# taz.de -- Deutsche Waffen für Israel: Beamte kritisieren Nahost-Politik | |
> Hunderte Mitarbeiter von Ministerien fordern, keine Waffen mehr an Israel | |
> zu liefern. Auf eine entsprechende Klage reagiert die Regierung | |
> reserviert. | |
Bild: Israelische Soldaten blicken auf die Ruinen von Gaza | |
Die Kritik an deutschen Waffenlieferungen an Israel nimmt weiter zu. Eine | |
Gruppe deutscher Beamter hat in einem Schreiben an Bundeskanzler Olaf | |
Scholz und andere hochrangige Minister die Bundesregierung aufgefordert, | |
„Waffenlieferungen an die israelische Regierung mit sofortiger Wirkung | |
einzustellen“. Israel begehe in Gaza „Verbrechen, die in klarem Widerspruch | |
zum Völkerrecht und damit zum Grundgesetz stehen, an das wir als | |
Bundesbeamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes gebunden sind“, | |
[1][heißt es in der Erklärung, die auf dem Online-Portal LinkedIn | |
veröffentlicht wurde]. | |
Nach Angaben der Organisatoren sollen rund 600 Beamte und Mitarbeiter | |
verschiedener Ministerien und Behörden die Erklärung tragen, [2][berichtet | |
der arabische Sender Al Jazeera]. Aus Angst vor beruflichen Nachteilen | |
wollen sie aber anonym bleiben. Ein leitender Angestellter spricht von | |
einem „Klima der Angst“ innerhalb der Behörden und Ministerien, wie er es | |
„in 15 Jahren noch nie erlebt“ habe. Man habe deshalb Diskussionen per | |
E-Mail vermieden und sich telefonisch ausgetauscht, berichtet ein Manager, | |
der im Alleingang mehr als 100 Unterschriften von Kollegen und über | |
berufliche Netzwerke gesammelt haben will. | |
Es sei „unsere Pflicht als Beschäftigte des Bundes“, heißt es in der | |
Erklärung, „daran zu erinnern, dass die Bundesregierung strikt die | |
Verfassung und das Völkerrecht zu beachten hat“. Darin wird die | |
Bundesregierung auch aufgefordert, die Zahlungen an das Hilfswerk der | |
Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) zu verlängern und sich | |
„aktiv und entschlossen für die Anerkennung eines palästinensischen | |
Staates“ in den international anerkannten Grenzen von 1967 einzusetzen. Zu | |
den Unterzeichnern sollen Beamte aus verschiedenen Ministerien gehören, | |
darunter viele Menschen mit internationalen Biografien und | |
Auslandserfahrung. Vor allem Diplomaten machen sich Sorgen, dass | |
Deutschlands Ruf in der Welt und seine internationalen Beziehungen | |
nachhaltigen Schaden nehmen könnten. | |
## Israels zweitgrößter Waffenlieferant | |
[3][Deutschland ist der zweitgrößte Waffenlieferant Israels.] Allein im | |
vergangenen Jahr soll die Bundesrepublik für 47 Prozent aller israelischen | |
Waffenimporte verantwortlich gewesen sein. Über den Zeitraum der | |
vergangenen 20 Jahre betrachtet, kamen fast ein Drittel aller israelischen | |
Waffenimporte aus Deutschland, die überwiegende Mehrheit aus den USA. | |
Andere Länder spielen keine vergleichbare Rolle. | |
Im vergangenen Jahr hatte sich der Gesamtwert der genehmigten | |
Rüstungsexporte nach Israel im Vergleich zum Vorjahr verzehnfacht. Er lag | |
im Jahr 2023 bei insgesamt 326,5 Millionen Euro, denn nach dem Angriff der | |
Hamas auf Israel und den ersten Gegenangriffen der israelischen Armee im | |
Oktober hatten die Waffenlieferungen aus Deutschland sprunghaft zugenommen. | |
[4][Zuletzt berichtete der Spiegel], die Rüstungsexporte seien in diesem | |
Jahr wieder zurückgegangen. Demnach seien bis zum 15. Februar Lieferung für | |
rund 9 Millionen Euro erlaubt worden – darunter Kriegswaffen für gut 32.000 | |
Euro. Dennoch bleibt Deutschland nach den USA der wichtigste | |
Waffenlieferant Israels. | |
## Kritik in den USA nimmt zu | |
In Deutschland standen Waffenlieferungen an Israel bisher nie infrage. Doch | |
nach dem israelischen Angriff auf einen Hilfskonvoi hat sich das geändert. | |
Die Linkspartei und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) fordern nun | |
unisono, deutsche Waffenexporte an Israel zu stoppen, Wagenknecht spricht | |
sogar von einem „Waffenembargo“. Auch im Ausland nimmt die Kritik zu. Die | |
frühere Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, schloss sich | |
einem Schreiben von Dutzenden Demokraten im US-Kongress an US-Präsident Joe | |
Biden und Außenminister Antony Blinken an, in dem ein Stopp der | |
Waffenlieferungen an Israel gefordert wird. | |
In Deutschland hat ein Team von Anwälten jetzt einen Eilantrag gegen die | |
Bundesregierung eingereicht, um die Ausfuhr von Kriegswaffen nach Israel zu | |
stoppen. Sie hätten Grund zu der Annahme, dass diese Waffen bei | |
Verletzungen des humanitären Völkerrechts im Gazastreifen eingesetzt | |
würden. Die Juristen des European Legal Support Center (ELSC), Law for | |
Palestine und das Palestine Institute for Public Diplomacy meinen, | |
Deutschland verstoße damit gegen internationale Abkommen wie den Vertrag | |
über den Waffenhandel (ATT) von 2013 und die Genfer Konvention. | |
Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf die Klage. „Nach Eingang | |
einer Klage bei Gericht ist diese zunächst durch das Gericht an die | |
Beklagte zuzustellen“, sagte eine Regierungssprecherin auf Anfrage. Erst | |
danach könne die Bundesregierung mit der Bearbeitung beginnen. | |
9 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.linkedin.com/posts/ambtenaren-en-de-grondwet-90_deutch-german-c… | |
[2] https://www.aljazeera.com/news/2024/4/7/german-civil-servants-demand-immedi… | |
[3] /Studie-zu-Waffenexporten/!6002667 | |
[4] https://www.spiegel.de/ausland/deutsche-ruestungsexporte-nach-israel-gehen-… | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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