# taz.de -- EU-Flüchtlingsabkommen mit Libanon: Die Verzweiflung dürfte bleib… | |
> Der Flüchtlingsdeal mit Libanon wirft viele Fragen auf. Die EU setzt auf | |
> ein dysfunktionales und autokratisch regiertes Land. | |
Bild: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen während einer Pressekonf… | |
Der [1][EU-Flüchtlingsdeal mit dem Libanon, den EU-Kommissionspräsidentin | |
Ursula von der Leyen in Beirut verkündet hat], wirft Fragen auf. Wie kann | |
man die versprochene 1 Milliarde Euro ausgeben, in einem völlig | |
dysfunktionalen Staat, der sich seit Jahren im freien ökonomischen Fall | |
befindet? Und wie kann man das Minenfeld umschiffen, nämlich dass die | |
militant-schiitische Hisbollah seit Jahren in Beirut an der Regierung | |
sitzt? | |
Alle drei EU-Flüchtlingsabkommen, die die EU am südlichen und östlichen | |
Mittelmeer geschlossen hat – [2][vergangenes Jahr mit Tunesien, vor sechs | |
Wochen mit Ägypten] und jetzt mit dem Libanon –, müssen sich auch eine | |
andere Kritik gefallen lassen: Egal ob den arabischen Autokraten in Ägypten | |
oder Tunesien oder den libanesischen Polit-Clans – sollte die EU überhaupt | |
an Orten Geld ausgeben, in denen die Menschenrechtslage mehr als | |
zweifelhaft ist? Die EU-Vertreter haben hier stets das gleiche Bekenntnis | |
auf den Lippen: Man befinde sich in dieser Frage mit den jeweiligen Seiten | |
im Dialog. Der Rest ist Realpolitik. | |
Doch die Zweifel zur Seite geschoben: Lassen sich die Erfolge oder | |
Misserfolge der EU-Migrationsdeals überhaupt messen? Nehmen wir den Fall | |
des 7,4 Milliarden Euro schweren Migrationsabkommens mit Ägypten, dessen | |
größter Teil Wirtschaftshilfen umfasst und wo „nur“ 200 Millionen Euro f�… | |
direkte Maßnahmen bestimmt sind, die Migration zu stoppen. Was würde | |
passieren, wenn ein Ägypten mit über 100 Millionen Einwohnern, mit einem | |
Friedensvertrag mit Israel und mit dem Suezkanal als einer der wichtigsten | |
Handelstrassen der Welt, wirtschaftlich kollabieren würde? | |
## Höchste Flüchtlingsrate der Welt | |
Die Folgen wären unabsehbar für die EU. Der Fall des Libanons ist ungleich | |
kleiner und doch dramatisch. Mit 5 Millionen Einwohnern und 1,5 Millionen | |
syrischen Flüchtlingen hat das Land die größte Pro-Kopf-Flüchtlingsrate der | |
Welt. Will man die Sonntagsreden von der „Hilfe vor Ort“ zur Verhinderung | |
von Flucht und Migration ernst nehmen, kommt die EU nicht am Libanon | |
vorbei. | |
Es bleibt kompliziert, und es gibt keine einfachen Antworten auf die | |
offenen Fragen und Klagen. Bleibt zu hoffen, dass auch im Libanon nicht der | |
größte Teil der versprochenen 1 Milliarde Euro bei der libanesischen | |
Küstenwache landet. Denn das wäre zu kurz gegriffen und würde das | |
Hauptproblem ignorieren: den Grad der Verzweiflung. Als ich vor zwei Jahren | |
selbst am Kai von Tripoli stand, dort, wo die Fischerboote mit den | |
Flüchtlingen nach Zypern ablegen, fasst einer von ihnen seine Optionen mit | |
einem Satz zusammen. „Vor mir“, sagte er, „liegt das Meer und hinter mir | |
die Armut.“ | |
3 May 2024 | |
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[1] /EU-Abkommen-mit-dem-Libanon/!6004506 | |
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## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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