# taz.de -- ZSK tourt durch Deutschland: Bundesweit gegen Altersmilde | |
> Zum Zehnjährigen ihres Albums „Herz für die Sache“ geht die Berliner | |
> Punkband ZSK auf Jubiläumstour. Ihr Antifa-Engagement ist weiterhin | |
> wichtig. | |
Bild: ZSK in aktueller Besetzung: Joshi ist zweiter von links | |
Eine Art Generalprobe, das ist, was die Berliner Punkband ZSK im leeren | |
Konzertsaal des Kreuzberger Lido anstimmt, bevor sie durch die Lande reist. | |
Ein Jubiläum steht an (mit kleiner Verspätung): 2013 erschien ihr Album | |
„Herz für die Sache“, Werk Nummer fünf. Nun wollen sie es komplett | |
durchspielen. Denn die Songs waren für die Band Durchbruch und Comeback | |
zugleich. | |
Manche Songs hat das Quartett bis heute nie live gespielt. „Wir mussten uns | |
erst mal hinsetzen und die Eigenkompositionen noch mal anhören, um | |
rauszufinden, welche Akkorde da im Spiel waren“, erklärt ZSK-Sänger und | |
Gitarrist Joshi der taz. „Wir haben das nie aufgeschrieben, wir sind ja | |
keine Musikstudenten.“ | |
Hinter der DiY-Fassade von ZSK tut sich eine inzwischen gut geölte | |
Produktionsmaschinerie auf. Im Lido probt die Band sogar Lichtsequenzen und | |
die Konzertdramaturgie, testet neue In-Ear-Monitore aus. Diese Punks sind | |
längst zu Profis geworden. | |
Seit 1997 spielt ZSK euphorischen, energischen, ja empowernden Punkrock. | |
Der Sound erinnert stark an die kalifornische Punkszene der 90er Jahre, um | |
Bands wie Bad Religion und NOFX. Künstler, mit denen ZSK über die Jahre | |
auch live gespielt hat. | |
Man könnte sagen: ZSK ist ein Klon des kalifornischen Sounds. Joshi grinst, | |
den Einwand fasst der 42-Jährige als Kompliment auf. Er trägt einen Hoody | |
von Fat Wreckchords, dem San Fransiscoer Label von NOFX-Sänger Fat Mike. | |
## Klare Kante gegen Nazis | |
Mit 16 verbrachte Joshi selbst einen Sommer im nordkalifornischen Berkeley, | |
mit der lokalen Punkszene dort war es für ihn Liebe auf den ersten Blick. | |
„Der klassische Deutschpunk war uns immer zu lahm, zu holprig und | |
thematisch zu eng. Wir fanden die Leichtigkeit von US-Punk viel schöner“, | |
erklärt Joshi. | |
Unpolitisch war ZSK aber nie. Klare Kante gegen Nazis zu zeigen, war von | |
Beginn an Herzensangelegenheit. Die Band benannte sich auch nach dem | |
„Zivilen Streifenkommando“, einer Sondereinheit der Polizei, die für die | |
linke Szene in ihrer Heimatstadt Göttingen zuständig war. „Wir saßen oft | |
auf der Straße, um Nazidemos zu blockieren“, sagt Joshi, „das hat unsere | |
Jugend geprägt.“ | |
Anfang der nuller Jahre zog ZSK nach Berlin. Die Bandmitglieder | |
protestierten bundesweit gegen Rechtsextreme und starteten 2006 auch die | |
Kampagne „Kein Bock auf Nazis“, die bis heute andauert. 2007, nach zehn | |
Jahren Punk und Protest, kam die Trennung. „Wir waren ziemlich kaputt von | |
den vielen Touren und dachten, das war’s.“ | |
2013 veröffentlichten ZSK dann doch wieder ein neues Album, „Herz für die | |
Sache“. Mit Songs über Antifaschismus, Tierrechte, Punk-Sell-out und | |
Bengalos. Damit landete ihre Musik erstmals in den Charts und kletterte bis | |
auf Rang 29. „Wir wurden von dem Erfolg völlig überrascht“, erklärt Josh… | |
Auftaktsong als Bewegungshymne | |
„Antifascista“, der Auftaktsong, wurde bald zur Bewegungshymne: „Wir | |
brauchen kein Verbot / Denn wir können das viel besser / Alerta, Alerta, | |
Antifascista“, heißt es im Refrain. Zunächst war Joshi skeptisch, erinnert | |
er sich: „Damals dachte ich, diese Demoparole ist zu platt, das können wir | |
doch nicht machen.“ | |
Dennoch kam der Song aufs Album. Beim Streamingdienst Spotify erzielte er | |
bis heute mehr als elf Millionen Plays. Im Songtext kommt eine | |
romantisierte Vorstellung von Antifaschismus zum Vorschein. Der Text ist zu | |
einer Zeit entstanden, in der noch Tausende Aktivist*innen mit | |
Blockadeaktionen gegen den jährlichen Neonaziaufmarsch am 13. Februar auf | |
die Straße gegangen sind. | |
Heute, zehn Jahre später, [1][fällt die Bilanz ernüchternd aus]: Viele | |
rechtsextreme Demos können problemlos stattfinden, die Antifa-Szene ist in | |
vielen Städten zersplittert, bundesweite Mobilisierungskraft gibt es im | |
Moment kaum. „Wir wünschen uns, dass das wieder besser wird“, sagt Joshi. | |
„Wir wollen aber trotzdem nicht, dass diese Demos verboten werden, wir | |
wollen, dass Leute Naziaufmärsche verhindern oder zum Abbruch zwingen.“ | |
Rechtsextreme im Bundestag | |
Inzwischen marschieren Rechtsextreme nicht nur auf der Straße, sie sitzen | |
im Bundestag. 2021 antwortete ZSK mit dem Song „All meine Freunde hassen | |
die AfD“. Auf die Frage, ob jene Parole nicht noch platter ist als „Alerta, | |
Alerta“, kontert Joshi: „Bei sehr vielen Leuten stimmt der Spruch leider | |
nicht, es gibt ja AfD-Wähler:innen überall im Land.“ | |
Direkt im Anschluss an die Landtagswahlen in Sachsen im September, bei der | |
die rechtsextreme Partei laut aktuellen Umfragen stärkste Kraft werden | |
könnte, [2][plant ZSK ein Konzert im Alternativen Jugendzentrum Chemnitz]. | |
ZSK hat inzwischen acht Alben veröffentlicht, 2023 erschien das neueste, | |
„HassLiebe“. 27 Jahre nach Bandgründung und zehn Jahre nach | |
Veröffentlichung von „Herz für die Sache“ ist der Altersunterschied | |
zwischen Musikern und Fans zwar größer geworden, [3][Joshi fühlt sich | |
dennoch mit dem jungen Publikum verbunden]. „Sie sind sehr wütend, | |
emotional, wollen Dinge verändern – das verstehe ich sehr gut.“ Auf der | |
Bühne fühle er sich wieder jung – „höchstens 20“. Das gelte auch für … | |
Aktivismus der Band: „Man muss mit allen Mitteln gegen Nazis vorgehen. Wir | |
werden auf keinen Fall altersmilde.“ | |
22 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /ZSK-Saenger-Joshi-ueber-Punk-und-Politik/!5763205 | |
[2] /Kulturszene-in-Chemnitz/!5619232 | |
[3] /Solikampagne-fuer-israelische-Geisel/!5971025 | |
## AUTOREN | |
Nicholas Potter | |
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