# taz.de -- Westliche Diplomaten bei Kim Jong Un: Nordkoreas großer Sprung zur… | |
> Erstmals seit Corona sind wieder deutsche Diplomaten nach Pjöngjang | |
> gereist. Doch das Kim-Regime öffnet sich nur äußerst schleppend und | |
> selektiv. | |
Bild: Wählt seine Gäste ideologisch selber aus: Nordkoreas Machthaber Kim Jon… | |
PEKING taz | Am Donnerstag ist die deutsche Delegation von Nordkorea wieder | |
nach China zurückgekehrt. Zuvor waren sie als mutmaßlich erste europäische | |
Vertreter seit über vier Jahren in dem isolierten Land. Dort waren sie zu | |
einer „technischen Inspektionsreise“, wie es aus dem Auswärtigen Amt heiß… | |
Ob die seit Beginn der Pandemie im März 2020 verwaiste deutsche Botschaft | |
in Pjöngjang nun bald wiederbesetzt werden kann, bleibt aber fraglich. | |
Mutmaßlich müssen nicht nur Mietrückstände bezahlt, sondern die | |
Räumlichkeiten auch auf Abhörgeräte untersucht werden. | |
Immerhin gibt es erste Anzeichen, dass sich das Regime wieder etwas öffnet. | |
Doch zeigt sich deutlich, dass das Land – mehr noch als früher – nur ganz | |
wenigen erlesenen Besuchern Einlass gewährt. Die Prioritäten lassen dabei | |
tief blicken: Am 9. Februar landeten [1][zum ersten Mal nach der Pandemie] | |
Touristen am Flughafen von Pjöngjang. | |
Auf Fotos ist zu sehen, wie die 97-köpfige Reisegruppe in knalligen | |
Daunenjacken und stylischen Sonnenbrillen Nordkoreas Hauptstadt erkundet. | |
Die ausschließlich russischen Gäste waren zu einer viertägige Reise im | |
Land, die sie auch in das vor zehn Jahren eröffnete Masik-Ryong Skigebiet | |
geführt hat. | |
## „Absolute Monarchie und totalitäre Diktatur“ | |
Doch die Eindrücke der Teilnehmer fielen gemischt aus. „Meiner Meinung nach | |
ist die Besichtigung so vieler Denkmäler uninteressant für einen Menschen, | |
der aus dem postsowjetischen Raum stammt“, meint die Russin Iulia Meshkova. | |
Auf Instagram postet sie ihr enttäuschtes Reise-Fazit: „Insgesamt gibt es | |
in dem Land keinen Kommunismus, sondern eine absolute Monarchie mit einer | |
totalitären Diktatur.“ Deshalb werde sie Nordkorea aus moralischen Gründen | |
nicht wieder besuchen, schreibt sie. | |
Es mag längst überfällig erscheinen, dass Nordkorea wieder Touristen ins | |
Land lässt. Dennoch ist ernüchternd zu sehen, wen Machthaber Kim Jong Un | |
außen vor lässt. Denn seit Jahren und bis zum heutigen Tag konnten | |
[2][sämtliche internationalen Hilfsorganisationen] keinen einzigen | |
Mitarbeiter mehr nach Pjöngjang entsenden. „Wir fordern unsere | |
Regierungspartner in der Demokratischen Volksrepublik Korea weiterhin | |
dringend auf, die schnellstmögliche Rückkehr unserer internationalen | |
Mitarbeiter zu ermöglichen“, heißt es von einer Sprecherin des | |
UN-Kinderhilfswerks Unicef. | |
Organisationen wie Unicef oder die deutsche Welthungerhilfe befinden sich | |
in einer besonders heiklen Situation. Denn sie müssen weiter administrative | |
Kosten und Büromieten zahlen, um ihre Präsenz im Land nicht vollständig zu | |
verlieren. Doch zugleich können sie nur über Zoom-Gespräche Kontakt zu | |
Lokalkräften halten, nicht jedoch selbst Projekte vor Ort evaluieren – | |
geschweige denn prüfen, wie hoch der Bedarf an humanitärer Hilfe | |
tatsächlich ist. | |
## Nur Gäste aus freundlich gestimmten Nationen | |
Beobachter glauben, dass dies der neue Normalzustand ist: Kim Jong Un | |
möchte künftig weder westliche Touristen, noch NGO-Mitarbeiter oder | |
neugierige Journalisten ins Land lassen, sondern nur Vertreter [3][aus | |
explizit freundlich gestimmten Nationen]. Denn das Regime betrachtet den | |
Austausch als ideologische Gefahr für die eigene Bevölkerung. | |
Die möglichen Beweggründe für die zunehmende Isolation hat der | |
Nordkorea-Experte Rüdiger Frank von der Universität Wien in einem Essay für | |
das Fachmagazin 38 North unter dem Begriff „De-Risking“ (Risikominderung) | |
zusammengefasst. | |
Während China und Russland zunehmend wirtschaftliche Möglichkeiten bieten, | |
sind dadurch die Anreize für Pjöngjang deutlich gesunken, sich mit dem Rest | |
der Welt auseinanderzusetzen. Dementsprechend habe die Parteiführung in | |
Pjöngjang viele Öffnungsmaßnahmen wieder zurückgenommen – etwa die | |
diplomatischen Vertretungen im Ausland deutlich reduziert, darunter zum | |
Beispiel in Spanien. | |
Das hermetische abgeriegelte Königreich, wie Nordkorea oft genannt wird, | |
ist nach einer kurzen, zaghaften Öffnungsphase wieder isolierter geworden. | |
Denn die Welt bewege sich aus Sicht Pjöngjangs auf einen „neuen Kalten | |
Krieg“ zu, wie Machthaber Kim Jong Un bei der Obersten Volksversammlung im | |
Vorjahr selbst gesagt hat. | |
29 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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