# taz.de -- Olympia-Auflagen für Russland: Nazis und Neutrale | |
> Das IOC formuliert Bedingungen für die Teilnahme von Athletinnen aus | |
> Russland bei Olympia. In Moskau ist die Empörung groß. | |
Bild: Wieder dabei: Ringer Saurbek Sidakow, Olympiasieger 2021, ist für Paris … | |
Es ist beinahe schon zu einem Ritual geworden. Immer wenn das | |
Internationale Olympische Komitee (IOC) eine Entscheidung trifft, die die | |
Zukunft des russischen Sports betrifft, meldet sich in Russland die Politik | |
zu Wort und beklagt die Politisierung des Sports. | |
Meistens ist es Maria Sacharowa, die wortgewaltige Sprecherin des | |
Außenministeriums, die dann ein Paar markige Sprüche absondert. „Das IOC | |
ist zu einem Ort geworden, an dem Rassismus und Neonazismus gedeihen“, | |
sagte sie am Mittwoch, nachdem bekannt wurde, unter welchen Bedingungen | |
Athleten aus den gegen die Ukraine Krieg führenden Ländern Russland und | |
Belarus an den Olympischen Spielen in Paris teilnehmen dürfen. Die | |
„Segregation von Menschen nach Nationalität“, die das IOC betreibe, sei der | |
beste Beweis dafür. | |
Zuvor hatte die Exekutive des IOC beschlossen, dass Sportlerinnen und | |
Sportler aus Russland und Belarus nicht an der Eröffnungsfeier der | |
Olympischen Spiele von Paris teilnehmen dürfen. Dass sie bei den | |
Wettbewerben nur als „Individual Neutral Athletes“ würden an den Start | |
gehen dürfen, stand schon vorher fest. Auch dass niemand aus Russland und | |
Belarus an Staffel- und Teamwettbewerben teilnehmen darf, [1][war schon | |
zuvor geregelt worden]. Nun sind weitere Details geklärt worden. | |
So werden etwa Erfolge der neutralen Einzelathleten keinen Niederschlag im | |
Medaillenspiegel finden, und sollte ein Belarusse oder eine Russin Gold | |
gewinnen, wird eine Hymne ohne Text abgespielt. Das IOC veröffnetlichte die | |
[2][eigens komponierte Melodie] auf seiner Website. Schon bevor die | |
Musikauswahl feststand, sprach Irina Viner, die [3][Trainerin der | |
russischen Sportgymnastinnen] bereits von einem „Trauermarsch“. Für sie | |
steht schon lange fest, dass ihre Athletinnen, die bei internationalen | |
Wettbewerben meist nicht zu schlagen waren, nicht nach Paris reisen werden. | |
Viner empfindet die Bedingungen als Zumutung. | |
## Verbot von militärischen Symbolen | |
Zu denen gehört auch das absolute Verbot, im olympischen Gelände | |
irgendetwas zu tragen oder mit sich zu führen, was auf Russland oder | |
Belarus verweist. Explizit hat das IOC das Zeigen des Kriegssymbols „Z“ | |
verboten. Auch das orange-schwarze Georgsbändchen, mit dem in Russland die | |
Unterstützung der Armee zum Ausdruck gebracht wird, ist auf olympischem | |
Boden in Paris nicht gestattet. Wer vor und während der Spiele militärische | |
Symbole auf seinen Social-Media-Kanälen postet, hat demnach ebenfalls | |
nichts bei den Spielen verloren. | |
Dass die Sportlerinnen und Sportler keiner militärischen Organisation | |
angehören oder den Angriffskrieg auf die Ukraine öffentlich unterstützt | |
haben dürfen, das gehörte schon zu den Empfehlungen des IOC an die | |
Internationalen Sportfachverbände, die vor einem Jahr ausgesprochen wurden. | |
Über deren Wettbewerbe müssen sich alle, die zu Olympia wollen, | |
qualifizieren. Den Umgang mit Russinnen und Belarussen regelt dabei jeder | |
Verband nach eigenem Ermessen. | |
Der internationale Leichtathletikverband World Athletics lässt | |
grundsätzlich niemanden aus den zwei kriegstreibenden Ländern an den Start. | |
Andere haben ihre Wettbewerbe so spät für Russinnen und Russen geöffnet, | |
dass ein Qualifikation nur schwer möglich ist. Sportarten, in denen Profis | |
wie sporttreibende Ich-AGs unterwegs sind wie Tennis oder Radsport, haben | |
überhaupt keine Probleme mit Russinnen und Belarussen. Aber auch die | |
Verbände, die für das Ringen, den Judo-Sport oder Taekwondo verantwortlich | |
sind, haben russische Sportlerinnen und Sportler schnell wieder integriert. | |
Der Verhalten zum Krieg gegen die Ukraine wird zudem unterschiedlich | |
interpretiert. So hat der internationale Schwimmverband World Aquatics Iwan | |
Rylow, den Doppelolympiasieger von Tokio, für neun Monate gesperrt, weil | |
er im März 2022 mit einem „Z“ auf der Brust an der Propagandashow zur Feier | |
des Überfalls auf die Ukraine am Jahrestag der Krimannexion mit Präsident | |
Wladimir Putin teilgenommen hat. | |
## Athleten unter Druck | |
Da stand auch der Ringer Saurbek Sidakow mit seiner Goldmedaille von dem | |
Spielen 2021 in Tokio auf der Bühne. Beim Internationalen Ringerverband | |
fand man das nicht anstößig. Die Athleten stünden unter Druck und würden | |
dazu angehalten, gegen ihren Willen an solchen Veranstaltungen | |
teilzunehmen, urteilte der Verband und ließ Sidakow an der WM im | |
vergangenen September in Belgrad mitringen. Er wurde Weltmeister und gehört | |
damit zu den elf Sportlerinnen und Sportlern aus Russland und Belarus, die | |
sich bis jetzt für Paris qualifiziert haben. Viel mehr als 50 werden es | |
wohl nicht zu Olympia schaffen. | |
Die meisten Spitzenathletinnen und -athleten aus Russland werden also in | |
Paris fehlen. Sie sind ebenso außen vor wie das Olympische Komitee | |
Russlands. [4][Das wurde aus dem IOC ausgeschlossen], nachdem es die | |
völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Gebiete Donezk, Luhansk, | |
Cherson und Saporischschja in seine Strukturen integriert hatte. | |
Für Stanislaw Posdnjakow, den Präsidenten des russischen Olympiakomitees, | |
ist jedoch klar, dass der Schlüssel zur Reintegration Russlands in die | |
Sportwelt nicht in Lausanne am Sitz des IOC liegt, sondern „woanders – | |
jenseits des Atlantiks“, wie er meinte. „Das IOC erfüllt einen externen | |
politischen Auftrag zur Isolierung des russischen Sports“, schrieb er auf | |
seinem Telegram-Kanal. | |
21 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Russland-bei-Olympia-2024/!5975961 | |
[2] https://stillmed.olympics.com/media/Documents/News/2024/03/AIN-Anthem.mp3 | |
[3] /Russische-Gymnastikshow/!5847215 | |
[4] /Olympisches-Komitee-suspendiert-Russland/!5963282 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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