# taz.de -- AfD-Landesparteitag in Niedersachsen: Außen Protest, innen Harmonie | |
> Am Samstag wählte die AfD in Niedersachsen Ansgar Schledde zum neuen | |
> Vorsitzenden. Vor der Halle gab es viel Protest, drinnen war die taz | |
> unerwünscht. | |
Bild: Rund 3.000 Menschen protestierten gegen den AfD-Parteitag | |
UNTERLÜß taz | Die Blockadeversuche beim Landesparteitag der | |
niedersächsischen AfD am Samstag unterband die Polizei. Gut zwei Stunden | |
vor Beginn der Veranstaltung in Unterlüß in der Südheide scheiterte auch | |
die Überwindung von Polizeigittern. | |
In der niedersächsischen Gemeinde machten die Protestierenden direkt vor | |
dem Bürgerhaus aber deutlich, dass sie sich dieser Partei entschieden | |
entgegenstellen, um die Demokratie zu schützen. ‚Genug ist genug‘, war der | |
Tenor der Begrüßung von Dirk Garvels auf der Kundgebung. Der | |
DGB-Regionssekretär betonte, dass mit 3.000 Demonstrant:innen mehr | |
Menschen gekommen seien als erwartet. | |
Am Morgen des 20. April kamen immer mehr Protestierende mit Zügen und | |
Bussen in die kleine Gemeinde [1][nahe der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen]. | |
„Solidarisch statt solide arisch“ und „Keine Toleranz der Intoleranz“ s… | |
auf selbst gemachten Pappschildern. | |
„Diese Bewegung bekommt die AfD nicht mehr weg“, sagte Christoph Bautz, | |
Geschäftsführer der Kampagnen-Organisation Campact. Nach Bekanntwerden des | |
Geheimtreffens in Potsdam, bei dem AfD- und CDU-Mitglieder über | |
‚Remigration‘ diskutierten, seien [2][auch in AfD-Hochburgen Menschen auf | |
die Straße gegangen]. „Dieser Parteitag am Geburtstag Adolf Hitlers, direkt | |
um die Ecke des Konzentrationslagers, ist eine einzige Provokation“, sagte | |
Bautz und betonte unter Applaus: „Diese Partei, diese AfD, ist | |
rechtsextrem, menschenverachtend“. | |
## Die taz darf nicht rein | |
Der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Jens-Christian Wagner, erinnerte | |
daran, dass in Unterlüß Kinder begraben sind, die Opfer des | |
Nationalsozialismus wurden. Die Verharmlosung dieser Zeit werde nicht nur | |
[3][vom Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke] bewusst betrieben. Der | |
Jargon der Partei sei antisemitisch und antidemokratisch. Eine klare Absage | |
an eine Zusammenarbeit müsse von CDU und FDP kommen, sagte er unter | |
Beifall. | |
„Milchgesichter“ nannte der AfD-Landtagsabgeordnete Holger Kühnlenz die | |
Demonstrant:innen vor der Tür des Bürgerhauses. Sie seien | |
undemokratisch, weil sie gegen eine demokratische Partei protestierten. Im | |
Saal sagte Peer Lilienthal, Schatzmeister der Fraktion, der Regen werde die | |
Demonstrant:innen „mal sauber“ machen. Europawahlkandidat Julian Flak, | |
der den Parteitag moderierte, witzelte angesichts des nachlassenden Regens, | |
man müsse nun [4][nicht mehr Sea Watch anrufen]. | |
Im Foyer des Bürgerhauses hatte zuvor der Pressesprecher der | |
Bundestagsfraktion der taz die Akkreditierung verweigert. Die scheidende | |
Geschäftsführerin hatte gerade das Presseschild geben wollen. Den Verlauf | |
des Parteitages musste die taz im Livestream verfolgen – eingeschränkt | |
durch die Kameraausrichtung. | |
Die Wahl des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ansgar Schledde zum | |
Landesvorsitzenden verlief ohne Kontroversen und Gegenkandidat:innen. Der | |
bisherige Landeschef, der [5][Bundestagsabgeordnete Frank Rinck], hatte | |
schon bei seinem Rechenschaftsbericht erklärt, nicht mehr für das Amt | |
kandidieren zu wollen. | |
## Harmonie in der Halle | |
Die [6][Razzien bei der AfD in Hannover] am vergangenen Mittwoch wegen | |
angeblich illegaler „Kriegskassen“, kurz vor dem Parteitag, tat Schledde | |
als ein Diskreditierungsversuch ab. Er habe ein „reines Gewissen“. Auch die | |
Delegierten stören sich nicht an den Ermittlungen: 79,75 Prozent der | |
Stimmen bekam der 46-Jährige. | |
Über interne Kräfteverhältnisse wollten die AfD-Landtagsabgeordneten Alfred | |
Dannenberg und Stefan Marzischewski-Drewes der taz vor dem Haus nichts | |
sagen. Rincks Bilanz hätte eine weitere Amtszeit nahegelegt. | |
Er schaffte es, den einst massiv zerstrittenen Verband zu beruhigen. Die | |
Mitgliederzahl verdoppelte sich fast auf 4.000, damit ist die AfD | |
Niedersachsen der größte Landesverband im Westen. Von den enormen Schulden | |
von 800.000 Euro sollen nur noch 260.000 Euro übrig sein. In seiner | |
Amtszeit zog die Partei mit über zehn Prozent in den Landtag ein. Mit Blick | |
auf die Europawahl erklärte Rinck, dass die AfD den anderen Parteien im | |
EU-Parlament das „Leben zur Hölle machen“ wolle. | |
## Europawahl-Spitzenkandidat Maximilian Krah kommt auch | |
Einer, der schon im EU-Parlament sitzt und als ihr Spitzenkandidat erneut | |
antritt, war extra zum Parteitag angereist: [7][Maximilian Krah]. Der | |
Kandidat aus dem rechtsextremen Milieu um Björn Höcke bezeichnete den | |
Landesverband als das „Flaggschiff“ der AfD im Westen. Nach seiner Rede gab | |
es stehenden Applaus. Die Harmonie auf dem Parteitag überraschte selbst die | |
eigenen Mitglieder. Auch bei der Wahl zum stellvertretenden | |
Landesvorsitzenden gab es keine Gegenkandidatur. | |
Bei seiner Ankunft wurde Krah von einer Person angegangen. Die Polizei | |
sprach einen Platzverweis aus. Insgesamt erteilte sie am Sonntag rund 40 | |
Platzverweise. | |
21 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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