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# taz.de -- Organisierte Kriminalität in Argentinien: Bandenkriminalität und …
> In der Hafenstadt Rosario ist die Mordrate viermal so hoch wie im
> Landesdurchschnitt. Eine Lösung ist auch unter Javier Milei eher
> fraglich.
Bild: In Rosario konfiszierte Waffen bei einer Pressekonferenz der argentinisch…
Meine Hündin Pinky hat eine neue Freundin. Vor etwa vier Wochen ist schräg
gegenüber ein Collie eingezogen. Genauer gesagt eine Hündin und ihre
Besitzerfamilie. Die Hündin heißt Reina, die Königin. Sie ist reinrassig,
wie ihr Frauchen gerne betont. Pinky ist das egal. Sie hat ein offfenes
Wesen und sucht sich ihre Freunde nach anderen Kriterien aus.
Collie Reina und ihre Familie sind aus der Stadt Rosario zugezogen.
Allerdings nicht freiwillig, wie ihr Frauchen erzählt. Die Angst hat die
Familie zum Umzug bewogen. Nachdem vor drei Monaten auf die Eingangstür des
Supermarkts neben der Schule ihrer beiden Kinder geschossen worden war,
hatten sie endgültig genug. Und da der Vater in die hauptstädtische
Firmenzentrale wechseln konnte, beschlossen sie, nach Buenos Aires zu
ziehen.
Rosario ist die drittgrößte Stadt Argentiniens. Sie liegt rund 300
Kilometer nordwestlich von Buenos Aires in der Region Santa Fe und ist der
wichtigste Agrarexporthafen des Landes. Die Millionenstadt erstreckt sich
[1][entlang des Río Paraná] und ist der Geburtsort von Che Guevara und
[2][Lionel Messi,] weshalb Letzterer ein regelmäßiger Besucher ist. Rosario
ist aber auch die Stadt mit der höchsten Mordrate in Argentinien. Im Jahr
2022 war sie gut viermal so hoch wie der Landesdurchschnitt.
„Das war nicht der erste Supermarkt und es stand auch nicht groß in der
Zeitung“, erzählt das Collie-Frauchen. Aber als vor etwas mehr als einem
Jahr auf den Supermarkt der Familie von Antonela Roccuzzo, der Frau von
Lionel Messi, geschossen wurde, sorgte das für Schlagzeilen. In den
Metalljalousien wurden 14 Einschusslöcher gezählt, und man fand ein Stück
Papier mit der Botschaft: „Messi, wir warten auf dich.“ „Früher ging es …
Rosario um Drogen, aber jetzt geht es auch um Schutzgelderpressung“, sagt
meine neue Nachbarin.
## Zielscheiben der Narcos
Der Río Paraná ist für Rosario Segen und Fluch zugleich. Die für ganz
Südamerika wichtigste Wasserstraße Paraguay-Paraná ist bis Rosario für
große Frachter schiffbar. Über die Hafenanlagen werden riesige Mengen
Getreide und Soja verladen. Aber auch Schmuggelware und Drogen, wie etwa
Kokain, das in großem Stil aus dem Norden angeliefert und hier verschifft
wird.
Das Exportgeschäft nach Europa oder Afrika wird von den Großen der Branche
abgewickelt. Ein Teil der Drogen bleibt jedoch in Rosario und überschwemmt
den städtischen Markt, um dessen Anteile sich über 20 Familienclans und
Banden streiten. Schießereien bei Tag und Nacht sind in einigen Vierteln
fast an der Tagesordnung. Verirrte Kugeln haben schon viele Unbeteiligte
verletzt oder getötet. „Die Clan-Chefs agieren alle aus dem Gefängnis“,
sagt die Collie-Besitzerin. Die hätten nicht erst seit gestern die Polizei,
die Justiz und die Politik korrumpiert.
Pinky ist plötzlich unruhig. Sie hat den Boxerrüden aus der Parallelstraße
an der Ecke entdeckt. Der zieht jetzt sein Herrchen zu uns herüber.
„Irgendwann war uns schon beim Gassigehen mit Reina mulmig“, erzählt Reinas
Frauchen und erklärt jetzt auch dem Boxer-Herrchen, warum sie umgezogen
sind. „Milei hat jetzt das Militär nach Rosario geschickt“, fügt der hinzu
und gibt sich damit gleich auch als Wähler des libertären Präsidenten zu
erkennen. Jetzt werde aufgeräumt, meint er.
Das Militär dürfe gar nicht eingreifen, das verbiete allein schon die
Verfassung, sagt das Collie-Frauchen. Und: „Die Militärs trauen der lokalen
Polizei nicht und wollen auch nicht zur Zielscheibe der Narcos werden.“
Seit der neue Gouverneur von Santa Fe in Absprache mit dem Bürgermeister
von Rosario härter durchgreift, gebe es nicht nur mehr Schusswaffenangriffe
auf Gebäude, sondern auch mehr willkürliche Erschießungen. So wie der Mord
an einem 25-jährigen Parkwächter Anfang März, der von Überwachungskameras
aufgezeichnet und ins Netz gestellt wurde. „Wir wären nicht weggezogen,
wenn wir ein Licht am Ende des Tunnels gesehen hätten“, seufzt Reinas
Frauchen.
22 Apr 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Jürgen Vogt
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