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# taz.de -- Politikwissenschaftlerin über CDU: „Da sind noch Diskussionen of…
> Die Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach zur Frage, wie sich die
> konservativere Aufstellung der CDU auf deren Wählerpotenzial auswirkt.
Bild: Generalsekretär Linnemann und Vorsitzender Merz beim CDU-Grundsatz-Konve…
wochentaz: Frau Reuschenbach, was erwarten Sie vom CDU-Bundesparteitag in
der kommenden Woche?
Julia Reuschenbach: Ich erwarte eine recht inhaltsreiche Debatte, die für
die CDU nicht selbstverständlich ist. Es sind für das neue
Grundsatzprogramm noch einige Diskussionen offen: der [1][Umgang mit der
Schuldenbremse] etwa, die Leitkultur, die Beziehung zum Islam. Bei den
Vorstandswahlen wird es interessant, ob deren Ergebnisse die konservativere
Positionierung im Programm etwas schwächen oder ob deren Vertreter, etwa
Friedrich Merz oder Carsten Linnemann, ein besonders starkes Votum
bekommen.
Welche Bedeutung hat das Grundsatzprogramm, das die CDU konservativer
aufstellt, für die anstehenden Wahlen?
Man muss unterscheiden, welchen Zweck ein Grundsatzprogramm erfüllt. Es
geht zunächst um Selbstverortung. Nach der Bundestagswahl haben viele
Wählerinnen und Wähler gesagt, sie wüssten gar nicht mehr, wofür die CDU
steht. Insofern hat das Grundsatzprogramm die Funktion zu klären: Was
wollen wir? Und auch: Wie konservativ wollen wir in bestimmten
Politikfeldern sein? Eine andere Frage ist, was das für konkrete
Wahlentscheidungen bedeutet.
Und was bedeutet es?
Vorweg: Das, was im Grundsatzprogramm steht, wird nicht eins zu eins in den
Wahlprogrammen stehen. Und weil nach der Wahl Koalitionen gebildet werden
müssen, wird von Parteien immer erwartet, dass sie kompromissbereit sind.
Grundsätzlich aber gibt es in der Gesellschaft durchaus eine gewisse
Sympathie für eine etwas konservativere Position, zum Beispiel in der
[2][Migrationspolitik]. Wichtig ist aber, dass diese Positionen mit
konkreten und umsetzbaren Lösungen unterlegt werden.
Hilft eine konservativere Aufstellung also bei den [3][Landtagswahlen im
Osten, in Thüringen, Sachsen und Brandenburg]?
Generell steht die CDU in Ostdeutschland besonders unter Druck durch die
Stärke der AfD, die dort auch eine zunehmend gefestigte Stammwählerschaft
hat. Aber auch andere Wählerinnen und Wähler werden nicht allein wegen des
neuen Grundsatzprogramms schnell zur CDU wechseln. Doch von dem
CDU-Parteitag könnte ein Signal ausgehen, dass den ostdeutschen
Landesverbänden helfen kann, mehr Glaubwürdigkeit zu erlangen, dass die CDU
auch für wertkonservative Wählerinnen und Wähler eine Heimat sein möchte.
In Deutschland werden die Wahlen bislang in der Mitte gewonnen, unter
Angela Merkel war die CDU auch deshalb erfolgreich, weil sie die Frauen und
die Menschen in den Großstädten erreicht hat. Könnte der neue Kurs der CDU
auch nach hinten losgehen?
Angela Merkel hatte unter Frauen eine enorme Zugkraft; aus Umfragen wissen
wir, [4][dass Frauen Friedrich Merz eher nicht unterstützen]. Da wird die
CDU Antworten geben müssen in Richtung des Bundestagswahlkampfs 2025,
besonders wenn Merz Kanzlerkandidat werden sollte. Er weiß das auch. Was
mich überrascht, ist, dass trotz dieses Wissens die Frauen in der CDU
weiterhin kaum sichtbar sind. Christina Stumpp, die stellvertretende
Generalsekretärin, wirkt in die Partei, ist aber öffentlich kaum
wahrnehmbar. Serap Güler, die immerhin stellvertretende Leiterin der
Grundsatzprogrammkommission war, könnte man viel mehr nach vorne stellen.
Auch aus dem Präsidium ist eigentlich nur Karin Prien als stellvertretende
Bundesvorsitzende wahrnehmbar.
Könnte die CDU im konservativen Spektrum gewinnen, aber an der anderen
Seite sogar mehr verlieren?
Angela Merkel hat im Lager moderner Konservativer, zum Beispiel auch an der
Schnittstelle Schwarz-Grün, Wählerinnen und Wähler mobilisieren können. Das
wird mit Merz sicherlich schwieriger werden. Mit Blick auf das
Grundsatzprogramm stehen neben den Frauen auch andere Wählergruppen im
Fokus: junge Menschen etwa und auch die migrantische Community. Wie will
man sie erreichen? Wichtig ist aber auch: Man gewinnt Wahlen nicht nur in
der Mitte, sondern auch unter den alten Menschen. Knapp 40 Prozent der
Wahlberechtigten waren schon 2021 über 60 Jahre alt. Strategisch kann eine
Partei legitimerweise darüber nachdenken, wie sie diese Gruppe mobilisiert.
Und die ist in der Breite für konservative Positionen durchaus
aufgeschlossen.
Und was ist mit den Jungen?
Befragungen zeigen, dass ein sicherer Arbeitsplatz und eine sichere
Alterssicherung für die jungen Leute die wichtigsten Themen sind. Es geht
also nicht nur um vermeintliche Junge-Leute-Themen wie Bildung oder
Digitalisierung. Da macht die CDU Vorschläge, die sich wenig an genau diese
Zielgruppe richten. Auch hier könnte man [5][junge Gesichter in der Partei]
stärker nach vorne stellen – es gibt sie ja.
5 May 2024
## LINKS
[1] /Reform-der-Schuldenbremse/!6003314
[2] /Politologin-zu-Grundsatzprogramm-der-CDU/!5981094
[3] /Wahlen-in-Ostdeutschland-2024/!t5993946
[4] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/cdu-warum-friedrich-merz-ein-fra…
[5] /Jungpolitikerinnen-ueber-Zukunft/!5998032
## AUTOREN
Sabine am Orde
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Grundsatzprogramm
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