multitude von Nik Nowak ist wirklich etwas ganz anderes“.
Matthias Ulrich, Kurator der Kunsthalle Schirn, lässt über deren
Presseabteilung die taz wissen: „Anders als bei der differenzierten
künstlerischen Arbeit von Nik Nowak handelt es sich bei der Veranstaltung
‚Verstärker‘ nicht um ein Kunstwerk. Seine umfassenden Recherchen zu
mobilen Soundsystemen gehen weit darüber hinaus. Wir nehmen die Hinweise
und Kritik des Künstlers sehr ernst.“ Dass wiederum erbost Nik Nowak, der
empfindet, dass seine künstlerischen Ideen in Frankfurt nun banalisiert
werden.
## „Kultur der Zweitverwertung“
Wenn man sich zur Atmosphäre in Frankfurt umhört, prallt man auf eine
Mauer des Schweigens. Zahlreiche angefragte Personen möchten lieber nichts
sagen. Eine DJ lässt sich immerhin anonym zitieren. Es gäbe „ungute
Machtstrukturen“, eine „Kultur der Zweitverwertung kreativer Ideen“ und
„Abhängigkeiten von Fördertöpfen“ und „der Gunst zu Verantwortlichen�…
Das „MOMEM“ hat übrigens – ohne Absprache mit Nik Nowak – Bilder aus s…
Sound-Installation „Panzer“ zur Pressekonferenz anlässlich der
Präsentation von „The Culture“ verwendet.
30 Apr 2024
## LINKS
[1] /Klanginstallation-zum-Kalten-Krieg/!5756959
[2] /Kunstschau-in-vier-Ruhrgebietsstaedten/!5930131
[3] /Julian-Henriques-ueber-Jamaika/!5585496
## AUTOREN
Julian Weber
## TAGS
HipHop
Urheberrecht
Soundsystem
Rap
Frankfurt/Main
Krieg
HipHop
Ruhrgebiet
HipHop
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hörspiel und Klanginstallation: Der Feind nistet schon in deinem Ohr
Nik Nowaks hat ein Hörstück zur hybriden Kriegsführung gemacht. „A War of
Decibels“, gibt es als Album und Klanginstallation im Militärhistorischen
Museum Dresden.
HipHop-Ausstellung in Frankfurt: So progressiv, das alte Königreich
Die Frankfurter Schirn Kunsthalle feiert in der Ausstellung „The Culture“
HipHop-Musik als Antrieb für die Künste – und bleibt in den USA haften.
Kunstschau in vier Ruhrgebietsstädten: Flanieren im Hier und Jetzt
Die Kunstschau „Ruhr Ding“ an öffentlichen Orten im zersiedelten Ruhrgebiet
bringt schön irritierende Momente in leerstehende Kaufhäuser oder Büdchen.
EuGH-Urteil zum Einsatz von Samples: HipHop siegt auch in Luxemburg
Kraftwerk versus Moses Pelham: Der Europäische Gerichtshof erlaubt das
Sampling von Tonfetzen aus fremden Musikstücken.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.