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# taz.de -- Rassismuserfahrungen und Colorism: Wie ein Oreokeks
> Unliebsame Meinungen werden in Debatten als „weiß“ diskreditiert – ega…
> wer sie äußert. Unsere Autorin vermutet: Dahinter steht der Wunsch nach
> Harmonie.
Bild: Schneller Diss: Außen schwarz- innen uncool
Altes Phänomen, aber aktuell besonders toxisch: In politischen Debatten
sprechen PoC anderen PoC ihr PoC-Sein ab. Das machen sie aufgrund von
Aussagen, die andere tätigen, oder den Überzeugungen, die sie vertreten.
Als Argument, warum ein Punkt nicht valide sei oder eine Meinung nicht
relevant, wird einfach behauptet, die anders denkende Person sei gar nicht
von Rassismus betroffen: „Das sind alles Weiße.“ Diskussion beendet.
Das geschieht im Netz, wenn man tatsächlich nicht sicher sagen kann, mit
wem man da kommuniziert; es trifft Redaktionen oder Teams, denen ungeprüft
unterstellt wird, sie bestünden nur aus weißen, aber auch Einzelpersonen,
die sich eindeutig als PoC positionieren und von Rassismus betroffen sind,
werden schnell zu Weißen erklärt.
Obwohl so viele PoC dafür gekämpft haben, in weißen Mehrheitsgesellschaften
als Individuen wahrgenommen zu werden, obwohl wir uns gegen
Pauschalisierungen und Stereotype aussprechen, wird so getan, als wäre das
„Wir“ der von Rassismus Betroffenen keines, das Unterschiede aushält, und
als gäbe es Positionen, die nur weiße Menschen vertreten können.
Meine Kritik bezieht sich nicht auf das Benennen von Colorism und andere
Faktoren, die zu unterschiedlichen Rassismuserfahrungen führen: Wenn es um
Betroffenheit geht, um die Frage wer in welchen Situationen besonders auf
Solidarität angewiesen ist, ist es manchmal notwendig, Unterschiede zu
thematisieren. Doch das ändert nichts daran, dass wir auch aus geteilten
Erfahrungen zu unterschiedlichen Erkenntnissen und Schlüssen kommen können.
Wer anderer Meinung ist als ich, ist nicht automatisch weiß.
## Eine Drohung, die mitschwingt
Ich finde es falsch, anderen ihre Sprecher*innenposition
abzuerkennen, nur weil es einem in den Kram passt. Es ist ein rhetorischer
Trick, um sich nicht mit Argumenten auseinandersetzen zu müssen. Die
„Gegenseite“ soll damit beschäftigt werden, die eigene Marginalisierung
nachzuweisen, um überhaupt mitreden zu dürfen. Gewinnen kann sie dabei
nicht: Selbst wenn alle Nachweise erbracht wurden, bleibt der Makel der
Whiteness, denn sonst würde man ja nicht „weiß“ argumentieren. Man ist al…
ein Token, zu angepasst, zu „weiß sozialisiert“. Die Einstellung ist
„unschwarz“. „Oreo“ – außen schwarz, innen weiß. Manchmal geht es n…
den schnellen Diss. „Weiß“ ist dann einfach ein Synonym für „uncool“.
Doch da ist auch eine Drohung, die in diesen Worten mitschwingt: „Wenn du
diese oder jene Haltung vertrittst, gehörst du nicht mehr zu uns.“ In der
Konsequenz würde das heißen: „Wir entziehen dir unsere Solidarität und
sind, wenn du zukünftig rassistischen Ausschluss oder Gewalt erfährst,
nicht für dich da.“
Vielleicht liegt darin auch ein Wunsch nach Harmonie oder mehr Solidarität
innerhalb von Communitys. Das kann ich nachvollziehen. Schwarze Leute in
rechten Parteien stoßen bei mir zum Beispiel ganz besonders auf
Unverständnis. Doch egal wie wenig ich ihre Entscheidungen nachvollziehen
kann: Sie bleiben Schwarz.
Statt zu sagen „Du bist weiß.“ – „Nein, du bist weiß“ lohnt es sich,
Heterogenität und Uneinigkeit anzuerkennen und eine Streitkultur zu
entwickeln, in der es mehr um inhaltliche als um
Sprecher*innen-Positionen geht. Das Gute ist: Wir sind viele. Und
deshalb müssen wir auch nicht alle miteinander rumhängen oder einer Meinung
sein.
21 Mar 2024
## AUTOREN
Simone Dede Ayivi
## TAGS
Kolumne Diskurspogo
Schwerpunkt Rassismus
Schwarze Deutsche
GNS
Partei Volt
Kolumne Materie
Aktivismus
Kolumne Diskurspogo
Black Community
Kolumne Diskurspogo
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