Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kinotipp der Woche: Unbeugsame Kämpferin
> Claudia Cardinale zählt zu den großen Diven des italienischen Kinos der
> Sechziger. Das Arsenal würdigt die Schauspielerin mit einer Hommage.
Bild: Claudia Cardinale in Sergio Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“(1968)
Regisseur Luchino Visconti genießt es sichtlich zu zeigen, wie Claudia
Cardinale in seinem großen Klassiker „Der Leopard“ (1963) als Angelica
Sedara allen den Kopf verdreht, den Männern genauso wie den Frauen. Don
Calogero Sedara, ein bürgerlicher Geschäftsmann, der gesellschaftlich
weiter aufsteigen möchte, hat auf einem Ball der besseren Kreise seine
Tochter angekündigt, was erst einmal niemanden der feinen Leute
interessiert.
Doch als die Unbekannte dann den Saal betritt, fällt Don Fabrizio Corbera,
dem Fürst von Salina, gespielt von Burt Lancaster, die Kinnlade nach unten.
Sein Neffe Tancredi, gespielt von Alain Delon, kann fortan den Blick nicht
mehr von ihr wenden. Und Concetta, die sich die Gunst Tancredis erhofft
hatte, wird sofort klar, dass diese eine Konkurrentin ist, gegen die sie
nichts ausrichten werden kann und dass Tancredi für sie verloren ist. Daran
ändert auch das dreckige Lachen Angelicas nichts, das sie wenig vornehm
erscheinen lässt, was Tancredi aber ganz offensichtlich erst recht
anziehend findet.
Neben Sophia Loren und Gina Lollobridiga war Claudia Cardinale die dritte
große Diva des italienischen Kinos zu dessen Glanzzeit in den Sechzigern.
Auch Dank Visconti, der mehrmals mit ihr zusammenarbeitete, wurde sie zu
einem Weltstar. Und zur italienischen Antwort auf Brigitte Bardot, wie es
immer wieder hieß. Inzwischen ist sie 86 Jahre alt, im April hatte sie
Geburtstag, und bis vor kurzem arbeitete sie immer noch als Schauspielerin.
Anders als die Bardot ist sie zudem nie auffällig geworden mit unangenehmen
Bekenntnissen zu politischen Positionen am äußersten rechten Rand.
Das Kino Arsenal widmet ihr nun den ganzen Mai über eine Hommage und zeigt
aus den über 100 Produktionen, an denen sie beteiligt war, 14 in Italien
entstandene Filme, die meisten davon aus den Sechzigern, die auch für sie
als Schauspielerin das goldene Jahrzehnt waren. Darunter, neben „Der
Leopard“ weitere Megaklassiker wie „8 ½“ (1963) von Federico Fellini, in
dem Claudia Cardinale an der Seite von Marcello Mastoiani zu sehen ist.
Und natürlich „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968), Sergio Leones Höhepunkt
des Spaghetti-Western-Genres. Ausgerechnet in einem Western, wo Frauen
meist kaum mehr zu tun haben als dem Helden ihr Herz zu schenken, darf sie
eine der tragenden Hauptfiguren spielen, die mindestens zu kraftvoll und
zupackend agiert wie ihre männlichen Schauspielpartner, die Berufsmachos
Charles Bronson und Henry Fonda.
Sie, die einst einen Schönheitswettbewerb gewonnen hatte, bevor sie eher
zufällig zum Film fand, demonstriert hier endgültig, dass sie weit mehr zu
zeigen hat, als immer nur ihre wahnsinnige Schönheit, die alle umhaut, wie
in Viscontis „Der Leopard“. Sie verkörpert die Prostituierte Jill, die sich
ein neues Leben aufbauen will, als Pionierin im sprichwörtlichen wilden
Westen. Und die bereit ist, verbissen dafür zu kämpfen. Es gibt genug
Gründe, warum Sergio Leones Film bis heute so ungemein bewundert wird, das
Spiel der Cardinale als unbeugsame Kämpferin gehört unbedingt mit dazu.
9 May 2024
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
taz Plan
Kino Berlin
italienisches Kino
Schauspielerin
Arsenal Kino
Hollywood
taz Plan
taz Plan
Film
Spielfilm
## ARTIKEL ZUM THEMA
Cinecittà-Göttin Sophia Loren wird 90: Mit Klischees, gegen Klischees
Die Schauspielerin Sophia Loren schaffte es meist, ihren Rollen als
weiblich-schwaches Objekt Stärke und Weisheit mitzugeben. Am Freitag wird
sie 90.
Kinotipp der Woche: Guter schlechter Geschmack
Aufs Feinste subversiv: Das Hackschen Höfe Kino zeigt Filme der Queer
Cinema-Legende John Waters, darunter die Tanz-TV-Komödie „Hairspray“ mit
Divine.
Kinotipp der Woche: Ewiges Durchhalten
Das Studierendenfilmfestival „Sehsüchte“ zeigt Erstlingswerke aller
Sparten, darunter einen Dokumentarfilm über Rassismus im Justizsystem der
USA.
Film „Challengers“ mit Zendaya: Spiel ums Wagen und Wollen
Gut gelaunt und gut gebaut: In Film „Challengers“ spielt Regisseur
Guadagnino die Regeln des Verlangens unter Tennisprofis durch.
Spielfilm „Morgen ist auch noch ein Tag“: Aus dem Leben einer Minijobberin
In „Morgen ist auch noch ein Tag“ erzählt Regisseurin Paola Cortellesi von
häuslicher Gewalt der Nachkriegszeit. Der Film bricht in Italien Rekorde.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.