# taz.de -- Neue Handlungsempfehlungen des Bundes: Wie mit Crack umgehen? | |
> Der Crackkosum in deutschen Großstädten steigt weiter an. Die Deutsche | |
> Aidshilfe veröffentlicht nun Handlungsempfehlungen. | |
Bild: Der Konsum von Crack steigt in deutschen Großstädten: Steril verpacktes… | |
BERLIN taz | Noch bevor Burkhard Blienert die neuen Handlungsempfehlungen | |
vorstellen kann, verschüttet er sein Wasser über das Heftchen. Der | |
Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen stellt am | |
Mittwoch im Drogenkonsumraum „Druckausgleich“ in Neukölln das vor, was die | |
[1][Deutsche Aidshilfe] in Zusammenarbeit mit den Betreiber_innen der | |
deutschen Drogenkonsumräume erarbeitet haben: Empfehlungen dafür, wie sich | |
die Länder an die Crack-Welle in Deutschland anpassen können. | |
Obwohl Crack schon seit den Neunzigern in Deutschland existiert, lässt sich | |
seit einigen Jahren ein drastischer [2][Anstieg im Crackkonsum] besonders | |
in Großstädten im Westen Deutschlands und in Berlin erkennen. Die Zunahme | |
des Crackkonsums erfordere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der | |
Substanz, so Blienert. Deshalb müsse es nun spezifische und angepasste | |
Angebote geben. | |
Crack entsteht, wenn man Kokain in Pulverform zusammen mit Natron und | |
Wasser aufkocht. Die Steine, die dadurch entstehen werden dann auf einem | |
Kaffeefilter getrocknet und in einer Pfeife geraucht. | |
Die Droge verursacht eine starke Verelendung und Verwahrlosung unter den | |
Konsument_innen. Oft unterdrückt die Substanz sämtliches Durst- und | |
Hungergefühl und verursacht, dass die Betroffenen vollkommen dehydriert und | |
mangelernährt sind. Lydia Kieswetter, die pflegerische Leitung im | |
„Druckausgleich“ macht die Auswirkungen der Sucht anschaulich: „Wenn man | |
unsere Arbeit mit deren Arbeit vergleicht, ist der Konsum ein 24 Stunden | |
Job. Es gibt keine Pause.“ | |
## Keine Forschung Richtung Substitution | |
Um den Betroffenen zu helfen und den Konsum aus der Öffentlichkeit in | |
Konsumräume zu verlegen, schlägt die Deutsche Aidshilfe nun verschiedene | |
Maßnahmen vor. Zum einen müssen Konsument_innen in niedrigschwelligen | |
Anlaufstellen neue Konsumutensilien erhalten, besonders um eine Ansteckung | |
mit [3][Hepatitis-C] zu vermeiden. | |
Außerdem soll in diesen Einrichtungen auch kalorienreiches Essen ausgegeben | |
werden, um der Mangelernährung vorzubeugen. Tagesruhebetten sollen den | |
Konsument_innen, die meist [4][obdachlos] sind, die Möglichkeit geben, sich | |
hinzulegen, etwa wenn mehrere Tage am Stück konsumiert wurde. Außerdem | |
sollen in Drogenkonsumräumen Rauchplätze eingerichtet werden, um den Konsum | |
aus dem öffentlichen Raum in ein sicheres Umfeld zu verlagern. | |
Finanzieren müssten das die Länder selbst, der Bund schaffe lediglich die | |
Rahmenbedingungen, so Blienert. „Drogenpolitik darf aber kein Sparprogramm | |
sein“, fügt er hinzu. Die einzelnen Punkte seien in verschiedenen | |
Bundesländern bereits erfolgreich getestet worden. Ob oder wie die Länder | |
das nun umsetzen, ist ihnen überlassen. | |
In einigen Ländern wie [5][Bayern], Rheinlandpfalz, so wie in Ländern | |
Ostdeutschlands gibt es bisher keine Drogenkonsumräume. Dirk Schäffer von | |
der Deutschen Aidshilfe sieht die Handlungsempfehlung auch als eine Art | |
Anstoß, solche Räume einzurichten. „Es darf nicht von Wohnort abhängen, ob | |
man als Abhängiger Hilfe bekommt oder nicht.“ | |
Auch Substitutionsprogramme werden besprochen, so Astrid Leicht, | |
Geschäftsführerin der Berliner Fixpunkt e.V.: „In anderen Ländern ist man | |
da pragmatischer als hierzulande.“ So werde beispielsweise in der Schweiz | |
Crack-Substitution bereits mit verschiedenen Substanzen versucht. Ein | |
richtiges Forschungsprogramm dazu gebe es in Deutschland bisher allerdings | |
nicht. | |
24 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Valérie Catil | |
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