# taz.de -- Berlinalefilm über „Peaches“: Magie der Maskerade | |
> Die Dokumentation „The Teaches of Peaches“ zeichnet den Weg der | |
> kanadischen Musikerin Peaches nach. Willkommen beim Kostümspektakel. | |
Bild: Peaches bei der Berlinale | |
So ziemlich alles, was bei den Konzerten von Peaches zur Aufführung kommt, | |
ist eigentlich eher für den Hausgebrauch bestimmt. Die Texte sowieso – | |
„Slippery Dick“, „Diddle my Skittle“ –, die zu engen Gymnastikhosen, … | |
den Blick auf sich kräuselnde dunkle Haare freigeben, aber auch das | |
Equipment: Der Roland Drumcomputer, aus dem die Kanadierin den | |
unverkennbaren LoFi-Sound mit 12-Bit-Samples herausprügelt, ist nicht | |
gerade Highend, war ursprünglich vielleicht eher im Inventar eines grungy | |
Alleinunterhalters zu finden. | |
Ihren bekanntesten Song, den aufgrund seines expliziten Textes praktisch | |
kein US-Radiosender je spielen durfte, nahm Peaches nie im Studio auf. | |
„Fuck the Pain Away“ ist bis heute ein Live-Mitschnitt, den eine Mischerin | |
eher zufällig bei einem der ersten Peaches-Konzerte im Vorprogramm für eine | |
befreundete Folkband aufgenommen hatte. | |
Kleine Fun- und Fanfacts wie diesen erfährt man einige in „The Teaches of | |
Peaches“. Der Dokumentarfilm von Philipp Fussenegger und Judy Landkammer | |
erzählt die Lebensgeschichte der Electroclash-Ikone nach, beginnend bei den | |
Anfängen, die die Musikkarriere der 1966 in Toronto geborenen Merrill | |
Nisker in einer kakerlakenverseuchten WG [1][mit dem späteren Popstar | |
Feist] in Toronto nahm. | |
Einstige Weggefährten, vor allem der stilecht in Bademantel interviewte | |
[2][Chilly Gonzales], kommen zu Wort. Es sind gerade die Archivaufnahmen | |
von Gonzales und Peaches, die die irre Bühnenenergie der beiden belegen: | |
Peaches, die mit verzerrtem Gesicht jedes Körperteil einzeln schüttelt, | |
Gonzales, der manisch in die Taschen seiner verschwitzten Trainingsjacke | |
boxt. | |
## Ein Kostümspektakel | |
Der Fokus liegt jedoch auf der „The Teaches of Peaches“-Tour von 2022, auf | |
die sich Peaches zum 20-jährigen Jubiläum ihres Debüts mit queeren | |
Tänzer:innen und Stylist:innen begibt. Die früher minimalistisch | |
anmutende Out-of-the-suitcase-Hinterzimmershow ist zum Kostümspektakel | |
geworden, das zwischen Burlesque Show und [3][Feuer-und-Sex-Theater à la | |
Florentina Holzinger] changiert. | |
Man sieht Peaches bei den Tourvorbereitungen zu, wohnt Anproben bei, in | |
denen sich die 56-Jährige mittels Stoffbrüsten in ein Neunauge verwandelt. | |
Vor allem spürt man die Magie der Maske in der Transformation von | |
Tänzer:innen und Musiker:innen, die mit wahnsinnigen Frisuren | |
ausgestattet auf der Bühne über sich hinauswachsen. | |
Dass Peaches mit spartanischen Mitteln einfach enorm gute Musik gemacht | |
hat, droht inmitten [4][des großen Sex-Zirku]s’ irgendwann beinahe | |
unterzugehen. Doch rein um die Musik ging es bei Peaches ohnehin nie. Die | |
Wahlberlinerin öffnete ihre Arme schon immer weit für alle Weirdos und | |
Queers jeder Couleur. Dass diese trotz allem auch heute noch einen sicheren | |
Hafen brauchen, auch das ist eine der „Teaches of Peaches“. | |
23 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Julia Hubernagel | |
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