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# taz.de -- Suizidhilfe für psychisch Kranke: Ein Urteil mit Folgen
> Ja, die Verurteilung eines Arztes wird Auswirkungen haben. Doch psychisch
> Kranke sind durch das Urteil nicht pauschal von Suizidhilfe
> ausgeschlossen.
Bild: Der Arzt Christoph Turowski soll einer an einer schweren Depression erkra…
Es war eine Gratwanderung. Wer die Verhandlungstage verfolgte, konnte
ahnen, wie ungeklärt die rechtlichen Umstände für [1][die Hilfe zur
Selbsttötung in Deutschland] sind. Am Ende aber erscheint es vertretbar,
dass der Berliner Arzt Christoph Turowski, 74, schuldig gesprochen wurde
wegen des Totschlags in mittelbarer Täterschaft. Er wurde zu drei Jahren
Haft verurteilt, weil er der 37-jährigen Studentin Isabell R. auf deren
Wunsch hin eine tödliche Infusion legte, deren Hahn sie dann aufdrehte.
Bei Isabell R. erkannte das Kriminalgericht Berlin keine ausreichende
„Dauerhaftigkeit“ und „innere Festigkeit“ ihres Suizidwunschs. Das
Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Grundsatzurteil zur Sterbehilfe
von 2020 bestimmt, dass der oder die Sterbewillige
„[2][freiverantwortlich]“ handeln muss und der Entschluss zum Suizid von
einer „Dauerhaftigkeit“ und „inneren Festigkeit“ getragen sein müsse, …
die ärztliche Suizidhilfe straffrei bleibt. Die junge Frau hatte zwar in
vielen Nachrichten an den Arzt ihren Suizidwunsch bekräftigt und um Hilfe
gebeten.
Aber wenige Tage vor ihrem Tod und auch noch am Tag ihres Suizids hatte sie
Nachrichten geschickt, in denen sie zwischenzeitlich von ihrem Suizidwunsch
abrückte. Dies vor allem galt dem Gericht als Beweis, dass die Frau durch
ihre depressive Erkrankung und ihre Stimmungsschwankungen zu stark
eingeschränkt war, um als „freiverantwortlich“ zu gelten.
Das Urteil wird Auswirkungen auf die Suizidhilfe haben, weil es künftig
kaum Ärzt:innen geben wird, die bei psychisch Kranken bereit sind zur
Suizidhilfe. Das ist bedauerlich. Trotzdem kann man nicht pauschal anhand
des Urteils behaupten, dass psychisch Kranke dadurch diskriminiert und nun
grundsätzlich von Suizidhilfe ausgeschlossen wären.
In diesem speziellen Fall kündigte der vom Gericht vorgelesene Austausch
von vielen Mails und Whatsapp-Nachrichten tatsächlich von einer Labilität,
die die [3][ärztliche Hilfe zur Selbsttötung] im Nachhinein als
unverantwortlich erscheinen lässt. Der Fall geht nun vor den
Bundesgerichtshof, gut möglich, dass dieser Sicherungskonzepte anmahnt.
Zumindest eine Begutachtungspflicht nach dem Vieraugenprinzip wäre
angebracht.
8 Apr 2024
## LINKS
[1] /Nach-dem-Urteil-des-Verfassungsgerichts/!5668528
[2] /Kommentar-Sterbehilfe/!5245723
[3] /Sterbehilfe-in-Deutschland/!6000020
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Selbsttötung
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