# taz.de -- Verbot von Gehsteigbelästigung: Ampel will Frauen schützen | |
> Der Bundestag diskutiert das geplante Verbot von Gehsteigbelästigung. | |
> Immer wieder blitzt dabei die Debatte um Legalisierung von Abtreibungen | |
> auf. | |
Bild: Gehsteigbelästigungen durch Abtreibungsgegner:innen seien „unzumutbar�… | |
BERLIN taz | Der Frauenanteil im Bundestag liegt bei gerade mal 31 Prozent. | |
Und doch redeten in der Debatte über das geplante Verbot [1][sogenannter | |
Gehsteigbelästigungen] am Mittwochnachmittag im Bundestag nur Frauen. Dass | |
Abtreibungsgegner:innen ungewollt Schwangeren den Gang zu einer | |
Beratung zum „Spießrutenlauf“ machten, sei „unzumutbar“, erklärte | |
Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne). „Und deswegen müssen wir das | |
unterbinden.“ | |
Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland verboten, unter bestimmten | |
Bedingungen aber straffrei. So ist etwa eine Beratung vor dem Abbruch | |
verpflichtend. Radikale Abtreibungsgegener:innen postieren sich aber | |
vielerorts vor eben diesen Beratungsstellen oder vor Arztpraxen, die | |
Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Oft halten sie Plakate oder Kreuze, | |
verteilen Plastik-Embryos und beten lautstark. Manchmal sprechen sie die | |
Beratungssuchenden direkt an. | |
Paus Gesetzesentwurf soll solche [2][Gehsteigbelästigungen mit einer | |
Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes verbieten]. Er sieht zum | |
einen „Belästigungsverbote“ vor, die eine Beeinträchtigung der Schwangeren | |
im Umkreis von 100 Metern um die Beratungsstelle oder Einrichtung, die | |
Abbrüche vornimmt, untersagt. Zum anderen untertellt er diese Belästigungen | |
als Ordnungswidrigkeiten einem Bußgeldtatbestand von bis zu 5.000 Euro. | |
Die Union sieht keine Notwendigkeit für dieses neue Gesetz. So erklärte | |
Silvia Breher (CDU), es gäbe bereits rechtliche Mittel, um gegen solche | |
Belästigungen und Behinderungen vorzugehen. Dabei verwies sie auf den | |
Straftatbestand der Nötigung, unter den solche Gehsteigbelästigungen | |
bereits fallen würden. Breher bezweifelte, dass das Gesetz Betroffenen | |
einen weitergehenden Schutz biete. Vielmehr werde ein solches Gesetz | |
ohnehin vor Gericht einkassiert: „Diese Meinungsäußerungen können Sie nicht | |
verbieten.“ | |
## Keine Schwangere treffe die Entscheidung leichtfertig | |
Der Nötigungs-Straftatbestand reiche keineswegs aus, erklärte die | |
SPD-Abgeordnete Sonja Eichwede: Die Belästigungen seien psychische Gewalt. | |
Es gebe aber keinen psychischen Gewaltbegriff im Strafgesetzbuch. „Wir | |
haben die Frauen zur Beratung verpflichtet, dann müssen wir auch dafür | |
sorgen, dass sie ungescholten dazu kommen“, so Eichwede. Die | |
FDP-Abgeordnete Nicole Bauer stellte klar: „Die Beleidigung und | |
Einschüchterung von Frauen geht weit über Meinungsäußerung hinaus.“ | |
Keine Frau treffe die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch | |
leichtfertig, sondern vielmehr wohlüberlegt, sagte die Grünen-Abgeordnete | |
Denise Loop. Den sogenannten Lebensschützer:innen hielt sie entgegen: | |
„Sie schützen mit Ihren Aktionen kein einziges Leben, im Gegenteil, Sie | |
erschweren das Leben von Frauen.“ | |
Immer wieder ging es am Rande der Debatte um die am Montag bekannt | |
gewordenen Ergebnisse der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission | |
zur reproduktiven Selbstbestimmung. Die Expertinnenkommission empfiehlt, | |
[3][Schwangerschaftsabbrüche mindestens in den ersten 12 Wochen zu | |
legalisieren]. | |
Susanne Hierl (CSU) erklärte, auch beim geplanten Verbot der | |
Gehsteigbelästigung dränge sich „der Verdacht auf, dass die Weichen für | |
legalen Schwangerschaftsabbruch weiter gestellt werden sollen“. Beatrice | |
von Storch aus der AfD warf der FDP-Rednerin Bauer in einem Zwischenruf | |
vor: „Sie haben eine Agenda, Sie wollen die Abtreibung in toto | |
legalisieren. Ihr Ziel ist es, §218 in kleinen Schritten abzuschaffen.“ | |
Über die geleakten Ergebnisse der Expertinnenkommission wollte sich in der | |
Debatte jedoch keine der Rednerinnen explizit äußern. Alle Seiten wiesen | |
auf die offizielle Vorstellung der Ergebnisse am Montag hin. Der Entwurf | |
geht nun in die jeweiligen Ausschüsse und wird dort weiter beraten. | |
10 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Paula Schöber | |
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