# taz.de -- Kampf gegen Antiziganismus: Für 2024 zwei Kommissionen geplant | |
> Im Dezember beschloss der Bundestag 27 Forderungen im Kampf gegen | |
> Antiziganismus. In diesem Jahr sollen nun zwei Kommissionen berufen | |
> werden. | |
Bild: Vorstellung des Jahresberichts der Meldestelle Antiziganismus 2022: Mehme… | |
Berlin taz | Der Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung geht davon | |
aus, dass zwei geplante Kommissionen noch in diesem Jahr berufen werden: Im | |
Juni solle bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz die Einsetzung | |
einer ständigen Bund-Länder-Kommission gegen Antiziganismus und für das | |
Leben der Sinti und Roma beschlossen werden, sagte [1][Mehmet Daimagüler] | |
der taz. | |
Er sei zudem „zuversichtlich“, dass bis Ende des Jahres eine weitere | |
Kommission berufen werden könne, die das auch nach Ende des | |
Nationalsozialismus weiterhin begangene Unrecht an Sinti und Roma | |
aufarbeiten soll. Im Kampf gegen die Diskriminierung und für die | |
Sichtbarmachung der Community seien beide Vorhaben „ein deutlicher Sprung | |
nach vorne“, so Daimagüler. | |
Beide Kommissionen sind Teil einer interfraktionellen Entschließung mit | |
insgesamt 27 Forderungen an die Bundesregierung, die der Bundestag mit sehr | |
breiter Mehrheit im Dezember angenommen hatte. Besonders daran: Der Antrag | |
kam nicht nur von den Regierungsfraktionen SPD, Grünen und FDP, sondern war | |
gemeinsam mit der Unionsfraktion gestellt worden. Zugestimmt hat außerdem | |
die aus der ehemaligen Linksfraktion anwesende, zu diesem Zeitpunkt | |
fraktionslose Abgeordnete Gökay Akbulut. Die AfD hingegen enthielt sich | |
mehrheitlich oder stimmte dagegen. | |
## Ausbürgerungen der Nazis als Unrecht anerkennen | |
Die Entschließung fordert unter anderem, die Ausbürgerungen deutscher Sinti | |
und Roma im Nationalsozialismus als Unrecht anzuerkennen und aufzuarbeiten, | |
mehr Unterstützung für die Überlebenden sowie die Förderung von Sinti- und | |
Roma-Selbstorganisationen und Bildungsarbeit. Auch solle die „kritische | |
Auseinandersetzung mit Antiziganismus in den Sicherheitsbehörden und der | |
Justiz“ fortgeführt werden. | |
„Der Bundestagsbeschluss vom Dezember ist ein starkes und historisches | |
Zeichen“, sagte Daimagüler. Trotz aller Polarisierung sei er von allen | |
demokratischen Parteien im Parlament getragen und zeige den „breiten | |
politischen Willen, die Missstände anzugehen“. Man habe „eine historische | |
Schuld zu begleichen“. | |
Bis zu einer halben Million Sinti und Roma ermordeten die | |
Nationalsozialisten. „Dem Genozid folgte keine Katharsis“, hatte Daimagüler | |
bei der Debatte im Bundestag gesagt. „Schuld wurde nicht anerkannt, | |
Entschädigung oft verweigert.“ Stattdessen seien Sinti und Roma weiter | |
kriminalisiert worden. Die Diskriminierung hält bis heute an. Im | |
Lagebericht zu Rassismus in Deutschland von 2023 gab fast ein Drittel der | |
Bevölkerung an, Antipathien gegenüber Mitgliedern der Community zu haben. | |
Dass die beiden geplanten Kommissionen auf einem „guten Weg“ seien, begrü�… | |
man ausdrücklich, erklärte auf taz-Anfrage Alexander Cramer, politischer | |
Referent des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. Man habe „grundsätzlich | |
den Eindruck, dass die Dinge vorangehen, wenn auch gemächlich“. Für den | |
Zentralrat hätten etwa die im Antrag genannten Aktionswochen gegen | |
Antiziganismus eine „hohe Bedeutung, um die kulturellen Leistungen der | |
Sinti und Roma in Geschichte und Gegenwart stärker sichtbar zu machen“. | |
„Sehr schwierig“ sei aber die Zusammenarbeit mit Blick auf den ebenfalls im | |
Antrag [2][festgeschriebenen Abschluss eines Staatsvertrags]. Hierzu sehe | |
sich der Zentralrat „seitens des Bundesinnenministeriums mit nicht | |
zumutbaren, absoluten Forderungen konfrontiert“, die momentan „einen | |
Abschluss blockieren“. | |
Das Ministerium gab auf taz-Anfrage an, es stehe zu dem Vorhaben. Die | |
Aufnahme konkreter Verhandlungen aber sei „zunächst davon abhängig, dass | |
innerhalb der Zivilgesellschaft Einigkeit über die wesentlichen | |
inhaltlichen Eckpunkte eines Staatsvertrags besteht“. | |
Hintergrund ist ein seit Gründung der Bundesvereinigung der Sinti und Roma | |
2021 andauernder Streit, wer die Belange der Community gegenüber der | |
Politik vertreten soll. Jahrzehntelang war vor allem der Zentralrat | |
Ansprechpartner für die Bundesregierung. Doch in den vergangenen Jahren hat | |
sich das Feld diversifiziert. | |
8 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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