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# taz.de -- Fußball in der Ukraine: Tore nach Europa
> Im letzten Moment schaffte die Ukraine einen 2:1-Sieg über Bosnien und
> Herzegowina. Nun hofft das Land auf eine Teilnahme an der Fußball-EM.
Bild: Das ukrainische Nationalteam feiert den 2:1-Sieg über Bosnien und Herzeg…
Längst ist jedes Spiel der ukrainischen [1][Fußball]-Nationalmannschaft
mehr als ein Kampf um Tore und Punkte, es geht immer auch um die Ehre der
ganzen Nation. Und das ist nicht nur ein Spruch.
Im November 2021 hat die Auswahl zum bisher letzten Mal [2][in der Ukraine]
gespielt. Seit Beginn des Kriegs mit Russland trägt sie ihre Heimspiele
woanders in Europa aus – in Polen, Tschechien oder Deutschland, in Städten,
in denen Kriegsflüchtlinge untergekommen sind.
Am Dienstag spielt die Nationalmannschaft gegen Island im polnischen
Wrocław um einen der letzten noch freien Plätze bei der Fußball-EM im
Sommer. Qualifiziert hat sich das Team dafür am vergangenen Donnerstag
durch einen hochdramatischen 2:1-Erfolg gegen Bosnien und Herzegowina in
Zenica, in dem die Ukraine bis zur 85. Minute noch mit 0:1 zurückgelegen
hatte.
Nun ist die Mannschaft also nach Wrocław gereist. Eine naheliegende Wahl.
Von den 700.000 Einwohnern der Stadt stammen nach Angaben der polnischen
Behörden mittlerweile 250.000 aus der Ukraine. An das örtliche Stadion
haben die Ukrainer gute Erinnerungen. Ein 1:1 gegen England in der
Gruppenphase der EM-Qualifikation hatte die Blau-Gelben im Wettbewerb
gehalten.
## Im Fußballverband herrschte Chaos
Die EM-Qualifikation gestaltete sich von Anfang an überaus schwierig. Da
waren die ständigen Reisen im Ausland in einer schweren Gruppe mit Italien
und England. Im Fußballverband herrschte Chaos. Auch deshalb begann die
Ukraine den Kampf um einen Platz bei der Euro ohne offiziellen
Nationaltrainer. Im März 2023 übernahm der ehemalige Nationalspieler Ruslan
Rotan das Team. Gleichzeitig war er noch für die Auftritte des
Erstligaklubs Oleksandrija und die einer Juniorenauswahl der Ukraine
verantwortlich. Erst Anfang Juni des vergangenen Jahres wurde mit Serhij
Rebrow offiziell ein neuer Cheftrainer der Nationalmannschaft installiert.
Auch dank seiner Arbeit mischte die Ukraine bis zum Schluss im Kampf um die
zwei ersten Plätze in der Gruppe mit, welche die direkte Qualifikation für
die EM bedeutet hätten. Am Ende musste die Auswahl dann doch in die
Playoffs. An derartige K.-o.-Spiele haben die Ukrainer keine gute
Erinnerungen. Von sieben Versuchen scheiterten sechs.
Nur 2016 schafften sie die Qualifikation für die EM, indem sie Slowenien
eliminierten. Besonders bitter war das Scheitern bei den Playoffs um einen
Platz bei der [3][WM 2022] in Katar. Nach einem Sieg gegen Schottland
bedeutete eine Niederlage gegen Wales das Aus.
## Das Scheitern in letzter Minute
Den bitteren Geschmack von Pleiten in den Playoffs kennt Serhij Rebrow aus
eigenem Erleben. Er war mit Andrij Schewtschenko, dem heutigen
Verbandspräsidenten, der prägende ukrainische Spieler um die
Jahrtausendwende. Als Trainer führte er seinen Heimatklub Dynamo Kiew zur
Meisterschaft. Dann wechselte er ins Ausland. Mit Ferencváros Budapest
wurde er zweimal ungarischer Meister und erreichte mit dem Klub auch die
Gruppenphase in der Champions League.
Zuletzt arbeitete Rebrow in den Vereinigten Arabischen Emiraten bei al-Ain.
Auch dort wurde er Meister. Obwohl man ihm in den Emiraten ein gutes
Angebot gemacht hatte, entschied er sich, in die vom Krieg zerrüttete
Ukraine zurückzukehren und dort das Amt des Nationaltrainers anzutreten.
„Ich persönlich und, wie ich glaube, alle Ukrainer werden weiterhin die
Armee und die von der russischen Aggression betroffenen Menschen
unterstützen. Und so freue ich mich, dass ich nach meiner Rückkehr in die
Ukraine nun für unser Land arbeiten werde“, sagte er damals. Auch seine
Familie sei mit ihm in ihre Heimat zurückgekehrt und er sei froh, dass
seine Frau seine Entscheidung mitgetragen habe.
Nach dem Spiel in Bosnien beschrieb Rebrow die schwierige Situation, in der
sich sein Team befindet: „Der Krieg in der Ukraine läuft weiter. Für die
Spieler, die wie ich ständig auf ihr Handy schauen und die Nachrichten
verfolgen, ist das schwierig. Es ist nicht einfach, in einer solchen
Atmosphäre zu arbeiten. Aber wir alle wissen, dass wir uns als starkes Land
präsentieren und dies auf dem Rasen unter Beweis stellen müssen. Wir müssen
Charakter zeigen.“
## „Golden Boys“ der Ukraine
Rebrow kann dabei auf Spieler zurückgreifen, die als „Golden Boys“
bezeichnet werden. Viele waren dabei, als die Ukraine vor vier Jahren das
EM-Viertelfinale erreicht hat. Heute stehen nicht wenige von ihnen bei den
großen Klubs in Europa unter Vertrag. Da ist etwa Andrij Lunin, der zurzeit
bei Real Madrid im Tor startet. Und in England spielt eine ganze Kolonie
ukrainischer Spieler. Olexandr Sintschenko hat mit Manchester City bereits
die Premier League gewonnen. Jetzt spielt er bei Arsenal.
Der 100-Millionen-Euro-Transfer des damals 21-jährigen Michajlo Mudryk von
Shakhtar Donezk zum FC Chelsea war die ukrainische Fußballsensation im Jahr
2022. Witaly Mikolenko ist der wichtigste Mann in der Innenverteidigung des
FC Everton, so wie das Illya Zabarnyj in Bournemouth ist.
Dass der FC Girona in diesem Jahr in Spanien um einen
Champions-League-Platz mitspielt, auch daran haben mit Wiktor Zyhankow und
Artem Dowbyk, dem Siegtorschützen gegen Bosnien und Herzegowina, ihren
Anteil. Roman Jaremtschuk spielt in Valencia und Ruslan Malinovsky bei
Genua in der italienischen Serie A. Für Nikolai Shaparenko und Volodymyr
Blaschko von Dynamo Kyjiw oder Heorhij Sudakow (Shakhtar Donezk) könnte
eine EM-Teilnahme die Chance sein, einen Top-Klub in Europa zu finden.
Während es also den erfahrenen Führungsspielern vor allem darum gehen
dürfte, endlich einmal etwas mit der Ukraine zu gewinnen, sind die Jüngeren
vor allem darauf aus, bei einem internationalen Turnier das ein oder andere
Glanzlicht zu setzen. Was sie alle eint: Sie spielen nicht nur um die
Qualifikation für die EM – sie spielen für ihr Land.
Aus dem Russischen: Andreas Rüttenauer
25 Mar 2024
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## AUTOREN
Juri Konkewitsch
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