# taz.de -- Compliance-Vorwürfe in zwei Ministerien: Wissing erneut unter Druck | |
> Ein Mitarbeiter des Verkehrsministeriums soll in der FDP-Zentrale | |
> gearbeitet haben. Auch im Innenministerium soll es Ungereimtheiten geben. | |
Bild: Unter Druck: Im Haus von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) gibt es Un… | |
BERLIN taz | Im Bundestag häuft sich die Kritik am Umgang mit öffentlichen | |
Geldern in Verkehrs- und Innenministerium. Die Unionsfraktion und die Linke | |
forderten am Donnerstag Aufklärung, nachdem verschiedene Medien über | |
mögliche Compliance-Fälle in den beiden Ministerien berichtet hatten. | |
[1][Die Bild-Zeitung hatte unter Verweis auf interne Aussagen aus dem | |
Verkehrsministerium über einen dortigen Mitarbeiter geschrieben,] der einer | |
Tätigkeit in der FDP-Parteizentrale nachgehe. [2][Der Spiegel berichtete | |
über einen anderen Fall im Innenministerium,] in dem ein hochrangiger | |
Beamter fragwürdige Kontakte zu einem Berater der Firma McKinsey gehalten | |
haben soll. | |
„Allmählich muss man sich nicht nur aufgrund Volker Wissings fachlicher | |
Performance, sondern auch aufgrund seiner Unzuverlässigkeit im Umgang mit | |
dem Geld des Steuerzahlers fragen, ob er den richtigen Job hat“, erklärte | |
der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Ulrich Lange, mit | |
Blick auf den Verkehrsminister gegenüber der taz. | |
Laut den Berichten der Bild soll ein Mitarbeiter aus Wissings Haus mehrmals | |
die Woche seinen gesamten Arbeitstag in der FDP-Parteizentrale verbringen. | |
Das Büro des Beamten im Verkehrsministerium werde nicht genutzt, | |
Arbeitsnachweise im Ministerium gebe es von ihm auch keine. | |
„Offenbar sieht es der Minister im Umgang mit Steuergeldern nicht so eng. | |
Das ist ein Unding“, so Lange. Der CSU-Abgeordnete zieht eine Parallele zum | |
mittlerweile geschassten Leiter der Grundsatzabteilung im | |
Verkehrsministerium, den Wissing wegen eines gestörten | |
Vertrauensverhältnisses im Februar 2024 entlassen hatte. | |
Vorangegangen waren Berichte über Ungereimtheiten bei der Vergabe von | |
Fördermitteln für Wasserstoffprojekte, [3][bei denen dem Beamten | |
Vetternwirtschaft vorgeworfen wurde.] „Nachdem Volker Wissing seinen | |
Abteilungsleiter ‚Mister Wasserstoff‘ bereits wegen Mauscheleien mit | |
Fördergeldern entlassen musste, sieht es jetzt danach aus, als schicke er | |
auch noch einen Top-Beamten zum Arbeiten in die FDP-Parteizentrale“, sagte | |
Lange. | |
## Union will im Bundestags-Innenausschuss beraten | |
Die Union fordert auch Aufklärung in dem anderen Fall, der das | |
Innenministerium betrifft. Nach Recherchen des Spiegels soll es im Haus von | |
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) zu Ungereimtheiten bei der | |
Auftragsvergabe für Digitalisierungsprojekte gekommen sein – in | |
Zusammenhang mit persönlichen Kontakten eines Abteilungsleiters im | |
Innenministerium. | |
„Sollten im Innenministerium Steuergelder nicht rein nach fachlichen | |
Kriterien eingesetzt worden sein, wäre das ein ungeheurer Vorgang“, | |
erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Andrea | |
Lindholz. Die Union werde den Vorgang im Bundestags-Innenausschuss auf die | |
Tagesordnung setzen, um den Vorwürfen nachzugehen. | |
Auch die Linke im Bundestag ist empört. „Ministerien und Behörden dürfen | |
nicht mit Scheinanstellungen für Parteikader missbraucht werden“, sagte | |
Christian Görke, parlamentarischer Geschäftsführer der Linken im Bundestag. | |
Der Fall im Verkehrsministerium sei besonders brisant, weil | |
FDP-Finanzminister Christian Lindner „überall mit dem Rotstift über die | |
Budgets fährt und vielen Behörden durch Personalmangel die Arbeit“ | |
erschwere. „Statt Budgets mit Scheinanstellungen für einen FDP-Apparatschik | |
zu nutzen, wäre das Geld für mehr Personal bei der Zentralstelle für | |
Sanktionsdurchsetzung im Kampf gegen russische Oligarchen besser | |
eingesetzt“, sagte Görke. | |
## Wie sieht es im Beamtenrecht aus? | |
Das Bundesverkehrsministerium verweist auf taz-Anfrage darauf, dass in der | |
Angelegenheit alles rechtmäßig verlaufen sei. Der Beamte sei vom | |
Bundeswirtschaftsministerium ans Verkehrsministerium versetzt worden. Dabei | |
sei ihm eine Teilzeitstelle mit einem Umfang von zwei Dritteln als | |
Co-Leiter des Referats Politische Koordinierung übertragen worden. „Zudem | |
wurde ihm eine von ihm beantragte Nebentätigkeit für die FDP-Bundespartei | |
mit maximal 8 Stunden pro Woche genehmigt“, sagte eine Sprecherin. Der | |
Antrag sei geprüft und mit dem Beamtenrecht für vereinbar erachtet worden. | |
„Beide Tätigkeiten sind strikt voneinander getrennt und dürfen nach der | |
Nebentätigkeitsgenehmigung nicht vermischt werden. Diese Vorgaben werden | |
eingehalten“, sagte die Sprecherin. Die Arbeitszeit für das | |
Verkehrsministerium sei erfasst und nachgewiesen worden. Beschäftigte des | |
Ministeriums dürften bis zu 60 Prozent ihrer Arbeitszeit von einem mobilen | |
Platz aus erbringen. | |
Allerdings: Das Beamtenrecht sieht vor, dass Nebentätigkeiten unter | |
bestimmten Umständen zu untersagen sind. Laut Paragraf 99 des | |
Bundesbeamtengesetzes gilt das für den Fall, dass die Nebentätigkeit „die | |
Unparteilichkeit oder Unbefangenheit der Beamtin oder des Beamten | |
beeinflussen kann“. | |
2 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bild.de/politik/inland/verkehrsministerium-top-beamter-arbeitet… | |
[2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundesinnenministerium-verdacht-… | |
[3] /Vorwurf-der-Vetternwirtschaft/!5992692 | |
## AUTOREN | |
Cem-Odos Güler | |
Anja Krüger | |
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