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# taz.de -- Neuer slowakischer Präsident Pellegrini: Prorussisch und regierung…
> Peter Pellegrini gewinnt die Präsidentschaftsstichwahl in der Slowakei.
> Auch russische Desinformationskampagnen bremsten Gegenkandidat Korčok
> aus.
Bild: Auf allen Ebenen vereint: Präsident Peter Pellegrini und Premierminister…
Wien taz | Die meisten Wahlbeobachter hatten bis zuletzt ein
Kopf-an-Kopf-Rennen für die slowakische Präsidentschaftsstichwahl am
Samstag vorhergesagt. Schon bald nach Schließung der Wahllokale um 22 Uhr
kam aber die Ernüchterung für viele, die auf ein Gegengewicht zur
russlandfreundlichen und linksnationalen Regierung [1][unter Robert Fico]
gehofft hatten.
Mit 53,1 Prozent lag der regierungsnahe Peter Pellegrini nun doch deutlich
vor Ivan Korčok mit seinen 46,9 Prozent. [2][Seinen Vorsprung aus der
ersten Runde der Wahl vor zwei Wochen] – dort lag Korčok deutlich vor
Pellegrini an erster Stelle – konnte Korčok nun nicht mehr halten. Die
Wahlbeteiligung lag in dieser zweiten Runde bei 61 Prozent. Abgesehen von
der ersten Präsidentschaftsdirektwahl 1999 war dies der höchste Wert einer
solchen Stichwahl in der Slowakei.
Pellegrini (48), dessen Name auf seine italienischen Vorfahren zurückgeht,
begann seine Laufbahn als Ökonom und Assistent eines Smer-Parlamentariers.
2006 lief er erstmals selbst bei den Nationalratswahlen und schaffte es
prompt in das 150-köpfige Einkammerparlament. Nach Zwischenschritten als
Staatssekretär für Finanzen und Bildungsminister machte ihn Fico 2016 zum
Vizepremier. Im Zuge der Ermordung [3][des Investigativjournalisten Ján
Kuciak] und der folgenden politischen Krise wurde er auf Vorschlag Ficos
von 2018 bis 2020 Übergangspremier. 2020 gründete er seine eigene
sozialdemokratische Partei Hlas, lief nun aber als offiziell unabhängiger,
wenn auch regierungsnaher Kandidat in der Präsidentschaftswahl.
Der slowakische Präsident hat vor allem repräsentative Funktionen. Er kann
jedoch sein Veto zu beschlossenen Gesetzen einlegen und nur von einer
absoluten Mehrheit im Parlament überstimmt werden. Dafür bedürfte es in der
aktuellen Ausgangslage mindestens dreier Parteien. Seit einem halben Jahr
regiert Ficos Smer gemeinsam mit den Sozialdemokraten (Hlas) und der
rechtsextremen SNS.
## Pellegrini punktet mit Sozialpolitik und Erfahrung
„Pellegrini gelang es, die Wähler der im ersten Wahlgang erfolglosen
Kandidaten, aber auch viele vorherige Nichtwähler anzusprechen“, sagt
Radoslav Štefančík, Politologe an der Wirtschaftsuniversität Bratislava.
Dies fällt besonders beim rechtsnationalen Štefan Harabin, der ursprünglich
knapp 12 Prozent erreicht hatte, ins Gewicht. Zugute seien Pellegrini auch
seine Kommunikationsfähigkeiten als erfahrener Politiker gekommen.
Auch beim Thema Sozialpolitik – über die der Präsident im übrigen gar nicht
entscheidet – sei er überzeugend gewesen. Nicht zuletzt, so Štefančík,
konnte Pellegrini auf die Ressourcen des Staats für seinen Wahlkampf
zurückgreifen. Fico hatte ihn im Zuge der Regierungsbildung letzten Herbst
zum Nationalratspräsidenten gemacht. Zu Gute dürften ihm laut Štefančík die
Wähler der ungarischen Minderheit gekommen sein, vor allem in der
Südslowakei. Die rund 420.000 ethnischen Ungarn bilden die größte ethnische
Minderheit der Slowakei mit rund acht Prozent der Gesamteinwohnerzahl.
Immer wieder hatten ungarische Medien die Freundschaft des illiberalen
ungarischen Premiers Viktor Orbán und Fico betont.
Offenbar verfing auch die Angst vor einer zu starken Involvierung in den
Krieg im Nachbarland Ukraine. Diese wurde auch mittels russischer
Desinformation geschürt und [4][von einem Schmutzkübelwahlkampf gegen
Korčok begleitet], der als „Kriegspräsident“ dargestellt wurde. Bereits im
Vorfeld der Parlamentswahl vor einem halben Jahr setzte Fico mit Erfolg auf
dieses Thema. Er will etwa jede finanzielle Unterstützung für die Ukraine
beenden. Auch forderte er sie zur Aufgabe von Teilen ihres Territoriums
auf, um den Krieg zu beenden.
Vor allem innenpolitisch rechnet Experte Štefančík mit „schlimmen“ Folge…
„Die Regierungskoalition hat vor, die Rechtsstaatlichkeit und die liberale
Demokratie zu demontieren. Pellegrini wird regierungstreu sein, das hat er
im Wahlkampf selbst betont.“ Jenes Korrektiv, welches noch die bisherige
Präsidentin und liberale Proeuropäerin Zuzana Čaputova darstellte, dürfte
künftig also schmerzlich fehlen.
7 Apr 2024
## LINKS
[1] /Praesidentin-lehnt-Umweltminister-ab/!5967740
[2] /Praesidentschaftswahl-in-der-Slowakei/!5999892
[3] /Pressefreiheit-in-der-Slowakei/!5990442
[4] /Russische-Desinformation/!6000119
## AUTOREN
Florian Bayer
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